Hamburg. Die Großbäckerei Harry-Brot verkauft ihre im Jahr 2002 gegründete Hamburger Tochterfirma. Das sind die Gründe.

Dass Backfactory einst als Brot- und Brötchen-Discounter begann, ist den Filialen des Hamburger Unternehmens heute nicht mehr anzusehen – längst wirken sie mehr wie moderne Schnellrestaurants. Neben belegtem Gebäck gehören Pizzaecken, Salate und Wraps zum Angebot.

Doch genau wegen dieser Ausrichtung verkauft die Schenefelder Großbäckerei Harry-Brot nun ihre Hamburger Tochterfirma. Diese hat bundesweit 89 Standorte, davon einen in der Feldstraße auf St. Pauli und einen in Ottensen. Sofern das Bundeskartellamt zustimmt, soll Backfactory zum 1. November an die Valora-Gruppe aus der Schweiz gehen. Das teilten Harry-Brot und Valora am Dienstag mit, zu den Details des Verkaufs machten sie aber keine Angaben.

Valora: Zum Schweizer Konzern gehören schon BackWerk und Ditsch

In Deutschland gehören bereits unter anderem die Selbstbedienungsbäckerei-Kette BackWerk und der Brezelbäcker Ditsch zu dem börsennotierten Schweizer Konzern, außerdem die Bahnhofsbüchereien Press & Books.

Nach der Gründung im Jahr 2002 als Selbstbedienungsbäcker habe sich Backfactory zum „Snack-Profi“ weiterentwickelt, heißt es von Harry-Brot. „Wir von Harry sehen unsere Kernkompetenzen im Backen und Distribuieren von Brot und Brötchen, weniger in der Systemgastronomie“, erklärt Frank Kleiner, Geschäftsführer bei Harry-Brot. „Deshalb haben wir uns entschlossen, Backfactory an ein zukunftsfähiges Unternehmen, die Valora Gruppe, zu verkaufen und somit den Weg für die langfristige Weiterentwicklung für Backfactory zu ebnen.“

Back-Factory hat 89 Filialen – und wurde hart von der Corona-Pandemie getroffen

Etwa ein Drittel der 89 Filialen werden von der Firma selbst betrieben, die anderen zwei Drittel von selbstständigen Franchise-Partnern. Insgesamt arbeiten bei Backfactory und an den Standorten rund 1100 Menschen.

Harry-Brot ist nach eigenen Angaben mit zuletzt knapp 4800 Beschäftigen Deutschlands „Marktführer in der Kategorie Brot und Backwaren“. Während der Umsatz im Corona-Jahr 2020 nur geringfügig von 1,056 Milliarden Euro auf 1,031 Milliarden Euro abnahm, hatten die Lockdowns „große Auswirkungen auf das Geschäft von Backfactory“, sagt Harry-Sprecherin Kathrin Krützfeldt.

Denn die Standorte der Tochterfirma zählen nicht zum Lebensmitteleinzelhandel, sondern zur Gastronomie – und waren somit für längere Zeit geschlossen. Eine Umsatz-Zahl für 2020 nennt Krützfeldt nicht. Laut Valora erzielte Backfactory im Jahr 2019 bei einem Außenumsatz von rund 80 Millionen Euro einen Betriebsgewinn von gut fünf Millionen Euro vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda).

Backfactory-Übernahme bring Valora in die Top 5 der deutschen Gastro-Konzerne

Mit der Übernahme von Backfactory wird Valora nach eigenen Angaben gemessen am Vorkrisenniveau künftig zu den Top 5 der umsatzstärksten Gastronomie-Unternehmen Deutschlands gehören, bisher war man unter den Top 10. „Der Ansatz von Backfactory ist mit dem Selbstbedienungskonzept und dem großen Angebot an kalten und warmen Snacks vergleichbar mit demjenigen unseres Backgastronomie-Formats BackWerk“, erklärt Thomas Eisele, Chef der Valora-Sparte Food Service. „Zudem ergänzt Backfactory unser deutsches Store-Portfolio der Marken BackWerk und Ditsch mit aktuell rund 500 Verkaufsstellen ausgezeichnet mit komplementären Standorten, und wir stoßen weiter an Innenstadt-Lagen vor.“

BackWerk, gegründet im Jahr 2001 in Düsseldorf, wurde 2017 für etwa 190 Millionen Euro vom Valora-Konzern übernommen. Damals hatte die Firma mit Sitz in Essen 304 Filialen in Deutschland, nach der Schließung renditeschwächerer Standorte sind es jetzt noch 286, davon neun in Hamburg – auch sie werden überwiegend von Franchise-Partnern betrieben. Eine ähnliche Konsolidierung durchlief Backfactory in den zurückliegenden Jahren: 2017 waren es 100 Filialen, der Umsatz betrug rund 100 Millionen Euro.

Valora setzt auf "krisenbedingte Marktkonsolidierung"

Dabei ist der Zeitpunkt für den Eigentümerwechsel von Backfactory wohl kein Zufall: „Wir wollen nicht nur in unser Kerngeschäft investieren, sondern auch von einer möglichen krisenbedingten Marktkonsolidierung profitieren“, kündigte Valora-Konzernchef Michael Mueller im Februar an. Zwar musste die Gruppe selbst aufgrund der Corona-Krise im vorigen Jahr einen Umsatzrückgang von 16 Prozent auf umgerechnet 1,56 Milliarden Euro hinnehmen, und sie rutschte in die roten Zahlen.

Im Juli hieß es aber, man werde in den nächsten sechs bis neun Monaten zur „Vorkrisen-Profitabilität“ zurückkehren. Den anhaltenden Einfluss der Homeoffice-Nutzung auf die Kundenzahlen wolle man unter anderem durch Kostensenkungen wettmachen.