Hamburg. Wer seinen Strom schon von den Hamburgern bezieht, bekommt eine Schonfrist. Hohe Preise am Markt überfordern auch Anbieter.
Viele Stromkunden des Hamburger Ökostromanbieters Lichtblick bleiben von einer Preiserhöhung verschont. Eine ungewöhnliche Nachricht in diesen Tagen, in denen massive Preiserhöhungen die Regel sind. „Kunden, die 2019 bei uns einen Stromvertrag abgeschlossen haben, erhalten zum Jahreswechsel keine Preisanpassung“, sagt Ralph Kampwirth, Sprecher von Lichtblick. „Unsere Bestandskundinnen und -kunden profitieren von unserem langfristigen Energieeinkauf sowie von der sinkenden Umlage für erneuerbare Energien (EEG).“ Die EEG-Umlage sinkt im Jahr 2022 von 6,5 auf 3,7 Cent je kWh. „So können wir steigende Strompreise und Netzkosten abfedern.“ Diese Kunden können also noch für 30,55 Cent pro Kilowattstunde (kWh) ihren Strom im nächsten Jahr beziehen.
So richtig schätzen werden die Kunden diesen Preis erst, wenn sie jetzt einmal auf die Internetseite von Lichtblick schauen. Denn dort ist der Ökostrompreis inzwischen um rund 28 Prozent gestiegen. Neukunden müssen bis zu 39 Cent für die kWh bezahlen, und auch der monatliche Grundpreis ist um 39 Prozent auf 13,85 Euro gestiegen.
Heizkosten Hamburg: Gas von Lichtblick wird um ein Drittel teurer
Ein Vorgeschmack darauf, was die Bestandskunden spätestens 2023 erwartet, wenn sich die Strompreise nicht wieder normalisieren. „Wir rechnen schon mit einer Normalisierung“, sagt Kampwirth. Denn diese hohen Preise beeinträchtigen auch das Neugeschäft. „Im Moment wechseln weniger Haushalte ihren Strom- und Gasanbieter, da die Preise für Neuverträge meist deutlich höher sind als die für Bestandsverträge“, sagt Kampwirth. „Wir sehen das auch bei Lichtblick – die Wechseltätigkeit ist seit einigen Wochen geringer als normalerweise.“
Während die Stromkunden bei Lichtblick noch entspannt bleiben können, wird es für die Gaskunden des Hamburger Anbieters deutlich teurer. Der Arbeitspreis für Ökogas steigt bei von 6,44 auf 8,68 Cent pro kWh, was einer Preiserhöhung von 35 Prozent entspricht. „Die Preissprünge beim Gaseinkauf sind so eklatant, dass wir um eine Preiserhöhung nicht herumkommen. Hinzu kommen auch hier die steigenden Netzentgelte und der CO2-Preis“, sagt Kampwirth.
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Im neuen Jahr steigt der CO2-Preis von 25 auf 30 Euro je Tonne CO2. Bei einem Verbrauch von 20.000 kWh Gas im Jahr erhöht sich die Zusatzbelastung daraus für Verbraucher um 24 Euro auf 144 Euro im Vergleich zu 2021. Der Grundpreis von 9,90 Euro pro Monat bleibt beim Gas bei Lichtblick stabil. Gründe für die steigenden Preise: Viele Gasspeicher in Europa sind derzeit deutlich leerer als sonst zu der Jahreszeit. Gleichzeitig zog die Nachfrage nach Gas mit dem Ende vieler Corona-Beschränkungen und einer daraus resultierenden erstarkenden Wirtschaftslage an.
Hamburg Energie erhöht Gaspreis für einige Kunden um die Hälfte
Auch Hamburg Energie hatte seinen Gaspreis nach Angaben des Unternehmens um 42 Prozent auf 7,45 Cent je kWh erhöht. Darauf meldeten sich Leser, die über eine aus ihrer Sicht noch deutlich höhere Preisanpassung klagten. So steigt der Gaspreis beim Kunden Olaf G. um 51 Prozent auf 7,57 Cent je kWh. Beim monatlichen Grundpreis ergebe sich eine Erhöhung um 12,6 Prozent auf 9,84 Euro. Auch das ist höher als vom Unternehmen eingeräumt.
„Zu Abweichungen bei der Preisanpassung nach oben und unten kann es kommen, wenn Kundentarife bisher keine Anpassung der Preise erfahren haben und von einem deutlich niedrigeren Preisniveau kommen“, sagt dazu eine Sprecherin von Hamburg Energie. Betroffen sind vor allem Bestandskunden, die vor längerer Zeit einen Vertrag abgeschlossen haben.
Strom ist für Anbieter derzeit fünf Mal so teuer wie 2020
Unterdessen spitzt sich die Lage am Strommarkt weiter zu. Der Börsenstrompreis steigt weiter und hat inzwischen die 200-Euro-Marke geknackt. Das ist deutlich mehr als vor einem Jahr. Im Dezember kostet eine Megawattstunde 203,45 Euro. Im Dezember des Vorjahres wurden nur 42,67 Euro fällig – ein Plus von 377 Prozent. Nach einer Übersicht des Vergleichsportals Check24 haben inzwischen knapp 400 Stromgrundversorger ihre Preise im Schnitt um 14 Prozent erhöht. Bei einem durchschnittlichen Verbrauch von 5000 Kilowattstunden muss ein Haushalt im nächsten Jahr mit zusätzlichen Kosten von im Schnitt 230 Euro rechnen.
Die stark steigenden Preise überfordern auch viele Versorger. Nach Angaben der Internetseite Verbraucherhilfe Stromanbieter sind bereits fünf Stromlieferanten insolvent, und zwölf haben ihren Kunden eine außerordentliche Kündigung geschickt, also die Stromversorgung eingestellt.
Anbieter stellt Versorgung ein: Kunden warten auf Auszahlung des Guthabens
Das musste auch Elena J. erfahren, die ihren Strom von Enstroga bezog. Eigentlich sollte der Vertrag noch bis März laufen. „Wir hatten auch schon einen neuen Versorger, weil wir jährlich wechseln“, sagt J. „Doch schon im Oktober stellte Enstroga die Lieferung ein, und wir fielen in die Grundversorgung von Vattenfall.“ Aufgrund von zu hohen Abschlägen hatte die Familie noch ein Guthaben von mehr als 600 Euro bei dem Versorger.
„Kunden von Enstroga und Elogico haben vor allem Probleme mit Preiserhöhungen und Guthabenauszahlung“, bestätigt Matthais Moeschler, der die Internetseite Verbraucherhilfe Stromanbieter betreibt. Doch auf E-Mails reagiert der Anbieter nicht, erzählt Elena J. „Erst als ich eine Verbraucherbeschwerde über die Bundesnetzagentur eingereicht hatte, erfolgte jetzt die Überweisung des Guthabens.“ Das Formblatt dazu kann auf der Internetseite der Bundesnetzagentur heruntergeladen werden.