Hamburg. Diese Kompromisse haben Konzern und IG Metall ausgehandelt – und so viele neue Mitarbeiter will Airbus in Hamburg einstellen.

Bis tief in die Nacht haben Airbus und die IG Metall über den geplanten Konzernumbau verhandelt. Dann fand sich nach 18-stündigen Gesprächen im Radisson Blu Hotel am Flughafen in der siebten Verhandlungsrunde eine Lösung. Die von der Gewerkschaft bereits angekündigte Urabstimmung über einen Streik beim Hamburger Flugzeugbauer wird nicht notwendig sein. Man habe sich auf einen Kompromiss geeinigt, teilten beide Seiten am Dienstagmorgen mit.

Gerungen wurde zuletzt vor allem um eine möglichst lange Standort- und Beschäftigungssicherung und um die Zusage für Arbeitspakete am Flieger der Zukunft. Darunter wird der Nachfolger des Verkaufsschlagers A320-Familie verstanden, der zu rund der Hälfte im Werk auf Finkenwerder endmontiert wird. Die Fertigung von Rümpfen und die Struktur- und Ausrüstungsmontage sollten in einer neuen Aerostructure-Tochter (ASA) erfolgen, die nun zum 1. Juli 2022 an den Start gehen soll.

Airbus gibt langjährige Beschäftigungsgarantie

Das dürften laut IG Metall die wichtigsten Punkte des Verhandlungsergebnisses aus Hamburger Sicht sein:

  • Beschäftigungssicherung: keine betriebsbedingten Kündigungen bis Ende 2030
  • Standortsicherung: Erhalt und Weiterentwicklung der einzelnen Standorte bis Ende 2030
  • Zukunftssicherung: Prozess über die Beteiligung der Standorte an möglichen zukünftigen Flugzeugprogrammen

Großer Streitpunkt war in den Verhandlungen allerdings vor allem die sogenannte Einzelteilefertigung. Diese erfolgt in den Werken der Airbus-Tochter Premium Aerotec Group (PAG) in Varel und in dem Augsburger Werk IV. Auch dafür soll es eine Lösung geben. Es gebe ein überzeugendes Angebot der Muhr und Bender KG (Markenname „Mubea“), so Airbus. Es umfasse die Standorte Augsburg und Varel sowie die die Premium AEROTEC Tochter in Brașov (Rumänien).

Das Angebot beinhalte ein umfangreiches Konzept zur langfristigen Arbeitsplatzsicherung und ermögliche die Schaffung eines wettbewerbsfähigen deutschen Unternehmens. Die Arbeitnehmervertreter sollen dieses Angebot nun prüfen, hieß es. Aus Sicht der IG Metall ist wohl vor allem wichtig, dass die Werke Augsburg und Varel bei Airbus bleiben und spätestesn 2025 in die ASA überführt werden, wenn der gemeinsame Investoren-Prozess ohne Ergebnis verlaufe. Eine Investorenlösung soll es nur mit Zustimmung der IG Metall geben, hieß es.

Airbus: "wichtiger Schritt in Richtung nachhaltige Luftfahrt"

„Wir freuen uns, dass als Ergebnis dieser Gespräche nun eine Vereinbarung über die Gründung dieses neuen Sektionsmontage-Unternehmens und ein gemeinsames Konzept für das Einzelteilgeschäft vorliegt”, sagte Dominik Asam, Finanzvorstand von Airbus. „Dies ist ein wichtiger Schritt in Richtung unseres Ziels, Pionier einer nachhaltigen Luftfahrt zu werden. Mit der industriellen Neuaufstellung schaffen wir bei Airbus die richtigen Voraussetzungen für den Flugzeugbau der Zukunft und stärken Deutschlands Rolle innerhalb von Airbus in Europa für die kommenden Jahrzehnte.”

„Mit dem Tarifabschluss ist uns ein gutes und ausgewogenes Ergebnis gelungen. Wir sichern die bestehenden Arbeitspakete, Beschäftigung und Standorte und bringen sie gemeinsam in die Zukunft“, sagte Daniel Friedrich, Bezirksleiter der IG Metall Küste und Verhandlungsführer. „Ohne Zustimmung der IG Metall wird es keinen Verkauf von Augsburg oder Varel geben.“ Dies sei wichtig für einen offenen und positiven Prozess. Friedrich dankte den Beschäftigten: „Nur mit dem Druck aus der Belegschaft war dieses Ergebnis möglich.“

Airbus will rund 1000 Mitarbeiter in Hamburg einstellen

Holger Junge, Konzernbetriebsratsvorsitzender von Airbus: „Mit dem Tarifabschluss werden die Arbeitsplätze langfristig gesichert und Perspektiven für die Standorte unter dem Dach von Airbus geschaffen. Bis Ende 2030 sind betriebsbedingte Kündigungen ausgeschlossen. Außerdem gibt es feste Zusagen für Investitionen, mit denen die Standorte weiterentwickelt werden können. Das ist eine gute Grundlage, um gemeinsam den Produktionshochlauf zu schaffen und am Flugzeug der Zukunft zu arbeiten.“

Für das aktuelle Geschäft ist derzeit der Hochlauf der A320-Fertigung der wichtigste Prozess. Am Jahresende wurden rund 45 Maschinen pro Monat endmontiert, die Hälfte davon kommt traditionell aus Hamburg. Bis zum Sommer des nächsten Jahres sollen es 65 Jets sein. Um den Hochlauf zu bewerkstelligen, will das Unternehmen nun wieder massiv einstellen. In der Hansestadt würden etwa rund 1000 neue Mitarbeiter gesucht, sagte der Hamburger Werksleiter André Walter. An den anderen Standorten solle eine „größere Hundert-Zahl“ an neuen Beschäftigten verpflichtet werden