Hamburg. Erst freute sich N’deye Fall-Kuete über einen Deal mit Dagmar Wöhrl – doch jetzt braucht sie einen großen Vertrauensvorschuss.
N’deye Fall-Kuete ist eine fröhliche Frau. Sie lacht gern und oft, auch über sich selbst. Zum Beispiel, wenn sie über ihren kleinen Putzfimmel erzählt. „Eigentlich bin ich ständig dabei, irgendwas wegzuwischen und sauber zu machen“, sagt sie. Sogar in der „Höhle der Löwen“ hat sie noch schnell zum Küchenpapier gegriffen, bevor sie der fünfköpfigen Investorenrunde um Ralf Dümmel eine Portion Reis mit einer ihrer afrikanischen Saucen servierte.
Am Montagabend war der Auftritt der Hamburgerin in der Start-up-Show im TV-Sender Vox zu sehen. Aufgezeichnet wurde die Sendung bereits im Frühjahr 2020. Seitdem ist viel passiert, was im Fernsehen nicht zu sehen war. Die Frau, die 2005 aus dem westafrikanischen Togo nach Hamburg kam und seitdem darum kämpft, nach oben zu kommen, sich ihren Traum vom Unternehmerinnendasein zu erfüllen und ihren beiden Töchtern und sich selbst eine gesicherte Zukunft zu schaffen, hat reichlich Rückschläge einstecken müssen – und lässt sich trotzdem nicht entmutigen.
Hoffen auf hohe Nachfrage nach Auftritt in "Die Höhle der Löwen"
Vielleicht ist der Auftritt in der Löwenhöhle die letzte Chance, ihre selbst produzierten Saucenkreationen zu einem wirtschaftlichen Erfolg zu machen und – je früher desto besser – in die Regale deutscher Supermärkte zu bringen. Nach der Sendung bricht über so gut wie jede junge Firma, die sich dort präsentiert, ein Orkan von Bestellungen herein. Ein Teil der Wahrheit in der Geschichte einer Frau, die immer wieder aufsteht und weitermacht, ist aber auch, dass N’deye Fall-Kuete ausgerechnet jetzt in einem Insolvenzverfahren steckt.
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Der Reihe nach: Anfangs läuft es gut in der Löwenhöhle. Es gibt viel Lob von den Investoren. Für ihren Mut und ihre Willenskraft, für den mal fruchtigen, mal scharfen Geschmack ihrer acht verschiedenen Saucen. Die Rezepte sind das Erbe ihrer Großmutter, bei der sie in Togo aufgewachsen ist. Doch den meisten Löwen ist es doch zu heikel 130.000 Euro für 25 Prozent der Anteile in ein noch in den Kinderschuhen steckendes Geschäftsmodell zu investieren. Georg Kofler, Nils Glagau, Carsten Maschmeyer, Ralf Dümmel – alle steigen aus.
Dagmar Wöhrl sagt Ndeyefoods von Hamburger Gründerin 130.000 Euro zu
Bei aller Fröhlichkeit – N’deye Fall- Kuete ist auch nah am Wasser gebaut. Als Dagmar Wöhrl in der Sendung schließlich 130.000 Euro zusagt, fließen bei der Hamburgerin die Freudentränen ungehemmt. Dabei hat Wöhrl nur ein Versprechen mit vielen Wenns und Abers gegeben: „Ich verstoße gegen alle meine Grundsätze, trotzdem können wir es versuchen. Aber es wird sehr schwierig“, sagt die Familienunternehmerin aus Bayern. Es ist eine Zusage mehr aus Mitleid, weniger aus Überzeugung.
Im richtigen Leben gibt es dieses Geschäft dann gar nicht. „Noch nicht“, betont N’deye Fall-Kuete. Es sei vorerst nicht der richtige Zeitpunkt für ein Investment von Wöhrls Firma bei Ndeyefoods, lautet die gemeinsame Sprachregelung. „Es geht erstmal darum, das Unternehmen größer zu machen. Ich bin überzeugt, dass Dagmar einsteigen wird. Sonst hätte sie mich in den vergangenen Monaten nicht so sehr mit guten Tipps und neuen Kontakten unterstützt“, sagt N’deye Fall-Kuete dem Abendblatt wenige Tage vor der Ausstrahlung.
