Hamburg. Vorstandschef Guillaume Faury liebäugelt damit bei den geplanten Flugzeugen mit Wasserstoffantrieb. Das wäre ein historischer Wandel.
In der Luftfahrt gibt es eine traditionelle Rollenverteilung. Die Flugzeughersteller bauen Rumpf und Flügel, die Triebwerke kommen von anderen Unternehmen. Airbus überlegt nun offenbar, an dieser Aufteilung etwas zu ändern. Im Jahr 2035 will der europäische Hersteller ein Flugzug auf den Markt bringen, das mit Wasserstoffantrieb unterwegs ist.
Es sei vorstellbar, diese Flieger mit selbst produzierten Elektromotoren auszustatten, sagt Vorstandschef Guillaume Faury der „Welt am Sonntag“. „Das ist etwas, was wir grundsätzlich auch selber machen könnten“, sagte der Franzose und bezeichnete dies als möglichen Strategiewechsel.
Luftfahrt: „Das wäre ein historischer Wandel“
Der Hamburger Branchenexperte Heinrich Großbongardt hält das generell für denkbar und sagt dem Abendblatt: „Das wäre ein historischer Wandel.“ Nur in den Anfangsjahren der Luftfahrt hätten Flugzeughersteller mal Motoren gebaut und Triebwerkshersteller Flieger. Aber grundsätzlich seien Flugzeug- und Motorenbau völlig andere Disziplinen. In beiden Bereichen gebe es beim Know-how kaum Berührungspunkte.
Allerdings bemüht sich Airbus – wesentlich stärker als der Erzrivale Boeing – um eine Dekarbonisierung, also der Abkehr vom kohlenstoffbasierten Kerosin. Wenn die Europäer dabei auf „grünen“, also durch erneuerbare Energien hergestellten, Wasserstoff setzen, zieht dies enorme Veränderungen in der Flugzeugarchitektur nach sich. Denn während heute Sprit großteils in den Flügeln untergebracht wird, nimmt die benötigte Menge an Wasserstoff so viel Platz ein, dass das verflüssigte Gas im Rumpf untergebracht werden dürfte.
Airbus könnte von Grundverständnis profitieren
Ob Airbus wirklich den Elektroantrieb – der stark mit der Batterieentwicklung zusammenhängt – selbst produzieren wird, daran hegt der Experte Zweifel. „Es geht eher darum, ein gewisses Maß an Know-how bei der Entwicklung und Konstruktion von Elektroantrieben aufzubauen und von den bereitstehenden Fördermilliarden einen größeren Anteil ins eigene Unternehmen zu leiten“, sagt Großbongardt. Insbesondere Frankreich unterstützt die Forschung im Bereich Wasserstoff mit viel Geld.
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Angesichts des Ziels Dekarbonisierung sei es aber natürlich hilfreich, in dem Bereich ein gewisses Grundverständnis im Konzern aufzubauen. Dass sich Triebwerkshersteller wie Rolls-Royce oder Siemens, die bei der Forschung relativ weit sind, einfach aus dem Markt drängen lassen, ist wohl auch eher unwahrscheinlich. „Ansonsten haben sie ja nichts mehr, was sie verkaufen können“, sagt Großbongardt. Den Einsatz wasserstoffangetriebener Flieger hält er auf Strecken bis 1500 Kilometer und für maximal 100 Passagiere für realistisch. Darüber hinaus müsse auf Sustainable Aviation Fuel (SAF), also nachhaltige Kraftstoffe, zurückgegriffen werden.