Das Abendblatt stellt fünf Wahrheiten über den Hafen vor. Erstaunlich ist die Höhe mancher Einkommen – das hat aber auch Gründe.
- Hafenarbeiter in Hamburg erhalten sehr viele und üppige Zulagen
- Gelernte Hafenfacharbeiter verdienen mehr als 6000 Euro im Monat
- Brutto-Jahreseinkommen liegt durchschnittlich bei 91.500 Euro
Hafen und Hamburg – das gehört einfach zusammen. Deshalb berichtet das Abendblatt häufig darüber, was an den Kaikanten so passiert: wenn Ladungsmengen zurückgehen, Hafenarbeiter streiken oder es auf der Elbe wegen Schlickablagerungen wieder zu Problemen kommt.
Aber wer weiß schon, wer im Hafen wohnen darf und welche Tiere man dort findet? Wem ist bekannt, dass einige Hafenarbeiter mehr verdienen als mancher Arzt? Und wer weiß, dass Kreuzfahrtschiffe gar nicht die Hauptursache für die Luftverschmutzung im Hafen sind? Fünf spannende Wahrheiten über den Hamburger Hafen.
Hamburger Hafen: Kreuzfahrtschiffe nur geringfügig für Stickoxide verantwortlich
Weltweit gelten Kreuzfahrtschiffe in den Häfen als große Luftverschmutzer – zu Recht. Eine Studie des Umweltverbands Transport & Environment zeigt, dass die Kreuzfahrtschiffe, die im Jahr 2017 Hamburg anliefen, auf ihren weltweiten Touren mehr als anderthalb mal so viel Schwefeloxid wie die knapp 770.000 in der Hansestadt gemeldeten Pkw verursacht haben. Allein der weltgrößte Kreuzfahrtkonzern Carnival Corporation soll 2017 fast zehnmal mehr Schwefeloxide entlang Europas Küsten ausgestoßen haben als alle 260 Millionen Pkw in Europa zusammen.
Gemessen an den Schadstoffen, die die gesamte Schifffahrt aus ihren Schornsteinen in die Atmosphäre pustet, ist der Schaden durch die Kreuzfahrtindustrie aber eher gering. Das zeigte auch eine Untersuchung des Naturschutzbunds (Nabu) Der hatte mit neun eigenen Messstationen am Hafenrand die Luftbelastung 2020 und 2021 gemessen. Ergebnis: Auch in den Corona-Jahren war die Luftbelastung durch die Schifffahrt im Hafen unvermindert hoch. Mehrfach wurden 1000 Mikrogramm Stickoxide pro Kubikmeter gemessen. Das ist gesundheitsgefährdend.
Aber Kreuzfahrtschiffe befanden sich zu dieser Zeit weitgehend im Lockdown. Sie durften kaum fahren. „Die Belastung durch den allgemeinen Schiffsverkehr ist so hoch, dass die Kreuzfahrtschiffe kaum ins Gewicht fallen“, sagte Sönke Diesener vom Nabu. „Sie machen etwa drei Prozent aus.“ Das lässt sich konkretisieren. Die gesamte Schifffahrt ist für etwa eine Milliarde Tonnen Kohlendioxid im Jahr verantwortlich. Beträgt der Anteil der Kreuzfahrtindustrie daran drei Prozent, wären das 30 Millionen Tonnen. Das ist etwa so viel wie der CO2-Ausstoß von Tunesien in einem Jahr.
Wohnen ist im Hafen verboten – dennoch leben dort Menschen
Schon in Paragraf eins des Hafenentwicklungsgesetzes von 1982 steht, was Sache ist: „Das Hafengebiet ist für Hafenzwecke bestimmt und damit Gegenstand einer Sonderplanung im Sinne des Baugesetzbuchs“, heißt es dort. Anders formuliert: Das Hafengebiet steht ausschließlich Hafenzwecken zur Verfügung. Wohnen wird damit in dem Gebiet verboten. Wer also auf die Idee kommen sollte, sich im Hamburger Hafen eine neue Bleibe zu suchen, wird keine finden, denn das Wohnen ist seit 1982 dort tabu. Wirklich? Wer genau hinschaut, findet Ausnahmen: Das betrifft beispielsweise das Hausmeisterhaus neben der Werft Blohm +Voss gleich hinter dem Alten Elbtunnel, das noch bewohnt wird.
Auch in der Seehafenstraße in Harburg und am Reiherstiegknie, die zum Hafengebiet zählen, leben noch Menschen. Vor allem die Harburger Seehafenstraße gerät immer wieder in die Schlagzeilen: Brandunfälle, Sozialbetrug unerlaubter Waffenbesitz. Immer wieder stehen Anwohner dieser Straße zwischen Bahnstrecke und Hafenbecken im Mittelpunkt von Behördeneinsätzen. Bei einer Razzia in einem heruntergekommenen, völlig überbelegten Haus im September 2017 stießen die Ermittler auf unhaltbare Zustände.
