Hamburg. Mehr Ladung, höhere Gewinne. Kommendes Jahr könnte der Wettbewerb wieder härter werden. Reeder weisen Rekordergebnisse aus.
Im Hamburger Hafen sitzen viele Gewinner der Pandemie. Die Ausbreitung der Corona-Infektionswelle hat den Welthandel im vergangenen Jahr nur kurz gestört und spielte in diesem Jahr bei der Gesamtladung keine negative Rolle mehr. Im Gegenteil: Der Bedarf an Rohstoffen, Halb- und Fertigprodukten wächst, und die Konsumlaune heizt den Warenfluss an. Davon profitiert der Hafen, weil mehr Ladung nach Hamburg kommt. Insgesamt erwarten die Experten 2021 einen Seegüterumschlag von 126 Millionen Tonnen – etwa vier Millionen Tonnen mehr als im Vorjahr.
Allerdings hat Corona die Lieferketten massiv gestört, was zu erheblichen Schiffsverspätungen führte. Verstärkt wurden die Verzögerungen durch eine Blockade des Suezkanals durch ein havariertes Schiff Anfang April. Diese dauerte zwar nur wenige Tage, doch die Auswirkungen auf die Schiffsfahrpläne wirken noch heute nach. Die Folge: Der Hafen platzt aus allen Nähten. Die Umschlagsbetriebe mussten zusätzlich freie Flächen schaffen, um Ladung zu lagern.
Hamburger Hafen: HHLA übertrifft eigene Ziele
Das Personal arbeitet auf Hochtouren, um die verspäteten Frachter schneller abzufertigen. Aber auch dieser Umstand spielt den Umschlagsbetrieben in die Hände: Sie kassieren hohe Summen zusätzliches Lagergeld für die Ladung, die nun im Hafen stehen bleibt. Und das schlägt sich positiv auf das Ergebnis nieder. Der größte Hafenkonzern der Stadt, die Hamburger Hafen und Logistik AG (HHLA), gab im November bekannt, dass sie ihre Umsatz- und Gewinnerwartung für 2021 anhebt. Das Unternehmen hat nicht zuletzt dank der hohen Lagergelderlöse in den ersten neun Monaten des Jahres ein Ergebnis vor Steuern und Zinsen von 162,1 Millionen Euro erwirtschaftet – das waren 51,3 Prozent mehr als im gleichen Vorjahreszeitraum.
„Die HHLA hat sich im zu Ende gehenden Jahr erfolgreich weiterentwickelt. Wir werden unsere Ziele erreichen, teilweise sogar übertreffen. Entsprechend haben wir unsere Umsatz- und Gewinnerwartung im September angehoben“, sagte Vorstandschefin Angela Titzrath dem Abendblatt. Fast alle ankommenden Schiffe seien verspätet gewesen – und dabei habe es nicht nur um ein paar Tage, sondern manchmal sogar um mehrere Wochen gehandelt. Die HHLA arbeite an sieben Tagen in der Woche rund um die Uhr unter Hochlast, was Technik und Personal angehe. Dies gelte auch für die Bahntochter Metrans.
Hamburger Hafen muss sich der Konkurrenz stellen
Bei der HHLA blieb die Zahl der in Hamburg Beschäftigten mit exakt 3609 gegenüber dem Vorjahr konstant, wie die Arbeitsplatztabelle des Abendblatts zeigt (Position 19). Beim Konkurrenten Eurogate wurden lediglich im Management einige Stellen gestrichen.
Im kommenden Jahr werden die Karten aber neu gemischt. Dann dürfte sich der Hafen in einer ähnlichen Situation wie vor Corona wiederfinden. Das bedeutet: Er muss sich dem immens harten Wettbewerb mit den Konkurrenzhäfen Rotterdam und Antwerpen stellen. Im Kampf um Ladung verliert Hamburg international an Boden. Deshalb tun die Terminalbetreiber viel, um ihr Umschlagsgeschäft schneller und deutlich preiswerter zu machen. Die HHLA hat in diesem Jahr bekannt gegeben, dass sie im Containerumschlag bei jeder Box etwa 30 bis 40 Euro teurer ist als Rotterdam und Antwerpen.
Automatisierung wird Arbeitsplätze kosten
Insgesamt muss der Hafenkonzern 120 bis 150 Millionen Euro einsparen. „Um die wachsenden Anforderungen unserer Kunden auch künftig erfüllen zu können, haben wir einen Transformationsprozess gestartet“, sagte Titzrath. Ziel sei es, die eigenen Leistungen kostengünstiger zu erbringen und effizienter abzufertigen. Dazu investiere man in die technische Ausstattung der Anlagen, aber auch in Maßnahmen zur Weiterbildung und Qualifizierung der eigenen Beschäftigten.
Die Transformation, von der Titzrath spricht, ist gleichzusetzen mit der Automatisierung und Digitalisierung des Umschlaggeschäfts. Durch moderne Technik wie zum Beispiel selbstfahrende Transportfahrzeuge sollen die Arbeitszeitvolumina an den Kaikanten um etwa 800.000 Stunden im Jahr gesenkt werden. Das kostet Arbeitsplätze, wenn auch der HHLA-Vorstand betont, dass der Abbau sozial verträglich stattfinden solle.
Ver.di lehnt Fusion von HHLA und Eurogate ab
Hinzu kommen die Verhandlungen mit Eurogate über eine Zusammenlegung der Containerhäfen in Deutschland, um zu den großen Konkurrenten Rotterdam und Antwerpen endlich einen starken Gegenpol zu schaffen. Der Gesamthafenbetrieb und die Gewerkschaft Ver.di lehnen das ab. „Vorbei an Ver.di und den Beschäftigten planen HHLA und Eurogate eine Fusion, die viele Hundert gut entlohnte Arbeitsplätze im Hafen gefährdet“, sagte Natale Fontana von Ver.di. Dieser Schritt sei vielleicht sinnvoll für die Vorstände und Kapitalgeber der Firmen. „Nicht aber für die vielen Arbeitnehmer, die die Folgen ausbaden müssen“.
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Noch glänzender als für die HHLA lief es für die Reedereien: Sie konnten wegen der knappen Transportkapazitäten extrem hohe Preise abrufen. Deutschlands größte Containerreederei Hapag-Lloyd wird mit einem erwarteten Ergebnis vor Zinsen und Steuern (Ebit) zwischen 8,7 und 9,5 Milliarden Euro das schon sehr gute Ergebnis von 1,3 Milliarden Euro von 2020 um das Siebenfache übersteigen.
Hamburger Hafen: „Die Stellen bestehen weiter"
Die Zahl der Mitarbeiter in der Unternehmenszentrale wuchs um 80 auf 1777. Ähnlich gut verlaufen die Geschäfte bei der zweiten großen Linienreederei Hamburg Süd, die allerdings seit der Übernahme durch Branchenprimus Maersk keine eigenen Gewinne mehr ausweist. Auffällig ist ein Rückgang der Arbeitsplätze um 189 Stellen. „Das ist kein Arbeitsplatzabbau. Die Stellen bestehen weiter in Hamburg und werden lediglich bei Maersk gezählt“, sagte ein Sprecher zur Begründung.