Die Preise für Wohnungen und Häuser in Hamburg steigen rasant. Stadtteil, Wohnform und Zustand der Immobilie sind entscheidend.
- Immobilien: „Die Hamburger sind bis zur Halskrause verschuldet“
- Im Schnitt drohen in Hamburg Preisrückgänge von 30 bis 35 Prozent
- Für Eigentumswohnungen in Hamburg steigen die Preise schneller als für Einfamilienhäuser
Spannende Wahrheiten zu wichtigen Wirtschaftsthemen wie Immobilien: Neben der Pandemie beschäftigt aktuell wohl kaum ein anderes Thema die Hamburgerinnen und Hamburger mehr. Preise für Wohnungen und Häuser legen seit Jahren ungebremst zu. Lohnt sich jetzt noch ein Kauf? Die folgenden fünf Wahrheiten sollen Entscheidungshilfe leisten und zum Nachdenken anregen.
Hamburger Immobilienpreise steigen seit 2010
Sinkende Preise für Immobilien in Hamburg? Ja, in den Jahren von 2005 bis 2008 gab es das noch. 2004 kostete nach einem Preisatlas der Bundesgeschäftsstelle der Landesbausparkassen der Quadratmeter Wohnfläche einer Eigentumswohnung aus dem Bestand noch 2850 Euro, ein Jahr später brach der Preis auf 2050 Euro ein, und sogar in den Folgejahren gab es noch leichte Preiskorrekturen.
Die deutliche Aufwärtsentwicklung bei den Immobilienpreisen begann erst im Jahr 2010: Der Preis für eine Eigentumswohnung in Hamburg aus dem Bestand verteuerte sich damals um 8,5 Prozent, das Haushaltsnettoeinkommen der Hamburger stieg aber gleichzeitig nur um 2,9 Prozent auf 37.054 Euro.
Kluft zwischen Einkommens- und Immobilienpreisentwicklung
Bezogen auf eine 80 Quadratmeter große Eigentumswohnung, die 2010 176.720 Euro kostete, mussten dafür 4,8 Haushaltsnettoeinkommen aufgewendet werden. Im Jahr 2019 waren es bereits 7,5 Durchschnittseinkommen der Hamburger. Noch deutlicher wird die Kluft, wenn man die Einkommens- und Immobilienpreisentwicklung von 2005 bis 2019 vergleicht (siehe Grafik).
Das Einkommen stieg in diesem Zeitraum nur um 26,6 Prozent, die Immobilienpreise aber um 118,7 Prozent. Und seitdem haben Häuser und Wohnungen weiter stark an Wert gewonnen. Für das Haushaltseinkommen liegen die Daten des Statistischen Amtes für Hamburg und Schleswig-Holstein aber nur bis zum Jahr 2019 vor. Die 80 Quadratmeter große Wohnung kostet inzwischen nach den Daten der LBS Bausparkasse Schleswig-Holstein-Hamburg 457.840 Euro.
Immobilie kaufen: Staat verschenkt bis zu 75.000 Euro für Umbau
Der Staat fördert die Anschaffung einer eigenen Immobilie, wenn sie bestimmte energetische Anforderungen erfüllt. Für den Bau oder Kauf eines sogenannten Effizienzhauses vergibt die Förderbank KfW zu einem Zinssatz von unter einem Prozent bis zu 150.000 Euro Kredit und bietet zusätzlich Tilgungszuschüsse. Der Kreditnehmer muss dann nicht den gesamten Kreditbetrag zurückzahlen, sondern im besten Fall nur 112.500 Euro.
Der Umbau eines Bestandsobjektes zu einem sogenannten Effizienzhaus wird ebenfalls mit einem günstigen Kredit von bis zu 150.000 Euro gefördert. Davon können Wände gedämmt, Fenster ausgetauscht, die Heizung erneuert und andere energiesparende Maßnahmen finanziert werden.
Wenn der Energiebedarf nach der Sanierung zu mindestens 55 Prozent mit erneuerbaren Energien gedeckt wird, muss man sogar nur 75.000 Euro an den Staat zurückzahlen, bekommt also 75.000 Euro quasi geschenkt. Man sollte aber auch bedenken, dass der Staat vorher bei den Immobilienbesitzern über die Grunderwerbsteuer kräftig abkassiert hat. Wer in Hamburg eine Immobilie für 700.000 Euro erwirbt, zahlt 31.500 Euro an Grunderwerbsteuer. In Schleswig-Holstein sind es sogar 45.500 Euro.
Wer eine Immobilie in Hamburg kauft, geht hohe Risiken ein
In den acht größten Städten Deutschlands ist die Immobilienblase in Hamburg am stärksten aufgepumpt. Der Blasenindex des Forschungsinstituts Empirica hat in der Hansestadt die höchste Stufe erreicht. Wann genau die Immobilienblase platzt, kann nicht vorausgesagt werden, aber es ist klar, welche Folgen ein Platzen haben könnte: Steigende Zinsen, eine hohe, lang andauernde Inflation, die Immobilieneigentümer in Bedrängnis bringt, ihre Kreditrate pünktlich zu bezahlen, weil andere unvermeidbare Ausgaben für Strom oder Benzin extrem teuer werden. Zudem droht dann ein Konjunktureinbruch mit Jobverlust und deutlich geringeren Einkommen.
„Die Hamburger sind bis zur Halskrause verschuldet“, sagt Rainer Braun, Vorstand von Empirica. Nach den Daten des Baugeldvermittlers Dr. Klein nahmen sie im dritten Quartal durchschnittlich einen Immobilienkredit über knapp 500.000 Euro auf. Bei einem Zins von einem Prozent und einer anfänglichen Tilgung von zwei Prozent liegt die monatliche Kreditrate bei 1250 Euro. Rechnet man noch die Nebenkosten der Immobilie wie Strom, Heizung, Versicherungen und anderes mit dazu, ist die Belastung pro Monat schnell bei 1500 Euro.
