Hamburg. Potluck verkauft Gewürze in wiederverwendbaren Gefäßen. Die eignen sich auch als Kaffeebecher oder Blumentopf. Über das Konzept.
Dass sie etwas von der richtigen Würze verstehen, haben Martin Spieker und Kaspar Hagedorn schon bewiesen. Das Hamburger Unternehmerduo ist seit einigen Jahren mit der lokalen Gin-Marke Knut Hansen erfolgreich auf dem Spirituosenmarkt unterwegs. Jetzt haben sie ein neues Geschäftsfeld ausgemacht – und kommen quasi zu den Wurzeln ihres hochprozentigen Getränks zurück: Gewürzen.
„Angefangen hat es bei einem gemeinsamen Kochabend mit unseren Freundinnen“, sagt Martin Spieker. Während das Abendessen köchelte, diskutierten sie in der Runde, warum Gewürze meistens im Küchenschrank versteckt werden. Wo es doch eigentlich viel praktischer ist, sie schnell einsetzbar auf den Arbeitsflächen zu platzieren. Offenbar, so die Erkenntnis, liegt es an der Verpackung, die zumeist nicht als Deko-Objekt taugt. „Wir haben uns gefragt, warum können Gewürze nicht gut schmecken und stylisch aussehen?“, sagt Kaspar Hagedorn.
Start-up: Potluck mit Gewürzen seit 2021 im Handel
Und wie das mit Gründern so ist, der Gedanke hat ihnen keine Ruhe gelassen. Dabei heraus gekommen ist Potluck. Seit Mitte 2021 sind Spieker und Hagedorn mit der neuen Gewürzmarke im Handel. Das Besondere: Pfeffer, Kräuter & Co. werden in kleine Keramikgefäße abgefüllt, die gut aussehen und – sind sie leer – für alles Mögliche weiterverwendet werden können. Als Kaffeebecher, Blumentopf, Behälter für Küchenutensilien oder Schminksachen und was man sonst noch so unterbringen will. Die erste Resonanz ist ziemlich positiv.
Schon seit einigen Jahren ist der Gewürzmarkt stark im Wandel. Unternehmen wie Ankerkraut aus Hamburg oder Just Spices aus Düsseldorf haben das Angebot in den Regalen des Lebensmittelhandels breiter und bunter gemacht. Auch große Hersteller wie die Fuchs Gruppe oder die Traditionsfirma Hartkorn haben ihr Angebot modernisiert. Potluck setzt zudem auf Design und Wiederverwendbarkeit – und hat damit offenbar eine Nische gefunden. „Wir erfinden das Geschäft nicht neu“, sagt Gründer Martin Spieker. „Aber wir treffen mit unseren Produkten den Geschmack der Zeit.“
„Das Geschäft läuft gut an“
Ortstermin in einem Gewerbegebiet in Hamm. Seit Herbst 2020 ist in dem großzügigen Backsteingebäude direkt am Bille-Ufer der Firmensitz der Hamburger Destilling Company. Hier wird der Gin Knut Hansen destilliert, auch das zweite Produkt der Firma, der Panama-Rum Ron Piet, wird abgefüllt. Schon beim kurzen Rundgang wird klar, wie viel Platz die Neugründung Potluck innerhalb weniger Monate schon einnimmt.
Kartons mit Gewürzen stapeln sich meterhoch für die Auslieferung. „Das Geschäft läuft gut an“, sagt Co-Gründer Kaspar Hagedorn. Vor Weihnachten seien sie von Bestellungen fast überrollt worden. Morgens um 6 Uhr standen dann auch die beiden Chefs im Lager und haben mit angepackt. Inzwischen gibt es ihre Gewürze in fast 500 Geschäften bundesweit. In Hamburg stehen sie in diversen Edeka- und Rewe-Märkten in den Regalen. 200.000 Potluck-Pötte wurden seit dem Start verkauft.
