Hamburg. Gesunde Säfte und Salate treffen den Nerv der Zeit. Was die Hamburger Gründer der Bistro-Kette jetzt planen.

Hellblaue Fliesen wie in einem sonnendurchfluteten Schwimmbad, Palmen an der Bar, ein paar Orangen und Mangos auf dem Tresen, diese Optik erinnert an Urlaub und einen besonders coolen Lifestyle. Das Bistro von Mad about juice am Mühlenkamp, in den Mitgründer Jan Jucknat zum Gespräch mit dem Abendblatt gekommen ist, wirkt wie eine Reise in exotische Länder, und das fehlt den Menschen in der Krise offenbar. Denn die Kette ist bisher recht erfolgreich durch die Pandemie gekommen. Die Säfte, Salate und Sandwiches kommen offenbar an.

In der Filiale am Mühlenkamp haben sich die Umsätze zuletzt sogar verdoppelt, sagt Jucknat und zeigt auf die Bar, wo gerade wieder die Saftmaschinen surren. Viele Menschen, die bisher im Büro in der Innenstadt gearbeitet hätten, schauten jetzt aus dem Homeoffice vorbei, um sich kurz etwas Gesundes für zwischendurch zu holen, eine Acai-Bowl etwa oder ein Avocado-Sandwich.

Mad about juice: Die großen Pläne eines Hamburger "Saftladens"

Auch der Standort an der Osterstraße profitiere von der Krise, hier kämen viele Familien mit Kindern in den Laden, die am liebsten den Happy Berry mögen, einen Saftmix aus Erdbeeren, Bananen und Äpfeln. Die Folge: Trotz der schlechten Stimmung, die in der Gastronomie mit ihren immer neuen Corona-Beschränkungen herrscht, trotz der wenigen Touristen in Hamburg und den Menschen, die sich zu Hause einigeln, will Mad about juice expandieren und es nicht bei den bisher drei Läden belassen.

„Wir glauben auch, dass unser Konzept nachhaltig ist, kein kurzlebiger Trend“, ist Jan Jucknat überzeugt. Das Bedürfnis, sich gesund zu ernähren, bleibe in der Gesellschaft verankert. Die Heimat der Gründer biete dabei noch einiges Potenzial. „Ganz konkret sind wir aktuell an der HafenCity und in Eppendorf dran.“ In diesen Stadtteilen will der Anbieter vor allem von Einheimischen und Stammkunden profitieren, denn Touristen, sagt Jucknat, könnten mit dem Konzept oft nur wenig anfangen. Zudem plant Mad about juice ein bundesweites Wachstum über Franchisemodelle in ganz Deutschland, etwa in Köln, München und Stuttgart. Mittelfristig sollen es 20 Filialen werden, möglichst immer in 1a-Lagen.

Mad about juice: Noch mehr Läden sollen entstehen

Denn die Expansion schreitet voran, fußt aber auch auf Lehrgeld, die das Gründerteam bestehend aus Jan Jucknat, seiner Frau Angela Jucknat und Alexander Heimbuch in Hamburg und Hannover zahlen musste. Ein Standort an der Langen Reihe wurde geschlossen, weil St. Georg eher ein Ziel zum abend­lichen Ausgehen sei, sagt Jucknat. „Die Leute stehen dort auch erst um 11 Uhr auf“, und da passten Smoothies und Salate eher nicht so in die Gegend. Auch in der niedersächsischen Landeshauptstadt fehlten die Kunden, „hier haben wir eine schlechte Lage gewählt und am falschen Ende gespart, sagt der Gründer, der neben seinem Engagement bei Mad
about juice auch Steuerberater ist.

So viel das Start-up mit seinen 40 Mitarbeitern bisher auch aus Fehlern gelernt hat, so mutig und kreativ sind die Gründer nach wie vor. Zum einen sollen mehr Bistros entstehen, zum anderen planen die Unternehmer eine ganz neue Strategie: Sie wollen zum Beispiel sty­lische Saftbars in Coworking-Spaces etablieren, also in Gemeinschaftsbüros, die in Hamburg seit einigen Jahren aus dem Boden geschossen sind.

Vitamine statt Wurstbrötchen in Meetings gefragt

Aus den Erfahrungen als Caterer von Firmen wie Beiersdorf oder der Deutschen Bank hat Mad about juice gelernt, dass in Meetings heute durchaus eher Vitamine statt Wurstbrötchen gefragt sind. „Schließlich arbeitet man dann auch produktiver“, sagt Jucknat, der zum Interview in einem Hinterzimmer des Bistros in Winterhude Platz genommen hat und immer wieder an einem Ingwershot nippt, einem Vitaminkick, der scharf-sauer schmeckt.

Jucknat selbst, gedeckt gekleidet, mit schwarzem Rollkragenpullover und dunkler Hose, ist kein Gesundheitspapst, allerdings ernährt sich der Vater von zwei Kindern bewusst und achtet auf gute Zutaten, wie er selbst sagt. Die Idee zur Selbstständigkeit mit den Saftläden entstand eher nicht aus dem Bedürfnis heraus, in Sachen Genuss zu missionieren, sondern nach einer Reise: Wer in den Bistros von Mad about juice einen Anklang an amerikanische Lofts ausmacht, mit ihren Lampen im Industrie-Stil und den hohen Decken etwa im Laden an der Dammtorstraße, der hat den Ursprung der Firmengründung durchaus richtig interpretiert.

Stolzer Preis: 4,90 Euro für die 400-Milliliter-Flasche Saftmix

Denn im Sommer 2015 gingen die Gründer Angela, Jan und Alex auf einen Roadtrip durch die USA, sie tourten von San Francisco über Las Vegas bis nach Los Angeles. Und auf diesem Trip an der hippen Westküste der Vereinigten Staaten entdeckten sie das Gesundheitskonzept, das sie nun in ihre Heimatstadt Hamburg gebracht haben. „Wir wollten uns dieses besondere Feeling nach Hause holen,“ sagt Jucknat über die Geburtsstunde des ersten Bistros in Winterhude 2016. „Allerdings sind wir günstiger“, ergänzt der 38-Jährige schmunzelnd, in den USA kosteten frische Säfte schnell mehr als zehn Dollar.

Bei Mad about juice müssen Kunden für die knapp 400 Milliliter-Flasche mit frischem Saftmix 4,90 Euro zahlen. „Niedriger können wir mit dem Verkaufspreis allerdings auch nicht gehen, sonst rechnet es sich nicht“, sagt Jucknat, der wegen der saftigen Preise für frisches Obst auch keine noch teurere Bioware einsetzt.

In den vergangenen Jahren haben in Hamburg auch Wettbewerber eröffnet, etwa Oh My Juice in der Nähe des Hauptbahnhofs, Lebe Leicht in Eppendorf oder Obst Pauli in der Rindermarkthalle. Doch der Markt scheint groß genug für alle, und das Gesundheitsbewusstsein hat mit der Pandemie wohl eher noch zugenommen. Für Mad about juice sind das Gründe, um optimistisch zu sein: Bisher erzielt das Unternehmen einen Jahresumsatz von 2,5 Millionen Euro. Auf drei bis vier Millionen soll sich der Erlös in den nächsten drei Jahren erhöhen, plant die Firma. Übrigens denken die Gründer bei der Expansion nicht nur ans Geldverdienen, sondern auch an den Spaß: Sie überlegen deshalb, an Standorte zu gehen, wo andere Urlaub machen, „vielleicht nach Sylt oder Mallorca.“