Hamburg. Steigende Preise und Kosten für die Sanierung machen Immobilien zu einem finanziellen Risiko. Worauf Sie unbedingt achten müssen.

Wenn es um den Traum von den eigenen vier Wänden geht, steht das Einfamilienhaus weiterhin ganz oben auf der Wunschliste der Bundesbürger. 63 Prozent würden sich für diesen Wohntyp entscheiden, wie eine neue Umfrage des Baugeldvermittlers Interhyp ergab. Dabei haben die Preise für diese Form des Wohnens – vor allem in Metropolen wie Hamburg – in den vergangenen Jahren extrem angezogen und dürften nach Meinung von Experten auch 2022 weitersteigen.

Beim Onlineportal Immobilienscout24 finden sich derzeit knapp 500 Einträge für Häuser, rund 160 davon werden unter dem Begriff Einfamilienhaus geführt. Von 269.000 bis 3,2 Millionen Euro reicht die Spanne. So wird unter anderem im Nordwesten der Stadt ein „charmanter“ Rotklinkerbau mit rund 150 Quadratmeter Wohnfläche und gut 1000 Quadratmeter Grundstück für knapp eine Million Euro angeboten – aus den 1950er-Jahren mit Ölheizung. Die Erwerbsnebenkosten kommen obendrauf.

Wohnen in Hamburg: Baumängel können teuer werden

Doch wer ein älteres Einfamilienhaus erwirbt, für den bleibt es meist nicht bei Kaufpreis plus Maklergebühr, Grunderwerbssteuer und Notarkosten. „Potenzielle Käufer sollten sehr auf Baumängel achten. Ein Riss im Mauerwerk oder eine feuchte Stelle im Keller ist bei der Euphorie der Besichtigung schnell kleingeredet, doch daraus kann sich eine größere Sanierung ergeben“, sagt An­dreas Gnielka, Geschäftsleiter bei Grossmann & Berger.

„Es empfiehlt sich schon im Vorfeld, mit Sachverständigen zu sprechen, damit man sie kurz vor einer Besichtigung unkompliziert ansprechen kann“, sagt Gnielka. „Auch über die Finanzierung sollte man schon im Vorfeld mit seiner Bank geredet haben. Denn auch bei den älteren Häusern ist die Zahl der Interessenten groß.“

„Die Besitzer suchen ein altersgerechtes Heim"

Es ist nicht überraschend, dass jetzt vor allem Einfamilienhäuser aus den 1970er- und 1980er-Jahren auf den Markt kommen. „Die Besitzer suchen ein altersgerechtes Heim oder sind verstorben“, so Gnielka. „Die Kinder haben meist selbst schon Eigentum erworben und sind an den Häusern nicht interessiert.“ Doch viele Häuser aus den 1970er- und 1980er-Jahren haben ein Schadstoffproblem: Asbest und giftige Holzschutzmittel. In Kanälen, Balkonverkleidungen und sogar im Kleber von Fliesen kann Asbest enthalten sein.

„Solange man diese Bauteile nicht auswechseln will, besteht keine Gefahr“, sagt Karl Heinz Schneider, Architekt und Sachverständige für Hochbauplanung und Bauüberwachung vom Verband der Privaten Bauherren. Anders sieht es mit der asbesthaltigen Dämmung aus, die in Dachgeschossen offen zwischen den Dachsparren liegt. Und ob es gefährliche Ausdünstungen von Holzschutzmitteln gibt, kann oft nur ein Baubiologe ermitteln.

Sanierungskosten von 40 Prozent des Kaufpreises

Die Kosten für die Beseitigung solcher Mängel müssen individuell berechnet werden, aber der Bauherrenverband gibt zumindest eine Orientierung, welche finanziellen Mittel für die Sanierung zusätzlich zu Kaufpreis und Nebenkosten eingeplant werden müssen.

Beim Bau aus der direkten Nachkriegszeit sollte man zusätzliche Sanierungskosten von 40 Prozent des Kaufpreises einplanen. Bei Häusern, die zwischen 1980 und 1990 gebaut wurden, werden meist 20 Prozent des Kaufpreises fällig, bei in den vergangenen 15 Jahren gebauten Häusern liegen die Kosten bei immerhin rund 15 Prozent. „Ein Altbau ist keineswegs günstiger als ein Neubau, die Preise für Bestandsgebäude sind völlig überzogen“, sagt Schneider.

„Gerade in Hamburg gibt es viele Feuchtigkeitsschäden“

Nach 30 bis 40 Jahren sind die meisten Bauteile erneuerungsbedürftig: Fenster, Türen, Parkett, Heizkörper, Elektroleitungen, Sanitärinstallationen, sogar der Putz an den Wänden. Wer nur Haustür, Innentüren und Fenster erneuert, hat schon 15.000 bis 20.000 Euro ausgegeben. Viel Geld kann auch die Sanierung eines Kellers kosten. „Gerade in Hamburg gibt es viele Feuchtigkeitsschäden“, weiß Schneider aus Erfahrung.

Die vielen Klinkerbauten in Hamburg erscheinen äußerlich noch intakt. Das Problem ist aber ihre schlechte Energieeffizienz und die Folgekosten. „Zwar wurde auch in den vergangenen Jahrzehnten schon zweischalig gebaut, aber kaum mit Dämmung“, sagt Bauexperte Schneider. Das „charmante Rotklinkerhaus“ mit Ölheizung fällt in die höchste Energieeffizienzklasse und beschert dem Eigentümer schnell eine monatliche Rechnung für Heizung und Warmwasser in Höhe von 350 Euro.