Gründer kennen sich aus Zeit bei Beiersdorf
„Wir haben lange überlegt, wie unsere Verpackungen aussehen sollen. Welche Form und Größe für Gewürze passend sind“, sagen die 35 und 38 Jahre alten Betriebswirte, die sich aus ihrer gemeinsamen Zeit bei Beiersdorf im Produktmanagement von Nivea kennen. Heraus gekommen sind Becher mit einem Fassungsvermögen von 180 Millilitern und in vier Pastellfarben, die mit einem Naturkorken verschlossen werden. Als Material setzen sie – wie auch bei ihren Gin-Flaschen – sogenanntes Steinzeug ein. „Es ist wichtig, dass die Behälter nicht transparent sind, weil Gewürze und Kräuter dann besser geschützt sind“, sagt Kaspar Hagedorn.
Parallel fingen die Potluck-Gründer an, die Rezepte für ihre Produkte zu entwickeln. Sie heißen Bruschetta Deluxe oder Steak-Pfeffer exotisch, besonders beliebt ist gerade Avocado Spice. „Alle unsere Gewürze sind glutenfrei, vegan, ohne Geschmacksverstärker und aus natürlichen Inhaltsstoffen“, sagt Nele Bösche, die unter anderem für die Produktentwicklung verantwortlich ist. 40 verschiedene Sorten sind im Angebot.
Als nächstes ist eine Biolinie geplant
Hergestellt werden sie bei einem großen Gewürzproduzenten in Hamburg, abgefüllt bei Betrieben in der Region. Die Preise im Handel liegen zwischen 4,99 Euro für Basisgewürze und 5,99 Euro für Gewürzmischungen. Als nächster Schritt ist eine Biolinie geplant, die im Mai auf den Markt kommen soll. Auch Nachfüllpacks für die schönen Pötte sollen demnächst erhältlich sein. In diesem Jahr peilt das Gewürz-Start-up einen Umsatz im unteren einstelligen Millionenbereich an.
„Unser Vorteil ist, dass wir unsere eigenen Investoren sind und dadurch völlig frei in den Entscheidungen“, sagt Kaspar Hagedorn. Nicht nur weitere Supermärkte sollen die Produktpalette führen, auch der Verkauf über den Onlineshop und Social Media kurbeln sie gerade über die Kooperation mit einer großen Agentur kräftig an. Schon jetzt zeichnet sich ab, dass der Platz am bisherigen Gemeinschaftsstandort in Hamm nicht reicht. „Wir sind auf der Suche nach neuen Räumen“, sagt Martin Spieker.
Markt für Gewürze hat sich positiv entwickelt
Das Hamburger Start-up profitiert davon, dass die Deutschen in den vergangenen Jahren Gewürze entdeckt haben. Das hat sich seit Beginn der Corona-Pandemie noch verstärkt. Motto: Wer mehr kocht, würzt mehr. „Der Markt der Würzmittel hat sich in den letzten zwei Jahren zu einem Milliardenmarkt entwickelt“, sagt Ulrike Heinzmann, Fachfrau für den Bereich beim Marktforschungsinstitut GfK in Nürnberg. Im Jahr 2021 gaben privaten Haushalte nach den aktuellsten Zahlen knapp über eine Milliarde Euro für Trockengewürze, Salze, Kräuter und Fixprodukte aus.
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Marktforscherin Heinzmann beziffert den Umsatzzuwachs im Vergleich zum Vor-Corona-Jahr 2019 auf ein Plus von 15,9 Prozent. Dabei entwickeln sich besonders gut Gewürzmischungen, die seit 2017 jährlich im zweistelligen Prozentbereich zulegen. Das spiegelt sich auch in den Ausgaben in den Segment wider. Waren es 2017 im Schnitt noch knapp 5 Euro pro Haushalt, stieg die Summe im vergangenen Jahr um 30 Prozent auf 6,60 Euro.
Start-up: „Der Geschmack ist unser Geschmack“
„Es gibt einen Trend zur Premiumisierung“, sagen die Potluck-Gründer. „Die Menschen sind bereit, mehr Geld für gute Produkte auszugeben.“ Gibt es einen besonderen Potluck-Geschmack? „Der Geschmack ist unser Geschmack“, sagt Co-Gründer Martin Spieker und grinst. Dabei ist der Name auch Programm. „Potluck Dinner“ nennt man in den USA ein Treffen, bei dem alle Teilnehmer etwas zu essen mitbringen, ohne sich vorher abzusprechen. „Übersetzt aus dem Englischen“, sagt Kaspar Hagedorn, „heißt es ,Glück im Topf‘.“