Hamburg. Autogrill verhandelt exklusiv über Hamburger Bäckereikette mit 124 Filialen. Hinter dem Interessenten steht die Familie Benetton.

Auf der Homepage von Le Crobag kann man zwischen fünf Sprachen wählen: Auf Englisch, Französisch, Russisch, Polnisch und natürlich auf Deutsch verbreitet die Hamburger Firma ihre Botschaften. Italienisch ist nicht dabei – zumindest noch nicht. Vielleicht ändert sich das mit dem künftigen Eigentümer. Der Gastronomiekonzern Autogrill mit Sitz nahe Mailand greift nach der Bäckereikette. Die Tochter Autogrill Deutschland befindet sich in exklusiven Kaufverhandlungen mit dem Unternehmen aus Bahrenfeld.

„Ich freue mich, dass der Verkaufsprozess zu Ende geht, und denke, dass Le Crobag mit Autogrill einer guten Zukunft entgegengeht“, sagte Le-Crobag-Chefin Friederike Stöver dem Abendblatt. In diesen Wochen trifft sie sich mit den Autogrill-Managern und hofft, im ersten Quartal des Jahres den Vertragsabschluss (Closing) perfekt zu machen. Beim Bundeskartellamt läuft derzeit eine Prüfung des Fusionskontrollverfahrens.

Verkauf an den Gleisen

Die Ankündigung des Zusammenschlusses erfolgte bereits kurz vor Weihnachten – hierzulande hat dies die Öffentlichkeit aber kaum wahrgenommen. Deutschland sei einer der führenden Gastronomiemärkte in Europa, auf dem Autogrill seine Präsenz verstärken wolle, sagte Gianmario Tondato Da Ruos, Vorstandschef von Autogrill. „Die Übernahme von Le Crobag stellt für uns eine Gelegenheit dar, auf den größten Bahnhofsmarkt Europas vorzudringen.“

Die Bahrenfelder sind spezialisiert auf den Verkauf an den Gleisen. In Berlin sind alle 28 Filialen an Bahnhöfen. In Hamburg gibt es unter den 23 Läden drei Cityshops und einen in der Europa Passage, die restlichen 19 sind in Zugnähe. Dort hat das Unternehmen auch seinen Ursprung. In der Wandelhalle des Hauptbahnhofs am Glockengießerwall fing im Frühjahr 1981 die Geschichte an. Noch unter dem Namen Le Croissant eröffnete Christian Knoop-Troullier seinen ersten Stand. Nach und nach expandierte die Firma, zunächst in der Bundesrepublik, später ging es nach Österreich, Polen und Russland. Frisch gebacken und französisch soll das Sortiment laut Homepage sein.

1300 arbeiten Menschen für die Kette

Das klassische Buttercroissant gehört ebenso dazu wie andere Croissants sowie Baguettes und Sandwichs in verschiedenen Varianten. Aktuell gibt es 124 Filialen, die in Eigenregie und von Franchisenehmern betrieben werden. Insgesamt arbeiten 1300 Menschen für die Kette. „Für Filialen und Mitarbeiter soll sich nichts ändern“, sagt Stöver zu den laufenden Verhandlungen. Auch die Marke soll erhalten bleiben.

Aber warum steht Le Crobag überhaupt zum Verkauf? Schließlich hatte die Soufflet-Gruppe erst 2014 die Hamburger beim Kauf der Muttergesellschaft Neuhauser komplett geschluckt. Stöver wollte sich dazu nicht äußern. Aus der Branche hört man, dass Le Crobag nicht zum übrigen Geschäft von Soufflet gepasst habe.

Viel Erfahrung

Der französische Agrarkonzern handelt beispielsweise mit Malz, Getreide sowie Reis – und ist auf den Großhandel spezialisiert –, da passten die Hamburger mit ihrem Endkundengeschäft und einem Durchschnittsbon um die drei Euro nicht ins Portfolio. „Wir sind froh, Le Crobag einer internationalen Gesellschaft zu übertragen, die viel Erfahrung im Speisen- und Getränkegeschäft hat“, sagt Jean-Michel Soufflet, Vorsitzender des Verwaltungsrats der Soufflet-Gruppe.

Autogrill ist seit 2005 auf dem deutschen Markt aktiv. Zunächst wurden Betriebe an Flughäfen übernommen, so 2007 auch in Hamburg-Fuhlsbüttel. Am Helmut-Schmidt-Flughafen werden bei Puro Gusto in Terminal 1 auf der Abflugebene italienische Kaffeespezialitäten und Snacks angeboten. Vor neun Jahren kamen Gaststätten von Tank & Rast hinzu, derzeit werden 32 Raststätten in der Bundesrepublik betrieben. Der italienische Mutterkonzern bezeichnet sich als der weltweit führende Anbieter von Gastronomieleistungen im Reisesektor.

Unternehmen will auch in Zukunft wachsen

Das börsennotierte Unternehmen ist in 31 Ländern präsent und hat weltweit 4000 Verkaufsstellen, wie in Deutschland vor allem an Flughäfen, Autobahnen und rund 50 Eisenbahnstationen. Autogrill hat Dutzende eigene Marken und Hunderte in Lizenz wie Pizza Hut, Starbucks und Burger King. Als das Staatsunternehmen in den 1990er-Jahren privatisiert wurde, sicherte sich die Familie Benetton die Mehrheit, die dank der gleichnamigen Textil- und Modekette weltbekannt ist.

Le Crobag ist in den vergangenen Jahren vom einstigen Wachstumskurs abgekommen. Laut Internetseite gab es Ende 2013 mit 126 Geschäften sogar zwei mehr als aktuell. Beim Umsatz findet sich aber eine positive Tendenz. Die Erlöse legten seitdem von 81 Millionen Euro auf 87,8 Millionen Euro im Jahr 2016 zu. Man habe Filialen eröffnet, umgebaut und einige geschlossen, sagte Stöver. „Der Umsatz pro Fläche entwickelt sich positiv. Ich bin froh, dass wir das schaffen.“ Die Konkurrenz ist groß: Fast-Food-Konzern McDonald’s, Coffeeshopketten wie Starbucks und Billiganbieter wie Back-Factory verkaufen längst auch belegte Baguettes, Croissants und Snacks.

Neue Geschäfte

Neue Geschäfte soll es trotzdem geben. In Hamburg machte Le Crobag vor acht Wochen die umgebaute Filiale am S-Bahnhof Barmbek auf. Zwei Jahre war der Betrieb wegen der Baustelle in einem Provisorium untergebracht, nun bezog er seine neuen Räume. „Wir würden gerne am Schlump eröffnen“, sagt Stöver und wiederholt damit einen Standortwunsch, den sie seit Jahren hegt. Auch in die Ferne zieht es das Unternehmen. Mit einem Franchisenehmer sei ein Vertrag für ein Geschäft in Dubai geschlossen worden. Wann es eröffnet wird, ist noch unklar. Als nächste Sprache könnte dann die Website auf Arabisch erscheinen.