In 16 verwahrlosten Wohnungen waren 63 Menschen gemeldet Wie viele Menschen tatsächlich noch im Hafen wohnen, ist derweil unklar. Nicht einmal die Hafenbehörde Hamburg Port Authority hat eine genaue Übersicht: „Zwar gilt das Wohnungsverbot, aber wer vor Erlass des Gesetzes 1982 dort Eigentum erworben hat, kann auf seinem Grund wohnen lassen, wen er will“, so eine Sprecherin der HPA. „Dazu haben wir keinen Überblick.“
Hamburger Hafen gehört zu den kleineren in der Welt
Mit rund 7200 Hektar ist der Anteil des Hamburger Hafens an der Stadt recht groß. Er nimmt rund zehn Prozent der Gesamtfläche Hamburgs von 755 Quadratkilometern ein. Und dennoch ist er im Vergleich zu anderen Häfen klein. In Rotterdam – dem größten Umschlagplatz von Seegütern in Europa – stehen 12.464 Hektar Hafenflächen zur Verfügung, ähnlich groß ist der Hafen von Antwerpen. Selbst der kleine französische Hafen von Le Havre, der nur etwa ein Drittel des Hamburger Umschlags verzeichnet, ist mit 10.000 Hektar noch größer als Hamburg.
Der Grund: Während die anderen Städte ihre Häfen auf großzügigen Flächen weit außerhalb der Stadt neu geplant und entwickelt haben, hat Hamburg seinen Hafen mitten in der Stadt gepflegt. Damit sind allerdings auch die Möglichkeiten für Wachstum begrenzt. Auch vom Umschlag her gehört der Hamburger Hafen im internationalen Vergleich eher zu den mittelgroßen.
Bezeichnet man ihn auch gerne als „Welthafen“ oder „Logistikdrehscheibe des Nordens“, so steht aber fest, dass im Hamburger Hafen iim Jahr 2020 nur 8,7 Millionen Container umgeschlagen wurden. Im vergangenen Jahr waren es knapp neun Millionen. Damit ist der Anlaufpunkt an der Elbe an 18. Stelle und weit weg von den ganz großen Häfen, in denen die dreifache Menge oder mehr umgeschlagen wird. Im größten Hafen der Welt in Schanghai wurden sogar 43,5 Millionen Stahlboxen über die Kaikanten gehoben (siehe Grafik).
Hamburg: Manche Hafenarbeiter verdienen besser als Mediziner
Hafenarbeiter werden in allen deutschen Seehäfen nach Tarif bezahlt und verdienen mehr als ordentlich. Das zeigte nicht zuletzt der jüngste Beteiligungsbericht des Senats, nach dem die Mitarbeiter der Hamburger Hafen und Logistik AG (HHLA) ein durchschnittliches Brutto-Einkommen von 91.500 Euro haben. Allerdings liegt dies nur bedingt an den Grundgehältern. Laut Tarif bekommen ungelernte Hafenarbeiter einen Stundenlohn von 18,34 Euro, Hafenfacharbeiter 24 Euro und Containerbrückenfahrer 28,47 Euro.
Bei Krankenhausärzten fängt nach der Tarifliste des Marburger Bunds der Stundenlohn für einen Arzt im ersten Jahr bei 29,82 Euro an. Hafenarbeiter erhalten aber sehr viele und üppige Zulagen: Ein Containerbrückenfahrer bekommt sonn- und feiertags in der Nachtschicht 77,10 Euro zusätzlich – plus weitere Zulagen. Hinzu kommen etliche Sonderzahlungen. Wer beispielsweise am Wochenende und Montag arbeitet und dabei auf eine insgesamt geleistete Stundenzahl von 27 kommt, erhält 40 Stunden gutgeschrieben.
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Schon ein ungelernter Hafenarbeiter kann mit einer Nachtschicht pro Woche und einem Sonntagsdienst pro Monat auf ein Bruttogehalt von 3565 Euro kommen. Das Gros der gelernten Hafenfacharbeiter verdient mehr als 6000 Euro im Monat. Ein Arzt im ersten Jahr an einem kommunalen Krankenhaus kommt da mit einem Grundgehalt von 4694 Euro selbst bei Zulagen nicht heran.
Im Hamburger Hafen gibt es nicht nur Industrie
Containerstapel, sich drehende Kräne, Lkw-Lärm und Industriehallen gehören wie selbstverständlich zum Hamburger Hafen. Was kaum jemand weiß: auch seltene Pflanzen, Wanderfalken und Seeadler sind hier zu Hause. Sogar Schweinswale und Seehunde werden im Hafengebiet ab und zu gesichtet, wie der Naturschutzbund Deutschland jüngst berichtete.
Zahlreiche Randgebiete des Hafens sind sogar echte Naturschutzgebiete (NSG), dazu gehören das NSG Moorgürtel, Teile des Mühlenberger Lochs/Neßsand, des benachbarten Rapfen-Schutzgebietes oder des Holzhafens in der Billwerder Bucht. Andere Naturschutzgebiete wie Heuckenlock und Schweenssand, sind zwar nicht direkt Teil des Hafengebiets, werden aber dennoch von der HPA gepflegt, weil sie in ihren wasserrechtlichen Zuständigkeitsbereich fallen. Die Gesamtfläche aller Naturschutzgebiete in der Hansestadt umfasst 7140 Hektar und ist damit etwa genauso groß wie die Fläche des Hamburger Hafens.