Berlin. Selbst auf Campingplätzen dürfen wegen Corona derzeit nur Dauercamper übernachten. Trotzdem kaufen viele jetzt ein neues Wohnmobil.

Der Campingplatz Hörnum auf Sylt ist für die Sommerferien jetzt schon ausgebucht. Ob die Urlauber jedoch an die Nordsee und ihr Traumziel hinter den Dünen reisen dürfen, ist ungewiss. Aktuell ist der Platz nur für Dauercamper geöffnet. Über ein Reiseverbot für ganz Deutschland wird auch immer wieder diskutiert.

Alle anderen Touristen dürfen nicht auf das Gelände, auch wenn sie mit eigenem Wohnmobil anreisen würden, sagt der Platzverwalter Rainer Dehn. Dies schreiben die Corona-Regeln von Schleswig-Holstein vor. Viele Campingplätze in Deutschland bleiben unterdessen an Ostern und in den nächsten Wochen ganz dicht – da die Bundesregierung touristische Übernachtungen bis zum 18. April untersagt hat.

Corona: Manche Campingplätze sind im Sommer schon ausgebucht

Der Urlaub auf dem Campingplatz oder mit dem Reisemobil wird schon seit Jahren immer beliebter und hat mit der Corona-Krise einen weiteren Aufschwung erlebt. Angesichts der Reisebeschränkungen und Hygieneregeln betrachten viele einen flexiblen Urlaub am Meer oder in den Bergen als ideale Alternative zu Hotels und Pensionen an festen Standorten.

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    „Mit dem eigenen Hausstand auf Reisen zu gehen, bietet vielen Menschen die Möglichkeit, sich zu isolieren und gleichzeitig dem Alltag zu entfliehen“, berichtet Christian Günther, Geschäftsführer des Bundesverbands der Campingwirtschaft in Deutschland (BVCD). Und dieser Trend setze sich auch in diesem Jahr fort. „Viele Campingplätze sind für die Feiertage und Ferien schon lange im Voraus gut gebucht.“ Eine weitere Buchungswelle werde erwartet, sobald es konkrete Öffnungsperspektiven für Campingplätze gebe.

    Corona-Pandemie beschleunigt die Nachfrage nach Wohnmobilen

    Einen wahren Boom erleben auch Hersteller von Reisemobilen und Wohnwagen. 2020 wurden in Deutschland erstmals mehr als 107.000 Freizeitfahrzeuge zugelassen – ein Drittel mehr als im Vorjahr und ein neuer Rekord. Besonders gefragt waren Reisemobile: 78.000 Fahrzeuge wurden neu zugelassen und damit 45 Prozent mehr als im Vorjahr. Der Umsatz der Branche kletterte um sechs Prozent auf 12,5 Milliarden Euro.

    Der Trend scheint ungebrochen. Allein Knaus Tabbert, einer der drei führenden europäischen Caravan-Hersteller, hat einen Rekordauftragsbestand von 18.736 Fahrzeugen im Wert von 640 Millionen Euro in den Büchern, berichtet Wolfgang Speck, Vorstandschef des börsennotierten Konzerns. 2020 kletterte der Konzernumsatz um 1,8 Prozent auf 794,6 Millionen Euro, für 2021 werde ein Umsatzplus von 20 bis 22 Prozent erwartet. Die Produktion soll erweitert werden, ein erstes vollelektrisches Fahrzeugmodell sei in Planung.

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    Caravan-Branche erwartet für Europa hohe Wachstumsraten

    „Der europäische Caravan-Markt steht vor einer nie gekannten Dynamik“, sagt Speck. Der europäische Markt dürfte nach einer Prognose der Branche bis 2025 jährlich um durchschnittlich 7,1 Prozent zulegen, der Bereich der Reisemobile sogar um 9,9 Prozent pro Jahr. Der größte Wachstumstreiber sei der deutsche Markt, wo sogar ein Plus von 14 Prozent pro Jahr erwartet wird, wie eine Studie des Caravaning-Industrie-Verbands Deutschland (CIVD) ergab.

    Wer einen eigenen Caravan kaufen möchte, muss tief in die Tasche greifen. In der Regel kosten gut ausgebaute Reisemobile ab 50.000 Euro. Wohnwagen gibt es ab 10.000 Euro. Nach oben hin sind wenig Grenzen gesetzt. Luxusmodelle können gerne auch mehrere Hunderttausend Euro kosten.

    Mieten statt kaufen: Wohnmobil per App buchen

    Wer Anschaffungskosten scheut, kann auch mieten – etwa über die Plattform Rent and Travel, die von Knaus Tabbert betrieben wird. Viele Fahrzeuge sind auch dort schon reserviert, sagt Firmensprecher Stefan V. Diehl. „Wer noch diesen Sommer ein Fahrzeug bekommen möchte, sollte jetzt buchen.“

    Caravaning wird von allen Altersklassen genutzt. Besonders groß ist das Interesse der 25- bis 44-Jährigen, von denen jeder fünfte von dieser Reiseform begeistert ist, wie eine repräsentative Umfrage zeigt. Aber auch jeder zehnte über 65-Jährige mag Urlaub auf Rädern.

    Damit die Menschen ihre Liebe zum Campen bald wieder ausleben können, hofft BVCD-Chef Günther, dass Camping- und Wohnmobilstellplätze bei künftigen Corona-Öffnungskonzepten endlich mit einbezogen werden. Jeder Baumarkt und Friseur wisse, unter welchen Bedingungen der Betrieb funktionieren könne, „aber eine kontaktarme Outdoor-Urlaubsform wie Camping findet in der Diskussion gar nicht statt“.