Hamburg. Der erneute Preissprung überrascht sogar die Experten. Wie man beim Hauskauf trotzdem noch mehr als 100.000 Euro sparen kann.
Die Flucht ins Grüne hat im zweiten Jahr der Pandemie in Hamburg bei den Immobilienpreisen für Einfamilienhäusern aus dem Bestand zu extremen Preissteigerungen geführt. Je nach Stadtteil beträgt der Anstieg innerhalb eines Jahres bis zu 51 Prozent und bis zu 37 Prozent im Umland, wie aus den neuesten Daten des Immobilienmarktatlas der LBS Bausparsparkasse Schleswig-Holstein-Hamburg hervorgeht, der am Mittwoch vorgestellt wurde.
Im Durchschnitt verteuerten sich Einfamilienhäuser in Hamburg um 18,5 Prozent auf 5760 Euro je Quadratmeter Wohnfläche. Gegenüber dem Vorjahr hat sich der Preisanstieg mehr als verdoppelt und es ist der stärkste Preisanstieg seit mehr als zwei Jahrzehnten. Ein Objekt mit 120 Quadratmeter Wohnfläche und ortsüblichen Grundstück kostete damit im Januar 2022 im Schnitt 691.200 Euro. Das sind rund 180.000 Euro mehr als ein Jahr zuvor.
Immobilien Hamburg: Niedrige Preise lösen Ansturm auf Verkaufsobjekte aus
„Eine so dynamische Preisentwicklung hatten wir nicht erwartet, aber der Wunsch nach einem Haus mit Garten ist ungebrochen und trifft auf ein sehr knappes Angebot“, sagt Jens Grelle, Vorstandsvorsitzender der LBS Bausparsparkasse Schleswig-Holstein-Hamburg. Denn 61 Prozent der Hamburger möchte in einem Haus leben. Die hohen Preise schrecken die Käufer nicht ab. In keinem anderen Bundesland verschulden sich die Immobilienkäufer für die eigenen vier Wände so hoch wie in Hamburg. Im Schnitt nehmen sie 525.000 Euro an Kredit auf.
Zu den Stadtteilen mit den höchsten Preissteigerungen bei Häusern zählen Langenbek (50,8 Prozent), Lemsahl-Mellingstedt (41 Prozent) und Wandsbek (35,2 Prozent). „Langenbek im Bezirk Harburg ist ein typischer Stadtteil für die Preisentwicklung“, sagt Grelle. Im Vorjahr lagen dort die Quadratmeterpreise noch unter 3500 Euro je Quadratmeter. „Das hat viele Interessenten angezogen, doch im Untersuchungszeitraum sind nur sechs Einfamilienhäuser auf den Markt gekommen. Das führt dann schnell zu Übertreibungen bei den Preisen“, so der LBS-Chef. Inzwischen müssen in Langenbek knapp 5000 Euro für einen Quadratmeter Wohnfläche bezahlt werden.
Hamburg: Warum Immobilien-Preise in manchen Stadtteilen sinken
Selbst in Harvestehude mit schon fünfstelligen Quadratmeterpreisen zogen die Preise noch einmal um 41 Prozent an. Dort kommen Stadthäuser selten auf den Markt. Die zehn Angebote im zweiten Halbjahr 2021 haben zu einem starken Preisschub geführt, weil die Nachfrage sehr groß war.
Wenn die Preise für Häuser um rund zwei Prozent sinken wie auf der Uhlenhorst und auf Finkenwerder, so hat das eher mit den angebotenen Objekten zu tun als einer nachhaltigen Preisänderung. So wurden auf Finkenwerder renovierungsbefdürftige Objekte angeboten, was sich dann auf den Durchschnittspreis ausgewirkt hat. Eines von nur insgesamt vier Verkaufsobjekten auf der Uhlenhorst hatte einen Quadratmeterpreis von rund 2500 Euro je Quadratmeter Wohnfläche, was den Durchschnittspreis negativ beeinflusste.
Insgesamt gibt es in Hamburg noch 15 Stadtteile mit einem Quadratmeterpreis von unter 4500 Euro bei Einfamilienhäusern aus dem Bestand. Dazu zählen Harburg (3786 Euro), Kirchwerder (4181 Euro) und Wilhelmsburg (4295 Euro). Wer in Henstedt-Ulzburg kauft, spart gegenüber Langenhorn 140.000 Euro Wer sich die hohen Preise in der Stadt nicht leisten kann, weicht ins Umland aus.
