Hamburg. Blumen Tomfort in Niendorf gibt es seit 175 Jahren. Zu den Kunden gehört auch das Vier Jahreszeiten. Über das Traditionsunternehmen.

In dieser Familie ist der grüne Daumen offenbar angeboren. „Ich wusste schon als Kind, dass ich in meinem Leben etwas mit Blumen und Pflanzen machen möchte“, sagt Greta Tomfort. Sie gehörte zur sechsten Generation der Gärtnerei Tomfort. Jetzt steht sie inmitten bunter Farbenpracht. Tulpen, Narzissen, Hornveilchen, Stiefmütterchen, Primeln, Bellis, Vergissmeinnicht – alles, was zu Frühlingsbeginn blüht.

Die Verkaufsgärtnerei am Niendorfer Kirchenweg ist das Herzstück des tomfortschen Familienbetriebs. Im Prinzip ist sie hier aufgewachsen. Zum Treffen mit dem Abendblatt sind alle da: Michael und Petra Tomfort und die beiden Kinder Leon und Greta. „Jetzt geht die Saison richtig los“, sagt Petra Tomfort. Die Menschen wollen endlich wieder Gärten und Balkons bepflanzen. Und es ist viel zu tun.

Gartenbau: „Wir sind wohl die älteste Gärtnerei in Hamburg“

Die Tomforts verkaufen seit 175 Jahren Blumen und Pflanzen. 1846 hatte Unternehmensgründer Heinrich Tomfort schräg gegenüber des heutigen Standorts eine Landschaftsgärtnerei eröffnet. Inzwischen führt Ururenkel Michael Tomfort das Unternehmen in fünfter Generation. „Wir sind wohl die älteste Gärtnerei in Hamburg“, sagt er. Das Geschäftsmodell hat sich in den vergangenen Jahrzehnten immer wieder gewandelt. Landschafts- und Gartenbau sind dazugekommen, die Friedhofsgärtnerei am Promenadenweg und ein Blumengeschäft.

„Es ist ein Traumjob. Es geht um das Verständnis für die Pflanzen und damit um die Umwelt“, sagt der 53-Jährige, der eine Ausbildung als Gärtner für Topf- und Zierpflanzen sowie Friedhofsgärtnerei gemacht hat und staatlich geprüfter Wirtschafter im Agrarbereich ist. Sohn Leon, 25 Jahre alt und wie sein Vater ebenfalls vom Fach, arbeitet schon im Betrieb mit. Die 21-jährige Greta macht eine Ausbildung bei der Hamburger Floristin Stefanie Kehr.

„In diesem Jahr sind gelbe Stiefmütterchen der Renner“

In der Verkaufsgärtnerei ist Petra Tomfort die Chefin. Im Moment ist sie von morgens früh bis zum Feierabend in dem großen Außenbereich mit Tausenden Frühblühern beschäftigt. „Seitdem wir unsere Produktion vor einigen Jahren aufgegeben haben, beziehen wir alle Pflanzen aus der Region und zum Großteil aus den Vier- und Marschlanden“, sagt sie. Die gelernte Groß-und Außenhandelskauffrau, die lange als Flug­begleiterin in der ganzen Welt unterwegs war, arbeitet seit mehr als 20 Jahren im Familienunternehmen.

Allein im Frühjahr verkauft sie 25.000 Pflanzen an Kunden, die teilweise von weit her nach Niendorf kommen „In diesem Jahr sind gelbe Stiefmütterchen der Renner“, sagt die 54-Jährige und zeigt auf abgeräumte Tische. Gut gehen auch die blau-gelben, die Nationalfarben der Ukraine. Könnte das was mit der Solidarität in Kriegszeiten zu tun haben? Petra Tomfort zuckt mit den Schultern. Der Geschmack ändere sich von Saison zu Saison, sagt sie.

Gärtner-Gen wurde in der Familie weitergegeben

Dass der Name Tomfort in der Branche bekannt ist, hat mit der langen Tradition zu tun – und großer Geschäftstüchtigkeit in den verschiedenen Phasen des Unternehmens. „Mein Großvater Hermann Tomfort hat sich schon vor dem Zweiten Weltkrieg mit der Zucht von Sojapflanzen in mitteleuropäischen Temperaturen beschäftigt und war damit seiner Zeit weit voraus“, erzählt Michael Tomfort. Nach 1945 eröffnete er schnell ein Dutzend Verkaufsstände in den U-Bahnhöfen.

