Hamburg. Die Pandemie trifft die Branche weiterhin hart. Aber in vielen Hamburger Unternehmen spielt die staatliche Hilfsmaßnahme keine Rolle mehr.

2,87 Milliarden Euro – es ist eine stolze Summe, die die Hamburger Agentur für Arbeit in Hamburg seit Beginn der Corona-Krise für das Kurzarbeitergeld bisher bezahlt hat. Direkt nach dem Ausbruch der Pandemie im April 2020 erreichte der Ruf der Unternehmen nach staatlicher Unterstützung ihren Höhepunkt. Damals beantragten in der Hansestadt 17.235 Unternehmen mit 204.126 Kurzarbeitern die Hilfsgelder. Betroffen waren vor allem der Einzelhandel, gas­tronomische Betriebe und Unternehmensberatungen.

Nach den zuletzt verfügbaren Zahlen der Arbeitsagentur Hamburg waren in diesem August 40.561 Hamburger in 5264 Betrieben von Kurzarbeit betroffen. Seit dem Sommer gehen nur noch rund 50 neue Anträge auf Kurzarbeit pro Monat bei der Arbeitsagentur ein – das könnte sich allerdings bald wieder ändern.

Corona Hamburg: Kurzarbeit in Gastronomie, Hotels, Messen

„Angesichts der erneuten Beschränkungen müssen wir davon ausgehen, dass es noch einmal zu einem Anstieg der tatsächlich in Anspruch genommenen Kurzarbeit in den Bereichen Gastronomie, Hotels, Messen, Veranstaltungen, Ausstellungen, Kultur und Schaustellergewerbe kommt“, sagte Arbeitsagentur-Chef Sönke Fock dem Abendblatt.

In den vergangenen Wochen hat die Bundesregierung die Weichen für einen Anstieg gestellt und die Kurzarbeit-Regelung um drei Monate bis Ende März 2022 verlängert und auch die Konditionen für die betroffenen Beschäftigten verbessert. Vor diesem Hintergrund fragte das Abendblatt bei Hamburger Unternehmen nach, wie sie derzeit mit dem Thema Kurzarbeit umgehen.

Bei der Hamburg Messe und Con­gress GmbH sind derzeit noch 39 der mehr als 300 Beschäftigten in Kurzarbeit, bis zum Sommer waren es große Teile der gesamten Belegschaft gewesen. Weil Messen, Kongresse und sonstige Veranstaltungen lange Vorlaufzeiten haben, wurde die Kurzarbeit bis Ende November zurückgefahren.

Wie intensiv das Mittel künftig genutzt werde, hänge von der weiteren Entwicklung des Pandemiegeschehens ab, sagte Unternehmenssprecher Karsten Broockmann. Im Grundsatz sei aber klar: „Wo es möglich und sinnvoll ist, werden wir die Regelung auch in den kommenden Monaten anwenden. Wir betrachten Kurzarbeit als Mittel, um Kosten bei Umsatzrückgängen flexibel reduzieren zu können.“

„Es ist schwierig genug, gutes Personal zu bekommen“

Bei den Gastronomen ist die Situation besonders vertrackt. Auf der einen Seite suchen viele von ihnen vor allem für die Zukunft händeringend Fachpersonal. Auf der anderen Seite müssten sie aktuell wegen der schwierigen Geschäftslage eigentlich Kurzarbeit anmelden.

So versucht Gastronom Jens Stack­lies, der im Vorstand der Dehoga Hamburg sitzt und als Vizepräsident für die Gastronomie zuständig ist, trotz der angespannten Situation möglichst alle Angestellten an Bord zu halten. Nur vereinzelt seien bei ihm Beschäftigte in Kurzarbeit.

