Hamburg. Nun ist klar, wer für Sanktionen gegen Putin-Getreue verantwortlich ist. Warum die Oligarchen-Yacht noch nicht beschlagnahmt wurde.

Die westlichen Staaten waren schnell. Kaum hatte Russland am 24. Februar seinen Einmarsch in die Ukraine begonnen, einigte man sich auf weitreichende Sanktionen gegen das Land, stoppte Zahlungssysteme und ging gegen gewisse russische Oligarchen vor, die mit der russischen Politik eng verbunden sind. Italien reagierte sofort und begann das Vermögen russischer Industrieller und Funktionäre einzuziehen.

Anfang März wurde die Luxusyacht des russischen Oligarchen und Tui-Großaktionärs Alexei Mordaschow „Lady M“ beschlagnahmt. Zudem wurde in Sanremo die Yacht „Lena“ des Oligarchen Gennadi Timtschenko festgesetzt. Zuletzt hieß es, die Guardia di Finanza habe die 143 Meter lange Luxus-Segelyacht „A“ von Andrey Melnichenko im Hafen von Triest an die Kette gelegt. Der französische Zoll hat in Marseille eine Oligarchen-Yacht beschlagnahmt, auch spanische Behörden haben zwei private Luxusschiffe Putin-naher Russen eingezogen.

"Dilbar" in Hamburg: Wie geht es mit der Luxus-Yacht weiter?

Anders ist die Lage in Hamburg. Hier liegt seit Monaten bei Blohm + Voss die mit 156 Metern längste Motoryacht der Welt, deren Wert auf 540 Millionen Euro taxiert wird: die „Dilbar“ des russischen Oligarchen Alisher Usmanow.

Beschlagnahmt wurde sie bis heute nicht. „Uns ist davon nichts bekannt“, hieß es auch am Montag beim Hauptzollamt Hamburg. Die dortigen Beamten müssten es aber eigentlich wissen, denn wenn es zu einer Beschlagnahme käme, würden sie diese im Auftrag übergeordneter Behörden durchführen. „Es gibt nichts Neues dazu“, hieß es gleichklingend aus der Wirtschaftsbehörde.

Luxus-Yacht-Besitzer gilt als Putin-nah

Das ist insofern erstaunlich, weil Usmanow, ein Wirtschaftsmagnat und mehrfacher Milliardär, bereits seit Anfang März auf der Sanktionsliste der Europäischen Union steht. Er gilt als besonders Putin-nah und soll für den russischen Präsidenten als Strohmann für finanzielle Transaktionen gedient haben, wie es seitens der EU heißt.

Doch warum werden die deutschen Behörden bei der „Dilbar“ nicht tätig, obgleich andere Staaten schon seit Wochen die Vermögen mutmaßlich belasteter Russen einziehen? Die Antwort: Sie brauchen offenbar länger. Erst vor sechs Tagen hat die Bundesregierung die Einrichtung einer Taskforce bekanntgegeben, die sich um die konsequente Umsetzung der EU-Sanktionen kümmern soll. Davor gab es Kompetenzgerangel und Hin- und Hergeschiebe der Zuständigkeiten.

Bundesministerium mit unterschiedlichen Auskünften

Dabei hatte das Bundeswirtschaftsministerium bereits am 3. März auf Anfrage des Abendblatts verlauten lassen: „Die Strukturen und Prozesse der zuständigen Vollzugsbehörden werden jetzt zügig auf eine effektive und effiziente Umsetzung der Russland-Sanktionen ausgerichtet.“ Mehrere Anfragen des Abendblatts, welches Bundesministerium die Federführung habe, wurden damals noch unterschiedlich beantwortet. Zudem wurde die Frage aufgeworfen, ob die „Dilbar“ denn tatsächlich Usmanow gehört. Denn als Eigentümer eingetragen sei ein Firmengeflecht auf Malta, hieß es aus Behördenkreisen. Die Prüfung dauert seit zwei Wochen. Ergebnisse sind nicht bekannt.

Zumindest die Frage der Zuständigkeit scheint inzwischen beantwortet: die Bundesbank und das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle teilen sich die Aufgabe. „Bei uns sind Sie richtig“. teilte ein Bafa-Sprecher auf Anfrage mit. „Schicken Sie uns Ihre Fragen, wir geben sie in die zuständige Abteilung und werden zügig antworten.“ Bis zum Redaktionsschluss stand die Antwort aus. Gefahr ist jedenfalls nicht in Verzug: die Yacht liegt eingehaust im Dock Elbe 17 bei Blohm + Voss. Kurzfristig hinausfahren kann sie nicht. Die Werft hat schon vor Wochen die Reparaturarbeiten unterbrochen. Und die gecharterte Crew ist bereits davongelaufen.