Berlin. Die Corona-Pandemie verändert den Arbeitsmarkt. Langfristig werden sich Berufe verändern. Diese Jobs könnten künftig gefragt sein.

Wenn die Corona-Krise abebbt, die Impfungen zulegen und das Leben allmählich in seine normalen Bahnen zurückkehrt, macht wohl die Wirtschaft einen Sprung. Die Bundesregierung hob in dieser Woche bereits ihre Konjunkturprognose an.

Das Bruttoinlandsprodukt wird nach der Schätzung der Regierung in diesem Jahr nicht mehr nur um 3,0 Prozent, wie bisher angenommen, wachsen. Es soll um 3,5 Prozent nach oben gehen, das Vorkrisenniveau spätestens im kommenden Jahr erreicht werden.

Auch die Job-Prognose der Bundesagentur für Arbeit hellt sich auf. 2,77 Millionen Menschen waren im April ohne Job, 56.000 weniger als noch im März. „Die anhaltenden Einschränkungen in vielen Bereichen bremsen die Erholung zwar, führen aber insgesamt zu keinen neuen Belastungen“, sagte der Vorstandschef der Bundesagentur, Detlef Scheele, bei der Vorstellung der jüngsten Arbeitslosenstatistik am Donnerstag.

Im Gegenteil. Nach Angaben der Bundesagentur für Arbeit zieht die Nachfrage nach Arbeitskräften bereits wieder an, es gibt mehr offene Stellen als noch im Vorjahr. Das regelmäßig veröffentlichte Arbeitsmarktbarometer des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) der Bundesagentur stieg sogar auf den höchsten Stand seit Mai 2019.

Was bedeutet das allerdings konkret für einzelne Berufe und Qualifikationen in den kommenden Jahren? Welche Jobs werden noch gefragt sein, welche nicht? Unsere Redaktion beantwortet die wichtigsten Fragen.

Wie könnte sich die Zahl der Arbeitsplätze entwickeln?

Zwischen 2025 und 2040 fehlen möglicherweise rund 200.000 Stellen pro Jahr, berechnete das IAB kürzlich. Diese Prognose ergibt sich im Vergleich zu einer früher geschätzten Entwicklung ohne größere Corona-Auswirkungen.

Da die Zahl der hiesigen Erwerbstätigen in den kommenden zwei Jahrzehnten bei durchschnittlich 44 Millionen liegt, ist das Minus jedoch nicht dramatisch. Es bewegt sich in der Größenordnung von 0,5 Prozent der Arbeitsplätze. Ein wichtiger Grund besteht darin, dass sich die Pandemie insgesamt etwas dämpfend auf die Wirtschaft und das Bruttoinlandsprodukt auswirken könnte.

In welchen Berufen werden die Aussichten schlechter?

Etwas weniger Beschäftigung könnte es unter anderem in diesen Branchen geben: Einzelhandel, Gastronomie, Hotels, Tourismus, Reinigungsgewerbe und bei manchen Dienstleistern, die solchen Unternehmen zuarbeiten.

Die Jobverluste im Einzelhandel im Vergleich zur bisherigen Prognose schätzt das IAB auf etwa 38.000 im Jahr 2040, im Reinigungsgewerbe auf knapp 30.000 und in der Gastronomie auf 25.000. Wohlgemerkt: Trotzdem wird es weiterhin sehr viele Arbeitsplätze in den einzelnen Bereichen geben. Allerdings könnte es etwas schwerer werden, dort eine Stelle zu finden.

Welche sind die Gründe?

Seit März 2020 arbeiten deutlich mehr Beschäftigte ganz oder zeitweise zu Hause. Zur Koordination mit ihren Kolleginnen und Kollegen organisieren sie Videokonferenzen. Daraus ergibt sich vielleicht auch langfristig ein geringerer Bedarf an Dienstreisen, also an Hotelübernachtungen und Restaurantbesuchen.

Die geringere Nachfrage hat Folgen: Reinigungsdienste werden ebenfalls weniger gebraucht. Weil zudem viele Geschäfte geschlossen waren oder sind, bestellen die Leute mehr Produkte im Online-Handel. Der Einzelhandel braucht weniger Arbeitskräfte, der rationellere Online-Handel macht die Verluste aber nicht wett.

Wo gibt es mehr Jobs?

Als Beispiele für profitierende Branchen nennt das IAB unter anderem häusliche Dienste, Sozialwesen, öffentliche Verwaltung sowie Firmen, die irgendetwas mit Digitalisierung zu tun haben. Weil die Pandemie Defizite in der Gesundheitsversorgung gezeigt hat, könnten in der medizinischen Forschung, Entwicklung, Produktion und Betreuung mehr Stellen entstehen. Auch beispielsweise die öffentlichen Gesundheitsämter brauchen mehr Leute.

Außerdem ist die Digitalisierung des Arbeitslebens nicht zu bewältigen ohne Expertinnen und Experten, die Konferenz-Software schreiben, die dafür nötigen Computer installieren und das Internet ausbauen.

Die Digitalisierung erhält durch die Pandemie einen Schub. Dieser Schub wird viele Jobs in der Informationstechnik bringen.
Die Digitalisierung erhält durch die Pandemie einen Schub. Dieser Schub wird viele Jobs in der Informationstechnik bringen. © Shutterstock/Gorodenkoff | gorodenkoff

Ist das alles neu?

Nein. „Teilweise wirkt die Corona-Krise als Katalysator bereits bestehender Trends“, sagt Simon Junker von Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW). Die Digitalisierung und die Verlagerung von Einkäufen in den Online-Handel sind ohnehin im Gange, Corona beschleunigt sie. Weil die geburtenstarken Jahrgänge ins Rentenalter kommen, steigt der Bedarf an häuslichen Diensten und Pflegeleistungen. Die Erfahrung der Pandemie ist ein weiterer Grund, die Gesundheitsversorgung zu verbessern.

Auf zusätzliche Veränderungen – neben der Klimapolitik – muss sich möglicherweise auch die in Deutschland stark vertretene Autoindustrie einstellen: Wenn weniger Leute täglich zur Arbeit fahren, brauchen sie vielleicht keinen eigenen Wagen mehr.

Und die Luftfahrtindustrie muss sich eventuell daran gewöhnen, dass weniger Firmenvorstände mal eben von München nach Hamburg oder von Frankfurt nach New York fliegen. Manchmal wird das auch künftig nötig sein, aber nicht mehr so oft wie früher.