„Wir versuchen die Mannschaft zusammenzuhalten, denn es ist schwierig genug, gutes Personal zu bekommen“, sagt er. Besonders ärgerlich sei, dass es immer wieder neue Vorgaben der Politik gebe. Dies mache die Planungen für das Geschäft und das benötigte Personal sehr kompliziert. So fänden nun bis Ende des Jahres keine Veranstaltungen in der Fischauktionshalle statt, ab Februar 2022 sei die Buchungslage dagegen gut. „Aber wir wissen ja nicht, wie dann die Vorgaben aussehen werden und ob es wieder zu Stornierungen kommt.“

Flughafen Hamburg: Kurzarbeit als wichtiger Baustein

Heftig betroffen ist von der Pandemie auch weiterhin die Luftfahrt – und damit die Hansestadt als drittgrößter Standort weltweit. Man werde wohl eine der letzten Branchen sein, die wieder zur Normalität zurückkehre, sagte Hamburg-Airport-Sprecherin Katja Bromm. „Die Kurzarbeit ist dementsprechend ein wichtiger Baustein, die Verluste des Flughafens so gering wie möglich zu halten.“

In der Jahresmitte wurde die staatliche Hilfe noch bei 83 Prozent der dazu berechtigten Beschäftigten genutzt. Im Herbst sank mit dem anziehenden Flugverkehr die Quote auf 69 Prozent. Wie es weitergeht, sei von der Verkehrsentwicklung abhängig. Richtig sei, „dass wir die derzeit möglichen 24 Monate Kurzarbeit ausnutzen werden“ – also bis Ende März damit planen.

Der Flughafen-Mitnutzer Lufthansa Technik vermeldet ebenfalls eine rückläufige Tendenz. Derzeit arbeiteten noch etwa 3700 von gut 8000 in Fuhlsbüttel Beschäftigten kurz. Aber auch bis Ende März werden es wahrscheinlich noch rund 3000 Mitarbeiter sein. Verschiedene operative und administrative Bereiche seien noch betroffen, sagte Sprecher Wolfgang Reinert.

„In einigen anderen Bereichen hat sich die Situation allerdings bereits so positiv entwickelt, dass wir ab Anfang 2022 wieder Mitarbeitende suchen werden.“ Die Kurzarbeit-Regelung habe – neben anderen Maßnahmen – entscheidend geholfen, die heftigen wirtschaftlichen Auswirkungen der Pandemie zu lindern.

Airbus hat Belegschaft verkleinert

Bei Airbus ist man schon einen Schritt weiter. „Bei uns gibt es derzeit keine Kurzarbeit mehr“, sagte Sprecher Daniel Werdung. Nach der Hochphase im Juni 2020 mit bis zu 13.000 Beschäftigten der damals noch rund 15.000 Beschäftigten in Kurzarbeit habe sich die Anzahl kontinuierlich reduziert. Allerdings reduzierte der Flugzeugbauer die Belegschaft in Hamburg wegen der Branchenkrise auch um rund 1000 Mitarbeiter. Auch beim Zulieferer Diehl Aviation, der WC- und Kücheneinheiten für die Jets liefert, gibt es seit Ende Juni keine Kurzarbeit mehr.

In den Industriebetrieben an der Elbe ist dies ohnehin offenbar kein Thema mehr. Das komme nicht infrage, teilte der Kupferkonzern Aurubis mit. Das Instrument sei nur „sehr kurz“ 2020 eingesetzt worden, hieß es vom Gabelstaplerbauer Jungheinrich. Im gesamten Jahr 2021 läge die Zahl der davon betroffenen Mitarbeiter bei null. Das gilt bei Beiersdorf für den gesamten Pandemie-Zeitraum – dank des im April 2020 abgeschlossenen „Solidarpakts für Beschäftigung“.

Geringer ausgelastete Bereiche wie das Catering in der Konzernzentrale hätten kreativ reagiert und Essen zum Mitnehmen angeboten, so eine Sprecherin. Selbst in den Niveau-Häusern hätte es trotz der temporären Schließungen keine Kurzarbeit gegeben. Die Folgen der Krisen seien zudem durch das Verzichten auf Einkommensbestandteile, Bonuszahlungen und bezahlte Urlaubstage gemildert worden.

Auch bei Otto sind derzeit keine Beschäftigten in Kurzarbeit. „Ob das 2022 so bleiben wird, können wir noch nicht abschätzen – das prüfen wir zu Beginn des neuen Jahres“, sagte Sprecher Ingo Bertram. Generell sei Kurzarbeitergeld aber keine von dem Handelskonzern bevorzugte Option.