Hamburg. Hamburgs Wirtschaftssenator Westhagemann pflanzt Setzlinge auf Billwerder Insel. Warum Umweltschützer das Projekt kritisieren.
Der Schierlings-Wasserfenchel hat in Hamburg eine neue Heimat gefunden. Am Montag pflanzte Wirtschaftssenator Michael Westhagemann eine der letzten von rund 1700 Pflanzen auf der Billwerder Insel an der Norderelbe.
Damit findet eine der größten Ausgleichsmaßnahmen für Naturschäden durch die Elbvertiefung ihr Ende. In dieser Woche werden die letzten Pflanzen des vom Aussterben bedrohten Schierlings-Wasserfenchels in einem extra geschaffenen Flachwasser-Wattgebiet gesetzt.
Schierlings-Wasserfenchel durch Elbvertiefung bedroht
In zwei Becken des ehemaligen Wassergewinnungswerks Kaltehofe ist in den vergangenen Jahren auf etwa sieben Hektar eine künstliche Auenlandschaft mit Prielen und Inselchen zur Rettung des Vorkommens der seltenen Pflanze entstanden.
Umweltschützer hatten in der Vergangenheit geltend gemacht, dass die natürlichen Uferzonen des Schierlings-Wasserfenchels durch die Ausbaggerung der Elbe bedroht werden würden und gegen das Bauprojekt geklagt.
Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig genehmigte die Elbvertiefung zwar im Grundsatz, erklärte den Planfeststellungsbeschluss aber nicht für vollziehbar, weil auch die Richter Bedenken hatten. Der Schierlings-Wasserfenchel kommt nämlich nur an den Elbufern bei Hamburg vor. Erst mit der Schaffung weiterer Ausgleichsflächen wurde die Elbvertiefung genehmigt.
Westhagemann bezeichnet Projekt als Erfolg
Am Montagvormittag legte der parteilose Wirtschaftssenator Michael Westhagemann zusammen mit dem Geschäftsführer der Hamburg Port Authority (HPA), Jens Meier, selbst bei der Anpflanzung der letzten Setzlinge Hand an.
Er bezeichnete das Projekt als einen Erfolg: „Die Pflanzen nehmen das neue Flachwassergebiet an. Damit gelingt es uns, den Schierlings-Wasserfenchel zu erhalten. Insgesamt 1100 Pflanzen waren im letzten Jahr gesetzt worden. Nun kommen noch einmal 600 hinzu."
Durch einen zehn Meter breiten Stichkanal in den Holzhafen ist das Gebiet an das Tidegeschehen der Elbe angebunden. Insgesamt hat die Ausgleichsmaßnahme 11,1 Millionen Euro gekostet, etwa 1,9 Millionen Euro weniger als zunächst veranschlagt.
Umweltschützer üben scharfe Kritik
Fertig ist das Projekt mit der Anpflanzung der letzten 600 Setzlinge aber nicht. Für weitere 16 Jahre muss das Naturschutzgebiet überwacht werden, um festzustellen, ob der Schierlings-Wasserfenchel hier auf Dauer heimisch wird.
Was wie ein Kompromiss zwischen Naturschutz und der Elbvertiefung wirkt, ist für Umweltschützer der blanke Hohn. Laut dem Bündnis Lebendige Tideelbe, in dem sich die Umweltverbände BUND, Nabu und WWF zusammengeschlossen haben, ist das Projekt völlig wirkungslos.
„Mit der Pflanzaktion vor der Kamera wird die Öffentlichkeit bewusst genarrt, um die Schäden der Elbvertiefung kleinzureden“, sagt die BUND-Vorsitzende Christiane Blömeke und fügt hinzu: „Wäre die Hamburg Port Authority davon überzeugt, dass die neuen Flächen ein geeigneter Ersatzlebensraum sind, dann bräuchte sie die Pflanzung nicht. Der Schierlings-Wasserfenchel käme aufgrund der Samen im Elbwasser ganz von allein.“
Salzige Nordseewasser bedroht Lebensraum der Pflanze
Deswegen fordern die Umweltschützer die Rücknahme der letzten Elbvertiefung. Nur so könne verhindert werden, dass der seltene Schierlings-Wasserfenchel ausstirbt.
Der Doldenblüter kommt laut der Umweltschützer weltweit nur an der Tideelbe vor. Die Pflanze wird bis zu zwei Meter hoch, zwei Jahre alt und blüht nur im zweiten Jahr. Dabei hat es der Schierlings-Wasserfenchel gern schattig und wurzelt im Schlick, der im Wechsel der Gezeiten regelmäßig von Wasser überspült wird und dann wieder trockenfällt.
Empfindlich reagiert die Pflanze auf das salzige Nordseewasser, das mit der Fahrrinnenanpassung weiter als bisher in die Elbe dringt und letztlich den wohl letzten Lebensraum der selten Pflanze zerstört.
Auch Malte Siegert, Vorsitzender des NABU Hamburg ist empört: "Während die Verschlickung der Elbe weiter zunimmt, der Stadt die zu entsorgenden Schlickmengen über den Kopf wachsen und die Elbfische bei Sommerhitze tonnenweise ersticken, lassen sich die Verantwortlichen mit dem Spaten fotografieren."
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Die sogenannte "Ausgleichsmaßnahme für die Fahrrinnenanpassung" sei ein Botanischer Garten für die extrem bedrohte und weltweit nur in Hamburg vorkommende Pflanze. Als Ausgleich für die im Rahmen der Elbvertiefung auf weite Strecken erheblich beeinträchtigten Tide-Lebensräume tauge diese Maßnahme jedoch nichts.