Hamburg. Roboter Bella kellnert in einer Szenebar auf St. Pauli. Die Idee, damit neues Personal zu akquirieren, wurde schnell erweitert.
Wer in diesen Tagen für ein paar Drinks in die Zoë-Sofabar auf St. Pauli geht, der staunt nicht schlecht. Denn statt einer gewöhnlichen Bedienung ist es seit rund zwei Wochen nicht ungewöhnlich, wenn Bella an den Tisch kommt und die Getränke bringt oder schmutzige Gläser wieder abräumt. Bella ist nicht etwa eine Kellnerin – sondern ein Roboter.
Damit ist die Sofabar am Neuen Pferdemarkt die erste Bar Hamburgs, die auf einen solchen Serviceroboter setzt. Inhaber Thomas Haack vermutet sogar, dass es deutschlandweit die einzige sein könnte. In Hamburg kommt ein solcher Roboter, der erstmals Ende Oktober durch seine Verwendung im Hafenrestaurant Grömitz bundesweit für Schlagzeilen sorgte, nur noch in einem weiteren Lokal zum Einsatz: In der Marschländer Elblounge am Spadenländer Elbdeich. Doch dies ist eben keine Bar, womit sich Haack über ein Alleinstellungsmerkmal freuen darf.
Roboter begeistert Gäste in Hamburger Bar
„Die Roboter kommen bei den Gästen erstaunlich gut an. Der Überraschungsmoment ist riesig, wenn dir ein Roboter deine Getränke bringt“, sagt er auf Abendblatt-Anfrage. Haack, lange Haare, Dreitagebart, berichtet von Gästen, die ihre Handys zücken, weil sie es kaum glauben können, wer sie da bedient.
Wie der Roboter in die Sofabar auf St. Pauli kam
Wie bei allen Lokalen, die sich für Bella entschieden haben, hat auch in der Sofabar der Personalmangel zu diesem 10.000 bis 20.000 Euro teuren Investment pro Roboter geführt. Viele Kellner haben sich während der zähen Lockdowns inmitten der Hochphase der Corona-Pandemie einen neuen Job gesucht. Geeignetes Servicepersonal zu finden, fällt der gesamten Gastronomiebranche seitdem schwer. Immer wieder habe Haack durch verschiedene Herangehensweisen versucht, neues Personal zu gewinnen. Erfolg hatte er jedoch selten.
Und so kam Haack, der gemeinsam mit Andrea Albrecht auch Inhaber der baugleichen und spiegelsymmetrischen Zoë III-Sofabar direkt gegenüber ist, auf eine ganz besondere Idee für seine beiden Roboter. „Ursprünglich sollten sie dabei helfen, Personal zu akquirieren“, sagt er und schildert seine durchaus verrückt klingenden Pläne, nach denen die Roboter auf den Bedarf an Kellnern hinweisen sollten. „Die Idee war es, Sound- und Videofiles auf die Roboter zu laden, damit diese unsere Gäste direkt auf das Thema Personalmangel ansprechen können.“
Sofabar auf St. Pauli: Roboter sparen dem Personal viele Wege
Für die Videos habe Haack sogar die Burlesque-Tänzerin Eve Champagne und den Hamburger Comedian Buddy Ogün verpflichten können. Ob dieser Plan tatsächlich Früchte bringt, kann nach zwei Wochen noch nicht bewertet werden.
- In der Marschländer Elblounge kellnert ein Roboter
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Ohnehin dienen die Roboter inzwischen vor allem dazu, das Personal zu entlasten. „Die Roboter sparen dem Personal viele Wege. Außerdem sind wir in der Lage, früher zu öffnen, da wir am Anfang nur eine Tresenkraft sowie einen Roboter brauchen.“
Haben Roboter auf St. Pauli eine Zukunft?
Trotz des gelungenen Starts mit den Robotern suche Haack weiter „händeringend nach qualifiziertem Personal“. Zumal momentan auf die Mitarbeiter durch die Kontrolle der Corona-Maßnahmen (2G und Maskenpflicht auf dem Gang) eine zusätzliche Belastung hinzukommt. So fehle es der Sofabar aktuell an 10 bis 20 Kellnern – das kann auch Bella nur bedingt ausgleichen. „Durch diesen Personalmangel sind wir zurzeit nicht in der Lage, unsere normalen Öffnungszeiten aufrechtzuerhalten“, klagt Haack.
Ein Problem, das sich durch die gesamte Branche zieht – weshalb der Barinhaber davon ausgeht, dass die Roboter „besonders in Restaurants zukünftig häufiger zu sehen“ sein werden. „In Bars auf St. Pauli oder in der Schanze werden sich Roboter sicher nicht durchsetzen. Sie brauchen Platz, um an die Tische zu gelangen, und wenn es voll ist, kann sich der Roboter unter Umständen keinen Weg durch die Gäste bahnen.“
Auch in der Sofabar kommt Bella deshalb an Freitag- oder Sonnabendabenden eher selten zum Einsatz. Haack ist dennoch davon überzeugt, dass sich sein Investment wegen des Aha-Effekts auf Sicht rentieren werde. „Die Roboter leisten gute Dienste, indem sie den Gästen ein besonderes Erlebnis bescheren.“ Ein besonderes und in Hamburg zugleich einmaliges Bar-Erlebnis.