Strenge Vorgaben bei Heizungen

Das Einfamilienhaus aus dem Jahr 1981 mit einer Gas-Zentralheizung schlägt mit rund 280 Euro zu Buche. „Neben dem Energieausweis sollte man sich auch die letzten Nebenkostenabrechnungen zeigen lassen und bedenken, dass sich der im Energieausweis angegebene Verbrauch deutlich erhöhen kann, wenn in das Haus nach einer Einzelperson eine Familie einzieht“, sagt Gnielka.

Hamburger haben sich im Schnitt bereits mit rund 470.000 Euro im Jahr 2021 für ihre Immobilie verschuldet. Der finanzielle Spielraum für Sanierungen ist begrenzt. Doch gesetzliche Pflichten können Neubesitzer auch zu sofortigem Handeln zwingen. Ist die Heizung älter als 30 Jahre und handelt es sich nicht um ein Niedertemperatur- oder Brennwert-Modell, muss sie ausgewechselt werden. Und in Hamburg muss die neue Heizung in der Regel mit erneuerbaren Energien wie einer Solarthermieanlage auf dem Dach kombiniert werden.

„Die Ersparnisse rechnen sich nicht“

Je nachdem, ob die Solaranlage nur das Brauchwasser erwärmt oder auch zur Heizungsunterstützung genutzt wird, liegen die Investitionskosten zwischen 13.000 und 18.000 Euro und die maximale Energieeinsparung bei 16 Prozent, wenn man von einem Einfamilienhaus aus dem Jahr 1975 und 140 Quadratmeter Wohnfläche ausgeht. Bei einer monatlichen Heizungsrechnung von 250 Euro, beträgt die jährliche Ersparnis knapp 500 Euro.

„Die Ersparnisse rechnen sich nicht“, sagt Schneider. „Bei allem, was über Schönheitsreparaturen hinausgeht, können sich bei Sanierungen weitgehende Pflichten ergeben, um bestimmte Energiestandards zu erreichen.“ Das sei vielen Hauskäufern überhaupt nicht bewusst, so Schneider.

Solarstromanlage ab 2023 Pflicht

Nach dem Einzug in das neue Heim sind die finanziellen Mittel knapp, doch wer abwartet, steht in wenigen Jahren vor noch größeren Ausgaben. Wer in Hamburg ab 2023 ein neues Haus baut, muss eine Solarstromanlage auf dem Dach betreiben. Betroffen sind auch Bestandsbauten. Wenn zum Beispiel das Dach neu eingedeckt wird, muss gleichzeitig eine Solarstromanlage mit inte­griert werden. Diese Regel gilt ab dem Jahr 2025. Kosten: Rund 15.000 Euro. Statt einer Fotovoltaikanlage für die Stromerzeugung kann auch eine solarthermische Anlage für die Warmwassererzeugung oder Heizungsunterstützung installiert werden.

Wer weiter mit fossilen Brennstoffen heizt, wird auch mit steigenden CO2-Preisen belastet, die bisher bis zum Jahr 2025 festgezurrt sind. „Bei einem älteren Haus würde ich nach einer kostenlosen Erstberatung der Hamburger Energielotsen einen individuellen Sanierungsfahrplan erstellen lassen“, sagt Jörg Przyborowski, stellvertretender Leiter des Ener­giebauzentrums.

Häuser müssen oft noch gedämmt werden

„Man sollte prüfen, ob das Haus mit einer Wärmepumpe beheizt werden kann.“ Sie nutzt Energie aus der Umwelt und wandelt sie in Wärme um. „Wichtig ist, dass eine sogenannte Jahresarbeitszahl von drei erreicht wird“, sagt Przyborowski. Aus einer Kilowattstunde Strom können dann drei Kilowattstunden Wärmeenergie gewonnen werden. Luft-Wärme-Pumpen kosten zwischen 12.000 und 24.000 Euro.

Doch damit ist es in einem Bestandsgebäude nicht getan. „Wahrscheinlich muss das Haus zusätzlich gedämmt, oder die Heizkörper müssen vergrößert werden, wenn keine Fußbodenheizung möglich ist“, sagt der Energieberater. Bis zu 40 Prozent der Kosten werden mit der Bundesförderung für energieeffiziente Gebäude erstattet.

Auf Hausbesitzer kommen hohe Kosten zu

Um aber auf den Neubaustandard zu kommen, müsste nach Einschätzung des Portals Effizienzhaus-online die Wärmepumpe mit solarer Heizungsunterstützung und Warmwasseraufbereitung gekoppelt werden. Auch eine zusätzliche Dämmung für Fassade, Dach und Kellerdecke sowie dreifach verglaste Fenster wären sinnvoll. Kosten: 70.000 Euro.

In einigen Jahren werden solche Kosten auf jeden Hausbesitzer zukommen. Denn im Koalitionsvertrag der neuen Ampel-Regierung heißt es: „Zum 1. Januar 2025 soll jede neu eingebaute Heizung auf der Basis von 65 Prozent erneuerbarer Energien betrieben werden.“ Die Kombination von Gasheizung und Solarthermieanlage erfüllt dieses Ziel nicht mehr. Bisher konnten Modernisierer noch auf zinsgünstige Kredite und direkte Tilgungszuschüsse der KfW-Bank zurückgreifen.

Wohnen in Hamburg: Immobilienverkäufe platzen

Doch die hat Wirtschaftsminister Robert Habeck jüngst gestoppt. Grund: zu viele Anträge, zu wenig Geld. Selbst die schon eingereichten, aber noch nicht bewilligten 24.000 Anträge sind davon betroffen. Wenn die finanzierenden Banken nicht für die ausstehenden Kredite einspringen, werden geplante Immobilienverkäufe nun wohl platzen und viele Modernisierungen verschoben. Doch eines Tages werden die teuren Maßnahmen dann doch notwendig sein.