Seine Großmutter Minni fuhr herum und achtete darauf, dass die Kasse stimmte. Parallel baute der damalige Tomfort-Chef die zerstörte Gärtnerei wieder auf, vergrößerte die Flächen auf 5000 Quadratmeter. Auch in der vierten Generation wurde das Gärtner-Gen weitergegeben. Der nächste Hermann Tomfort führte den Betrieb mehr als 25 Jahre gemeinsam mit seiner Frau Christel, einer preisgekrönten Floristin, und erweiterte das Angebot um ein Blumenfachgeschäft und ein großes Überwinterungshaus für mediterrane Pflanzen.

Gartenbau-Branche ein "Corona-Gewinner"

Unter Michael Tomfort ist der Betrieb noch mal deutlich gewachsen. Mitte der 1990er-Jahre hatte er einen zweiten Betrieb am Niendorfer Friedhof für Landschafts- und Gartenbau gegründet, den er 1999 bei Übernahme mit dem Stammunternehmen vereinte. „Wir haben gut zu tun“, sagt der umtriebige Geschäftsmann. Auch durch die Pandemie hat er Blumen Tomfort geschickt gesteuert. „Vor allem das erste Corona-Jahr ist mit einem Umsatzplus von 15 Prozent gut für uns gelaufen.“

Während des ersten Lockdowns hatte der Gärtner findig vermehrt Kräuter und Gemüsepflanzen als Waren des täglichen Bedarfs ins Angebot genommen und konnte so am Niendorfer Kirchenweg öffnen, als andere Geschäfte dichtmachen mussten. Auch im vergangenen Jahr hielt der Gartentrend an. Über Umsatzzahlen schweigt der Hamburger, der inzwischen 26 Mitarbeiter in allen Geschäftsteilen beschäftigt. Gerade hat er zwei weitere offene Stellen im Blumenladen und in der Verkaufsgärtnerei. „Insgesamt kann man sagen, dass die Gartenbau-Branche ein Corona-Gewinner ist.“

Auch das Vier Jahreszeiten ist Kunde

Mit einem Anteil von mehr als 50 Prozent macht der Garten- und Landschaftsbau bei Blumen Tomfort inzwischen den höchsten Umsatz. Dazu gehört auch die Friedhofsgärtnerei mit der Pflege von knapp 1000 Grabstellen. Eine weitere wichtige Einnahmequelle sind die beiden großen Überwinterungshäuser, in denen Oliven-, Zitronen- und Orangenbäume mehrere Monate im Jahr vor frostigen Temperaturen geschützt stehen.

Die Kunden kommen aus der ganzen Stadt, darunter Restaurants wie das Tarantella oder Polettos Weinbar, das Nobelhotel Vier Jahreszeiten oder die Spielbank Hamburg. Wie das angesichts von stark steigenden Energiepreisen weitergeht, ist noch offen. Schon jetzt belasten die Kosten auch Blumen Tomfort. So hätten die Lieferanten die Preise für Frühjahrsblüher schon um zehn Prozent erhöht. „Bislang haben wir noch nicht nachgezogen, aber im Sommer müssen wir auch höhere Preise nehmen“, sagt Michael Tomfort.

Gartenbau: Nächste Generation in den Startlöchern

Und wie soll es in Zukunft in dem Familienunternehmen weitergehen? Der Gartenbau zählt mit derzeit noch 250 Betrieben in Hamburg nicht zu den großen Wachstumstreibern. Inzwischen hat nach Angaben des Statistikamts Nord fast die Hälfte der inhabergeführten Unternehmen weitere Einkommensquellen außerhalb der Branche erschlossen. „Bei uns bleibt in den nächsten Jahren erst mal alles so, wie es ist“, sagt Michael Tomfort.

Dazu gehört, dass die Verkaufsgärtnerei in einem Wohngebiet in Niendorf weitergeführt wird – trotz der wachsenden Konkurrenz von großen Bau- und Gartencentern. „Natürlich könnten wir das Grundstück verkaufen“, sagt Michael Tomfort. Inzwischen riefen fast jeden Monat Makler an und böten inzwischen Millionensummen. Er lehnt immer ab. „Das hat auch mit Respekt gegenüber der Familientradition zu tun“, sagt er. Die sechste Generation Tomfort steht in den Startlöchern.