Hamburg. Schmidt & Schmidtchen-Inhaber Falk Hocquél geht neue Wege. Mit Gastronom Stefan Fäth setzt er sich in der City hohe Ziele.

Hier dreht sich alles um Fisch. In der Theke mit den blau-weißen Kacheln ist der Räucherfisch sorgfältig sortiert. Es gibt Garnelen, Austern und Kaviar, auch selbst gemachte Salate mit Oktopus oder Flusskrebsen zum Mitnehmen. Die Speisekarte an der Fliesenwand preist Klassiker wie Backfisch mit Gurkensalat an, Fish & Chips und natürlich Fischbrötchen mit Matjes, Krabben & Co. „Jellyfish-Bude by Schmidt & Schmidtchen“ steht über dem Eingang des neuen Ladens in der Einkaufspassage Galleria in der Hamburger Innenstadt.

Es ist der neueste Coup von Falk Hocquél. Der Gastronom ist Chef der Konditorei- und Bäckereikette Schmidt & Schmidtchen. Unter anderem im Jenischpark, an der Großen Elbstraße und im Planetarium betreibt er seine Cafés mit feinen Törtchen und knusprigem Biobrot, insgesamt 18 Standorte im Stadtgebiet. Fisch stand bislang nicht auf seiner Karte. Das ändert sich gerade.

Neues Restaurant in Hamburg: die Jellyfish-Bude

Der Fisch-Imbiss Jellyfish-Bude an den Großen Bleichen ist Teil eines neuen Konzepts, das Hocquél gemeinsam mit dem Chef des Restaurants Jellyfish, Stefan Fäth, vorantreibt. „Bislang sind die Menschen zum Frühstücken und Kaffeetrinken zu uns gekommen. Jetzt wollen wir unser Angebot ausbauen und Mittagstisch anbieten. Auch ein Restaurantbetrieb am Abend ist für einige Stand­orte geplant“, sagt der Unternehmer. Das Komplettprogramm sozusagen, von morgens bis abends.

Die Kooperation war im Frühjahr entstanden. Hocquél war schon länger auf der Suche nach einem Partner mit Expertise in der gehobenen Küche. „Es hat gleich gepasst“, sagt der 52-Jährige. Als Küchenchef des 2019 wieder eröffneten Jellyfish an der Weidenallee in Eimsbüttel hat Fäth sich in den vergangenen Jahren mit seiner kreativen Fischküche einen Platz in der Hamburger Gastro-Szene erkocht.

Wie Jellyfish zu Schmidt & Schmidtchen passt

„Es geht um eine langfristige Partnerschaft“, sagt der 28 Jahre alte Koch, der vor der Übernahme des Jellyfish in verschiedenen Sternerestaurants am Herd gestanden hatte. „Man kann zu zweit schneller wachsen als allein“, ergänzt Stefan Fäth, der sich weiterhin vor allem auf das Jellyfish konzentrieren will. Gerade in der heutigen Zeit sei es aber sinnvoll, sich breiter aufzustellen und mehrere Standbeine zu haben. Als nächster Schritt ist der Bau einer großen Produktionsküche geplant, in der unter anderem Suppen und Saucen, aber auch Marinaden und einige Vorprodukte für das Restaurantangebot hergestellt werden sollen.

Schon direkt nach dem Corona-Lockdown hatten Hocquél und Fäth im Juni dieses Jahres den ersten Testlauf für das gemeinsame Projekt am Standort des Schmidtchen City am Bleichenfleet gestartet und dort den Café-Betrieb um ein anspruchsvolles Mittagsangebot erweitert. Serviert und teilweise auch gekocht wurde auf einem großen Ponton auf dem angrenzenden Fleet. Der Start mit Monatsumsätzen im fast sechsstelligen Bereich war vielversprechend.

„Es hat gut funktioniert“, sagt Gastronom Fäth. Inzwischen haben die Partner den Innenbereich in der Galleria-Passage umgebaut und das Platzangebot deutlich erweitert. Auf der Karte des inzwischen in Schmidtchen Restaurant by Jellyfish umfirmierten Lokals stehen Austern und Rindertatar, Muscheln mit Fritten und Wiener Kalbsschnitzel – alles im gehobenen Preissegment.

