Hamburg. Kaufleute beklagen massive Rückgänge bei Kunden und Umsätzen durch die Kontrollen. Ab Montag gibt es eine fälschungssicherere Lösung.
In der Europa Passage gab es sie zuerst: die bunten Bändchen, die nach einen 2G-Nachweis ausgegeben werden. Die Idee: Wer ein Bändchen am Handgelenk trägt, spart sich weitere Kontrollen in den einzelnen Geschäften. Jetzt soll das Konzept auf ganz Hamburg ausgeweitet werden. „In der Hamburger Innenstadt geben inzwischen auch das Alsterhaus und Saturn die Bändchen aus. Gespräche mit weiteren Einzelhändlern auch in anderen Bezirken laufen“, sagt Citymanagerin Brigitte Engler.
Heißt: Ein tagesaktuelles Bändchen, das etwa im Alsterhaus nach der Kontrolle von Impfpass und Lichtbildausweis vergeben wurde, gilt theoretisch auch in Läden in Ottensen und Eppendorf, wird aber zumeist noch nicht umgesetzt. „Wir sind froh, dass wir eine Lösung haben, die ein pragmatisches Vorgehen ermöglicht. Jetzt müssen wir das mit Leben füllen“, so Engler. Nach Angaben der Sozialbehörde obliegt es dem Einzelhandel, die Reglungen für die Kontrollen zu treffen.
Einzelhandel Hamburg: 2G-Bändchen soll stadtweit eingeführt werden
Die Zeit drängt. Das Weihnachtsgeschäft läuft für den stationären Handel schlechter als erwartet. Laut einer bundesweiten Umfrage des Handelsverbands unter 1100 Händlern blicken mehr als 70 Prozent der Unternehmen negativ auf die restlichen Tage des Jahres. Viele hätten das Weihnachtsgeschäft abgeschrieben. „Wir merken deutliche Umsatzverluste, seit so viel über steigende Infektionszahlen gesprochen wird. Die Menschen sind verunsichert“, sagt Brigitte Nolte, Hamburger Geschäftsführerin des Handelsverbands Nord. Seit am zweiten Adventssonnabend die 2G-Pflicht im Einzelhandel eingeführt worden war, seien die Zahlen deutlich gesunken. „Wir haben Frequenzrückgänge von 40 bis 50 Prozent, bei den Umsätzen liegt das Minus im Vor-Corona-Vergleich bei 20 bis 30 Prozent“, so Nolte. „Der Frust bei den Händlern ist groß.“
Nach Messungen des Unternehmens Hystreet, das Passanten in Hamburger Einkaufsstraßen zählt, waren am Höhepunkt des dritten Adventssonnabends zwischen 16 und 17 Uhr knapp 8500 Menschen in der Spitalerstraße gezählt. Vor Corona waren es noch knapp 13.800. Die Europa Passage verzeichnete mit 70.000 Besuchern weniger als die Hälfte der Besucher früherer Jahre. „Dass nur Geimpfte und Genesene in die Geschäfte dürfen, ist eine Geißel der Politik“, sagt Centermanager Jörg Harengerd. Es habe sich gezeigt, dass der Handel kein Pandemie-Treiber sei. Seine Kritik: „Hamburg treibt die Menschen in den Onlinehandel.“
2G-Bändchen müssen fälschungssicher sein
Der Handelsverband Nord hat mehrfach kritisiert, dass in Geschäften, die nicht den täglichen Bedarf decken, in Hamburg jeder Kunde kontrolliert werden muss und dafür zusätzliche Personalkosten anfallen. Dagegen würden in Bussen und Bahnen nur Stichproben durchgeführt. Auch die Regeln im benachbarten Schleswig-Holstein sind weniger streng. Dort müssen die Einzelhändler lediglich 2G-Stichproben vornehmen, die dokumentiert werden müssen. Der Handelsverband Deutschland hatte zuletzt für die schnelle Einführung einer bundesweiten Bändchenregel plädiert und fordert einen Schadensausgleich für die entstehenden Kosten.
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In Hamburg gibt es für die Nutzung der 2G-Bändchen folgende Bedingungen: So muss jeden Tag eine andere Farbe ausgegeben werden. Vom kommenden Montag an müssen die Papierbanderollen zudem bedruckt sein, um sie noch fälschungssicherer zu machen. „Ausgeben kann die Bändchen im Prinzip jeder Händler“, sagt der Sprecher der Sozialbehörde, Martin Helfrich. Es sei aber sinnvoll, die Ausgabestellen zu benennen und eventuell auch externe Dienstleister einzusetzen.
Der Versuch, das Weihnachtsgeschäft doch noch zu retten
Citymanagerin Brigitte Engler ist zuversichtlich, dass sich das Bändchenmodell stadtweit durchsetzt. 200.000 Bändchen in verschiedenen Farben mit einem aufgedruckten Hamburg-Wappen hat das Citymanagement inzwischen bestellt. „Es ist ein Angebot, das das Einkaufen in Pandemiezeiten einfacher machen und Warteschlangen vermeiden soll“, sagt Engler.
Und ein Versuch, das Weihnachtsgeschäft doch noch zu retten. Dafür muss sich die Akzeptanz im Handel und auch bei den Kunden deutlich erhöhen. Am vergangenen Sonnabend etwa waren in in der Europa Passage gerade mal 5000 Bändchen ausgegeben worden. Laut Engler steigen inzwischen die Anfragen von Einzelhändlern, die mitmachen wollen. Konkrete Zahlen gibt es nicht. „Wir prüfen, ob wir die Bändchenausgabe umsetzen können“, heißt es etwa beim Modekaufhaus Peek & Cloppenburg, das die Bändchen beim Einlass bereits akzeptiert.
Positive Rückmeldungen – von Einzelhandel und Kunden
Jürgen Weitz, Inhaber des Porzellan- und Haushaltswarenhändlers Weitz am Neuen Wall, sagt: „Wir akzeptieren die Bändchen und würden auch die Voraussetzungen schaffen, sie ausgeben zu können.“ Auch beim Modehaus Unger ist man interessiert an einer Ausweitung des Konzepts. Bei der logistischen Umsetzung wollen jetzt auch die BIDs helfen, die für die Grundeigentümer die Einkaufsstraßen in der Innenstadt managen. „Wir unterstützen die Bändchen- lösung mit unserem Servicepersonal“, sagt Sebastian Binger von der OttoWulff-BID-Gesellschaft.
In den Bezirken werden die Bändchen bislang in Einkaufscentern wie dem Alstertal-Einkaufszentrum in Poppenbüttel, dem Elbe-Einkaufszentrum, der Hamburger Meile an der Mundsburg sowie dem Phoenix-Center in Harburg ausgegeben. „Die Resonanz ist positiv“, sagt Lukas Nemela, Sprecher des Betreibers ECE. Nachdem das Bezirksamt Altona am Mittwoch die Zustimmung für die Umsetzung der Bändchenreglung gegeben hatte, soll es auch in Altona losgehen. „Wir möchten den Service gern kurzfristig anbieten, um es Händlern und Kunden einfacher zu machen“, sagt Mercado-Centermanager Sven Ebert. Die Ausgabe könnte bei den 2G-Kontrollen der Weihnachtsmärkte sowie bei großen Händlern wie Ikea erfolgen.