Hamburg. Der Gertrudenkirchhof soll zur Grünanlage werden, der Gerhart-Hauptmann-Platz von Anrainern bespielt werden. Aber machen die mit?
Stadtentwickler brauchen einen langen Atem. Bis Pläne konkretisiert, abgestimmt und umgesetzt werden, dauert es oft Jahre. Oberbaudirektor Franz-Josef Höing weiß das. Aber jetzt wird er ungeduldig – zumindest wenn es um den Gertrudenkirchhof in der City geht. Dessen erneute Umgestaltung kann frühestens 2024 beginnen, denn erst dann sind die Baumaßnahmen am Umspannwerk Mitte beendet, die Stromnetz Hamburg hier seit 2014 durchführt.
„Man kann nicht immer nur reden, sondern muss auch mal was tun“, so Hamburgs oberster Stadtplaner, dem der kleine Platz zwischen Ballindamm und Mönckebergstraße besonders am Herzen liegt. „Der Gertrudenkirchhof hat viel Potenzial. Aber er hat seine Rolle noch nicht gefunden. Deswegen wollen wir in den nächsten Jahren immer wieder kleinere Maßnahmen umsetzen, um den Platz attraktiver zu gestalten.“ Die Bauarbeiten am Umspannwerk und die vielen parkenden Autos hätten den erst 2006 umgestalteten Platz zu einem „unschönen Durchgangsraum“ gemacht.
Neue Ideen für Gertrudenkirchhof in Hamburg
Geht es nach Höing, soll der Gertrudenkirchhof noch in diesem Sommer ein neues Gesicht bekommen. Die Ideen dafür will er zusammen mit weiteren Projektbeteiligten demnächst öffentlich vorstellen. Als Inspiration für die temporäre Gestaltung, die nach 2024 erweitert und zu einer festen Installation werden würde, nennt der Oberbaudirektor den Yitzhak-Rabin-Platz in Köln.
Der früher nur spärlich begrünte Platz war vor einigen Jahren unter seiner Ägide als Stadtentwicklungsdezernent zu einem kunstvollen urbanen Garten umgestaltet worden. Die von Staketenzäunen umgebenen Beete können von Nachbarn und Interessierten genutzt werden, um direkt in der Innenstadt zu gärtnern. Wege laden zum Flanieren, ein Tisch und Bänke zum Verweilen ein.
Bald könnte eine grüne Oase entstehen
„Auch der Gertrudenkirchhof könnte zu so einer grünen Oase inmitten des Trubels der Großstadt werden“, sagt Höing. Im Gegensatz zu anderen Plätzen solle er aber auch Angebote für Kinder bereithalten. „Wir müssen die Kleinsten berücksichtigen und ihnen auch in der City Raum zum Spielen und Toben bieten.“
Warum nicht statt des Bauzauns eine große Tafel anbringen, die die Kinder bemalen können? Oder ihnen spielerisch Zugang zum Gärtnern ermöglichen? Auf einer Veranstaltung aus der Stadtwerkstatt-Reihe habe es von Nachbarn bereits positive Rückmeldungen zu Platzpatenschaften gegeben.
Parkende Autos müssten weichen
Der neu gestaltete Gertrudenkirchhof soll das grüne Herz des Quartiers zwischen Mönckebergstraße und Ballindamm werden. Das „werde noch nicht so richtig wahrgenommen“, so Höing, „dabei gibt es hier interessante Nutzungen und Gastronomien.“ Für die Entwicklung des Areals wäre es wichtig, dass langfristig die parkenden Autos verschwänden. In den Parkhäusern gebe es genügend Platz – das habe eine Befragung der Betreiber bereits ergeben.
Doch auch vor dem Hintergrund, dass in der Innenstadt mehr Wohnraum entstehen soll, sei dieser Aspekt wichtig. „Die Stadt hat ein deutliches Interesse daran, im Gertrudenquartier über Wohnungen zu reden“, so Hamburgs Oberbaudirektor. Das gelte insbesondere für den Gertrudenkirchhof und die Kleine Rosenstraße. Auch für den Gänsemarkt fordere die Stadt seit 25 Jahren einen Nutzungsmix.
„Hamburg ist ein interessanter Immobilienstandort"
Um das zu erreichen, müsse Wohnungsbau unbedingt bei jedem Projekt eingefordert werden. „Häufig erschreckt das die Grundstückseigentümer zunächst. Aber Wohnraum ist eine stabile Nutzung, um Häuser zu füllen“, so Höing. „Und Hamburg ist ein interessanter Immobilienstandort. Gerade die Lagen inmitten der Stadt haben viel Potenzial“, ist der Oberbaudirektor überzeugt.
Da haben natürlich die Eigentümer mitzureden, darunter Anleger wie Versicherungen oder Lebensversicherungen, viele Hamburger Familien, aber auch die Signa-Gruppe, der unter anderem das Karstadt-Stammhaus an der Mönckebergstraße und die frühere Landesbank-Galerie am Gerhart-Hauptmann-Platz gehören – und damit gleich zwei große Immobilien im Gertrudenquartier. Lässt das Unternehmen mit dem umfangreichen Immobilien-Portfolio, das entsprechend selbstbewusst auftritt, mit sich reden?
Gespräche mit Signa laufen bereits
„Wir sind mit Signa in engen Gesprächen“, so Höing. „Sie verstehen unsere Themen und denken darüber nach, wie sie diesen in den Planungen zu Karstadt und dem Bank-Gebäude entsprechen können.“ Dabei gehe es nicht nur um den Wunsch der Stadt, dass sich die Häuser zum Gerhart-Hauptmann-Platz hin öffnen und dieser mit Gastronomie und Galerien belebt werden soll – sondern auch darum, „nicht gleich alles abzureissen“, so Höing.
Die ehemalige Landesbank-Galerie etwa könne man „mit Fantasie neu gestalten“. Da der jetzige Mieter, die Hamburg Commercial Bank, in den Elbtower ziehe, sei noch „ein paar Jahre Zeit, ein gutes Haus zu entwickeln.“
Oberbaudirektor will "graue Energie sparen"
Schneller müssen die Planungen für das hinter Karstadt gelegene Thalia-Haus in der Kleinen Rosenstraße gehen. Die Abteilungen dort sollen Anfang kommenden Jahres in das Hauptgebäude umziehen, die Brücke zwischen beiden Gebäuden wird abgerissen. Franz-Josef Höing hofft, dass ein Abbruch dem Thalia-Haus selber erspart bleibt und Signa es nutzt und umbaut.
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„Bei jedem Gebäude sollten wir darüber nachdenken, ob es möglich ist, graue Energie zu sparen – also die Energie, die wir etwa für die Herstellung oder zum Recycling von Baustoffen benötigen“, mahnt der Oberbaudirektor.
Pläne für das Thalia-Gebäude in Hamburg stehen aus
Tatsächlich sei noch nicht entschieden, ob das Thalia-Gebäude abgerissen oder revitalisiert werde, hatte die Signa dem Abendblatt vor Kurzem mitgeteilt. Fest eingeplant sei dagegen die Sanierung der Fassade des ehemaligen Karstadt-Gebäudes im nächsten Jahr. Auch Pläne für die Öffnung des Gebäudes zum Platz hin wurden bestätigt.
Es könnte also gut sein, dass nach der Aufwertung des Gertrudenkirchhofs in diesem Jahr bald auch der Gerhart-Hauptmann-Platz ein schönerer und lebendigerer Ort wird.