Löwin Dagmar Wöhrl: Schon Deal mit Kulero klappte nicht
Das Wöhrl-Unternehmen beschreibt die künftige Zusammenarbeit weniger eindeutig: „Sowohl die Gründerin wie auch ihre Löwin sind glücklich mit der Entscheidung und wollen in der Zukunft weiter gemeinsame Wege gehen“, heißt es in einer Erklärung der Wöhrl-Firma.
Schon wieder ein Wöhrl-Deal, der im TV zustande kommt, in der Realität dann aber doch nicht. So war es jüngst bereits beim Göttinger Start-up Kulero, das essbares Besteck entwickelt hat. In diesem Fall allerdings war es Gründer Hemant Chawla, der das vereinbarte Investment nach der Sendung absagte.
N’deye Fall-Kuete macht auch ohne die 130.000 Wöhrl-Euro weiter. Sie entwickelt ein neues Etikettendesign, benennt die Saucen um, wie es ihr Maschmeyer nach der Sendung geraten hat. Sie heißen jetzt so, dass ein Käufer gleich weiß, was drin ist: Möhren Chili, Erdnuss Senf, Mango Chili, Ingwer Mango Apfel oder Ananas Limette Senf.
Hamburger Gründerin muss Insolvenz beantragen
Keine Konservierungsstoffe und Geschmacksverstärker, kein Zuckerzusatz. Die Jungunternehmerin gestaltet ihren Onlineshop neu, sie versucht, die Gläschen mit 165 Gramm Inhalt, die pro Stück sieben Euro kosten, bei Festivals und auf Ethno-Märkten zu verkaufen. Doch die finden wegen der Pandemie nicht statt. „Ich habe in den vergangenen zwölf Monaten etwa 1000 Stück verkauft“, sagt N’deye Fall-Kuete. 7000 Euro Umsatz in einem Jahr also. Es ist schwierig.
Und obwohl sie ihre Produktionsküche, in der sie pro Tag etwa 250 Gläser befüllen kann, im November vergangenen Jahres aufgibt, wird irgendwann offenbar das Geld knapp. Am 17. Februar 2021 beantragt N’deye Fall-Kuete beim Amtsgericht Hamburg ein Insolvenzverfahren wegen Zahlungsunfähigkeit über ihr Vermögen. Das Verfahren wird am 21. April eröffnet. So ist es seit dem 23. April in den Insolvenzbekanntmachungen des Justizportals zu lesen.
N'deye-Fall Kuete will jeden Onlinekunden beliefern
Von sich aus spricht N’deye-Fall Kuete nicht über das Insolvenzverfahren. Für sie ist das nicht wirklich relevant. „Jeder Kunde, der im Onlineshop bestellt, wird beliefert“, verspricht sie. Und wenn sie wegen hoher Nachfrage zunächst nicht liefern könne, werde sie die Besteller darauf hinweisen. Da sei Ndeyefoods nicht das erste junge Unternehmen, das das so mache. So sieht sie das.
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Klar ist: Betreiber des Onlineshops ist eine Ndeyefoods UG. Diese Unternehmergesellschaft ist nicht Teil des Insolvenzverfahrens. Und es gibt Bezahlmöglichkeiten, bei denen das Geld erst mit 30 Tagen Verzögerung der Firma gutgeschrieben wird. Aber auf die Frage, wie groß das Risiko für Kunden ist, gibt es derzeit eben auch keine ganz eindeutige Antwort.
Es ist wohl schlicht so: Wenn sie ihren Traum verwirklichen will, braucht N’deye Fall-Kuete jetzt Menschen, die großes Vertrauen haben. So wie sie in sich selbst. Sie sagt: „Ich bin Optimistin, ich sehe die Chancen und das Positive.“