Schmidt & Schmidtchen in Hamburg auf Wachstumskurs

Ende November folgte mit der Jellyfish-Bude der zweite Aufschlag der neuen Partner nur wenige Meter entfernt auf der Fläche der ehemaligen Bar Tabac. Insgesamt steckt ein sechsstelliger Betrag in den beiden Gastro-Angeboten. „Für uns ist das eine Art Labor. Weitere Eröffnungen sollen folgen“, sagt Schmidt & Schmidtchen-Chef Falk Hocquél. Details verrät er noch nicht.

Es sieht aber nicht so aus, als würde der Wachstumskurs von Schmidt & Schmidtchen gestoppt. Innerhalb von sieben Jahren hat Hocquél, der eigentlich vom Theater kommt und mit der Pony Bar auf dem Uni-Campus und der Astra-Stube an der Sternbrücke erste Schritte in der Hamburger Gastronomie-Szene gemacht hatte, ein kleines Imperium aufgebaut.

Im Jahr 2014 war der Quereinsteiger in das Traditionscafé Schmidt in Othmarschen eingestiegen, bis heute Namensgeber der Gastronomiekette mit einem Produktionsstandort auf dem Gelände des Hamburger Fleischgroßmarkts und einem Umsatz im mittleren einstelligen Millionen-Euro-Bereich im vergangenen Jahr. Seitdem hat er einen konsequenten Expansionskurs beschritten. Neben den neuen Schmidtchen-Ablegern übernahm er inhabergeführte Betriebe wie die Pâtisserie Andreas in Bergedorf oder das Caféhaus in Rahlstedt, die von Schließung bedroht waren.

Restaurants in Hamburger Kulturhäusern

Seine Kernkompetenz sind Gastronomieangebote in Kultur und Bildungseinrichtungen. Schmidt & Schmidtchen gibt es im Museum Altona, im Dialoghaus in der Speicherstadt und in der Zentralbibliothek. Im Mai eröffnete das Schmidtchen Palme im Botanischen Garten. Auch die Gastronomie des Altonaer Theater läuft inzwischen unter Schmidt & Schmidtchen-Regie.

Im Sommer hatte Hocquél Restauration und Kantine im Deutschen Schauspielhaus an der Kirchenallee sowie das Café im Jungen Schauspielhaus am Wiesendamm übernommen. Im kommenden Jahr steht mit der Eröffnung des Körber­hauses in Bergedorf ein weiteres großes Projekt auf dem Plan. „Dort wollen wir das Schmidtchen Körberhaus nach dem neuen City-Modell mit Ganztagesangebot eröffnen“, sagt Hocquél, der darüber hinaus an weiteren Firmen wie der Kaffeerösterei Waterkant und einer Eventagentur beteiligt ist.

„Wollen die besten Fischbrötchen der Stadt anbieten“

Die monatelangen Corona-Lockdowns machen auch dem expansionsorientierten Unternehmen zu schaffen. „Wir sind aber nach wie vor gesund aufgestellt“, betont Gastronom Hocquél. Sein größtes Problem ist derzeit wie generell in der Branche der Personalmangel. 90 fest angestellte Beschäftigte hat die Gastro-Kette inzwischen, dazukommen sechs Auszubildende und etwa 80 Aushilfen. „Wir würden gerne mehr einstellen“, sagt der Unternehmer. Die Not war in den vergangenen Wochen so groß, dass vier Cafés ganz geschlossen waren. Aktuell ist nur noch der Standort im Wasserwerk Wilhelmsburg dicht, allerdings haben die Cafés teilweise reduzierte Öffnungszeiten.

Auch die beiden neuen Kooperationsstandorte mit Stefan Fäth sind derzeit nur tagsüber offen. Dass es jetzt einen Fisch-Imbiss in diesem Teil der Innenstadt gibt, hat sich herumgesprochen. Vor allem der Mittagstisch laufe gut, sagen die Partner. Dabei sehen Hocquél und Fäth sich nicht in Konkurrenz zum bekannten Hummerstand im Hanseviertel nur wenige Schritte entfernt. „Aber“, sagt Stefan Fäth mit Augenzwinkern, „wir wollen schon die besten Fischbrötchen der Stadt anbieten.“