Hamburg. „Joseph Schulte“ liegt seit Kriegsbeginn in der Ukraine fest. Nun gibt es einen Plan, wie es aus der Gefahrenzone herauskommt.
Rund 100 internationale Schiffe liegen seit dem russischen Angriff auf die Ukraine in den Häfen des Landes fest – eines davon gehört einer Hamburger Reederei. Im Hafen von Odessa am Schwarzen Meer liegt die „Joseph Schulte“ – mitten im Kriegsgebiet und kann nicht mehr raus. Der 300 Meter lange Containerfrachter war am 22. Februar aus dem rumänischen Hafen Konstanza nach Odessa aufgebrochen und hatte dort am 23. festgemacht. An Bord Tausende Boxen mit Gütern aller Art.
Doch mitten im Lösch- und Ladevorgang, am frühen Morgen des 24. Februars überfielen russische Truppen die Ukraine und die Behörden ordneten die Schließung des Hafens an. Bei der Hamburger Reederei des Schiffes, der bekannten, seit fünf Generationen familiengeführten Bernhard Schulte Group, ist die Sorge groß. „Die Besatzung ist unversehrt und auch das Schiff ohne Schaden, es gibt aber keine Auslaufgenehmigung“, sagte eine Sprecherin.
Hamburger Reederei: Crew des Frachters in Odessa bereits außer Landes
Ein Aufbruch wäre derzeit auch nicht ratsam. Vor dem Hafen kontrollieren russische Schiffe das Seegebiet. Zudem soll es vermint sein. Die Reederei habe dreimal am Tag Kontakt mit den Eingeschlossenen. Deshalb wisse man sehr genau über die Lage Bescheid.
Bereits Anfang März habe das Unternehmen 20 ausländische Crewmitglieder und damit einen Großteil der Besatzung von Bord geholt und „unter großen Schwierigkeiten“ mit Autos an die rumänische Grenze und dann außer Landes gebracht. An Bord befinde sich jetzt eine Rumpfmannschaft aus ukrainischen Seeleuten, so wie es die ukrainischen Behörden geraten hätten. „Das heißt aber nicht, dass die Sorgen dadurch geringer sind“, betonte die Sprecherin. „Auf unseren Schiffen versehen Seeleute aus 80 Ländern ihren Dienst. Die Nationalität spielt dabei keine Rolle.“
Odessa: Pläne für Evakuierungskorridor
Normalerweise sollte die „Joseph Schulte“ schon wieder seit Wochen auf See sein. Sie ist an die chinesische Reederei Cosco verchartert und verkehrt in einem Liniendienst zwischen Asien dem Mittelmeer und dem Schwarzen Meer. Wann das Schiff ablegen darf, steht in den Sternen. Hoffnung setzen die Reeder auf eine Initiative der internationalen Maritimen Organisation IMO: Sie möchte mit Russland einen „Blue Corridor“ aushandeln, ein Evakuierungsweg, auf dem die Handelsschiffe im Kriegsgebiet sicher aus der Gefahrenzone gebracht werden können.
Unterdessen drohen der internationalen Seeschifffahrt weitere Einschränkungen und Verzögerungen: Nach einem Corona-Ausbruch hat die chinesische Millionenmetropole Shanghai einen kompletten Lockdown verhängt. Zwar sollen Hafenarbeiter von der Ausgangssperre ausgenommen werden. Zahlreiche maritime Experten befürchten aber, dass die seit dem Aufkommen der Pandemie völlig aus dem Takt geratene Schifffahrt mit weiteren Verzögerungen rechnen muss.
Ukraine: Schiffe kommen in Hamburg verspätet an
Das gilt auch für Hamburg, wo die Schiffe ebenfalls mit großen Verspätungen von drei bis fünf Wochen ankommen. „Wir stehen vor unruhigen Zeiten“, sagte der Präsident des Unternehmensverbands Hafen Hamburg, Gunther Bonz.
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„Das gilt auch für die Automobilindustrie, die auf Lieferungen aus Asien wartet, insbesondere auf Batterien.“ Die Probleme mit den Schiffsverspätungen würden sich in diesem Jahr nicht mehr lösen, glaubt Bonz. Davon geht auch der Verband der Hamburger Schiffsmakler aus. „Ich sehe frühestens für Anfang kommenden Jahres eine Besserung“, sagte Geschäftsführer Alexander Geisler.