Haus kaufen: Gefahr ist groß, dass sich viele übernehmen
„Die monatliche Belastung aus Zins und Tilgung, also der Kreditrate und der Nebenkosten, sollen 40 Prozent des verfügbaren Haushaltseinkommens nicht übersteigen“, sagt Dirk Scobel von der Verbraucherzentrale Hamburg. In diesem Beispiel müssten also mindestens 3750 Euro im Monat als Haushaltseinkommen zur Verfügung stehen.
Die Gefahr ist groß, dass sich viele übernehmen. Wenn nach zehn Jahren die Zinsbindung ausläuft, liegt die Restschuld noch bei 395.000 Euro. Sind die Zinsen bis dahin von einem auf zwei Prozent gestiegen, liegt die monatliche Belastung bereits bei 1316 Euro, also 66 Euro mehr als bisher. Steigt der Zins auf drei Prozent, klettert die Monatsbelastung auf 1645 Euro, rund 32 Prozent mehr als aktuell. Und sind die Immobilienpreise bis dahin gefallen, kann die neue Finanzierungsrunde für die Eigentümer noch kritischer werden. Die Bank kann dann zusätzliche Sicherheiten verlangen.
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Wohnung kaufen: In Hamburg steigen Preise schneller
Für Eigentumswohnungen in Hamburg steigen die Preise schneller als für Einfamilienhäuser. In den vergangenen fünf Jahren verteuerte sich das Wohnen auf der Etage um 49,3 Prozent, während die Preise für Einfamilienhäuser um 39,3 Prozent zulegten. Die Eigentumswohnungen würden nicht nur von Selbstnutzern, „sondern auch von großen Kapitalanlegern nachgefragt, die die Preise nach oben treiben“, sagt Braun von Empirica. Auch die Quadratmeterpreise zwischen beiden Wohnformen liegen nach dem LBS Immobilienmarktatlas deutlich auseinander: 5123 Euro für ein Haus und 6600 Euro für eine Wohnung.
Betrachtet man die Stadtteilebene wird der Unterschied noch deutlicher. In Sasel, wo selbst bewohnte Ein- und Zweifamilienhäuser die Regel sind, stiegen die Preise von 2016 bis 2021 um 48 Prozent auf einen Quadratmeterpreis von 5141 Euro. In der HafenCity liegt der Anstieg bei Eigentumswohnungen aus dem Bestand bei 67,5 Prozent, der Durchschnittspreis bei 11.057 Euro.
Kommt es nun zu einer Krise am Immobilienmarkt „wird das obere Preissegment am stärksten betroffen sein“, sagt Braun. Im Schnitt geht er von Preisrückgängen von 30 bis 35 Prozent aus. In der HafenCity haben nicht nur Selbstnutzer investiert, in einer Krise ist ein Notverkauf durch Selbstnutzer deutlich wahrscheinlicher. Diese werden in Sasel die Füße dagegen eher stillhalten, solange sie ihre Kreditrate bezahlen können. Außerdem werden Standorte für neue Einfamilienhäuser immer rarer oder sind sogar gar nicht mehr erwünscht. Doch der Traum vom eigenen Haus mit Garten hat sich in der Pandemie eher noch verstärkt. 61 Prozent der Hamburger wollen in einem eigenen Haus mit Garten leben, ergab jüngst eine Haspa-Umfrage.
Hamburg: Wann unsanierte Immobilien zur Kostenfalle werden
Rund 600.000 Euro kostet ein Einfamilienhaus mit 120 Quadratmeter Wohnfläche und einem ortsüblichen Grundstück im Schnitt in Hamburg. Angesichts des Anschaffungspreises dürften sich aber viele eine Sanierung kaum leisten können, dann droht eine Kostenfalle bei den laufenden Kosten. Grund ist unter anderem die CO2-Steuer von 25 Euro je Tonne seit Beginn des Jahres. Je nach Dämmung des Hauses liegen die jährlichen Mehrausgaben bei einer Gasheizung und einer Wohnfläche von 120 Quadratmetern zwischen 50 und 162 Euro jährlich. Wer noch mit Öl heizt muss bei einem hohen Energieverbrauch mit zusätzlichen Kosten von bis zu 237 Euro rechnen, ermittelte das Vergleichsportal Verivox.
„Vor allem Bewohner von unsanierten Häusern werden durch den CO2-Preis stark belastet“, sagt Thorsten Storck, Energieexperte von Verivox. Die Belastung steigt bis 2025 auf 55 Euro je Tonne CO2, wenn von der Ampelkoalition in Berlin nicht noch schärfere Bestimmungen kommen. Ein solcher CO2-Preis verteuert den Liter Heizöl um 17,4 Cent und die Kilowattstunde Erdgas um 1,3 Cent. In Hamburg müssen Hausbesitzer ohnehin auf eine energieeffiziente Heizung mit einem Anteil an erneuerbaren Energien umsteigen.
„Nach einem Heizungstausch muss in privaten Bestandsgebäuden seit 1. Juli ein Mindestanteil von 15 Prozent des Wärmeenergiebedarfs durch erneuerbare Energien gedeckt werden“, sagt ein Sprecher der Umweltbehörde. Diese Regelung gilt für Gebäude, die vor dem 1. Januar 2009 errichtet wurden. Und wer das Dach sanieren möchte, sollte sich beeilen, denn wer das in Hamburg nicht vor 2025 macht, muss auch gleich noch eine Fotovoltaikanlage darauf errichten.