Immobilien Hamburg: Umland im Vergleich noch günstiger
Während in Hamburg die Preiskategorie unter 3500 Euro keinen Sinn mehr macht, gibt es im Umland 21 Städte und Gemeinden, die in diese Kategorie fallen. Darunter sind Bad Oldesloe (3313 Euro), Buxtehude (3151 Euro), Geesthacht (3398 Euro), Lauenburg (2626 Euro) und Tostedt (3079 Euro). Im Umland stiegen die Preise für Einfamilienhäuser von Januar 2021 bis Januar 2022 um 21 Prozent. Dennoch ist das Durchschnittshaus noch rund 262.000 Euro günstiger als in der Hansestadt.
„Selbst bei vergleichbarer Infrastruktur gibt es deutliche Preisvorteile bei Bestandsobjekten“, sagt Grelle. „Wer in Norderstedt oder Henstedt-Ulzburg ein bestehendes Einfamilienhaus erwirbt, kann im Vergleich zur Stadtrandlage Langenhorn bis zu 140.000 Euro durchschnittlich sparen.“ Da die Preise in den Zentren des Umlandkreise ebenfalls schon stark gestiegen sind, kommt es jetzt in den ländlichen Regionen der Kreise zu Preisübertreibungen.
So liegt der Quadratmeterpreis im Umland von Pinneberg mit 4317 Euro bereits über dem in Pinneberg (4139 Euro), weil die Preise im Pinneberger Umland um 35 Prozent anzogen, während sie in Pinneberg um 25 Prozent stiegen. Auch im Umland von Geesthacht zeigt sich eine vergleichbare Entwicklung mit einem Plus von 37 Prozent, während es in der Stadt nur 20 Prozent waren. Die Quadratmeterpreise für ein Einfamilienhaus liegen in Geesthacht bei 3400 Euro und im Umland bei 3527 Euro.
Wohnungen für unter 3000 Euro je Quadratmeter
Eigentumswohnungen aus dem Bestand verteuerten sich in Hamburg um 11,2 Prozent uns sind beim Preis pro Quadratmeter Wohnfläche mit 6402 Euro teurer als Einfamilienhäuser. Wegen der Ausweichreaktionen in das Umland liegen die Preissteigerungen dort mit einem Plus von 19,7 Prozent höher als in der Hansestadt aber der durchschnittliche Quadratmeterpreis ist mit 3363 Euro nur knapp halb so hoch. 27 Städte und Gemeinden im Umland liegen noch in der Preiskategorie unter 3500 Euro je Quadratmeter Wohnfläche. Besonders günstig ist Wohneigentum auf der Etage in Lauenburg (2518 Euro) und im Umland von Winsen (2577 Euro).
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Die stärksten Preisanstiege zwischen 40 und 30 Prozent bei Wohnungen in Hamburg gab es in Blankenese, Bergstedt und Duvenstedt. „In Blankenese sind viele Luxusimmobilien mit Elbblick auf den Markt gekommen, was zu dem starken Preisanstieg geführt hat“, sagt Grelle. Das Kaufinteresse in preisgünstigeren Lagen, die noch unterhalb des Hamburger Durchschnittspreises liegen, nimmt in den letzten Jahren zu und zeigt sich nach Grelles Einschätzung auch in dem starken Preisanstieg in Bergedorf von rund 26 Prozent. Dennoch spart man dort noch rund 1450 Euro pro Quadratmeter Wohnfläche gegenüber dem Hamburger Durchschnittspreis für Eigentumswohnungen.
Zinsanstieg und Energieauflagen erschweren Immobilienkauf
„Das hohe Preisniveau in der Metropole, die zunehmend bessere Anbindung im Umland an den Breitbandausbau und mehr Arbeitsmöglichkeiten im Homeoffice macht die Umlandstandorte für immer mehr Immobilieninteressierte attraktiv“, sagt Grelle. Deshalb rechnet der Experte im Umland mit einer Fortsetzung des Preisanstiegs in diesem Jahr, während er für Hamburg zumindest wieder einstellige Preissteigerungen erwartet. Denn das Umfeld für den Immobilienerwerb hat sich eingetrübt.
„Die Preissteigerungen werden nicht mehr durch sinkende Zinsen kompensiert“, sagt Grelle. Im Gegenteil, die Zinsen für Baufinanzierungen steigen seit Jahresbeginn. „Hinzu kommen die weiter steigenden Bau- und Materialkosten und nicht zuletzt die Anforderungen an den klimaschonenden Umbau des Gebäudebestands“, sagt Grelle. „Dadurch wird sich der Kreis derjenigen, die nachhaltig die Belastungen eines Immobilienerwerbs tragen können, weiter verringern.“