Berlin. Die Pandemie hat den Alltag verändert. Nicht nur Online-Handel und Videokonferenz-Dienstleister profitieren von den neuen Bedürfnissen.

Jeder spürt den Wandel: Die Corona-Pandemie hat mit ihren Abstands- und Hygieneregeln den Alltag aller verändert – privat und geschäftlich. Der vorübergehende Lockdown und Reiseverbote haben zur schwersten Wirtschaftskrise in Deutschland geführt. Besonders stark getroffen sind die Luftfahrt, der Tourismus, die Gastronomie, die Kultur, aber auch die Autoindustrie. Ökonomen prognostizieren bereits viele Insolvenzen und Jobverluste.

Doch es gibt nicht nur Verlierer. Die Krise hat auch neue Verhaltensweisen und Bedürfnisse hervorgebracht. Der Online-Handel oder Video-Konferenzen wurden zur neuen Normalität. Damit stiegen auch die Umsätze mancher Unternehmen. Berufe – wie Verkäufer, Lkw-Fahrer oder Krankenpflegekräfte – wurden als systemrelevant identifiziert. Wer zählt zu den Gewinnern der Krise?

Die Gewinner der Corona-Krise: Online-Handel

Zu Beginn der Pandemie sind die meisten Läden geschlossen worden. Online-Einkäufe wurden zur Alternative. Der Online-Einzelhandel hat vor allem zwischen April und Juni ein gigantisches Umsatzplus von 51,2 Prozent erzielt, im ersten Halbjahr betrug das Plus 35,7 Prozent, berichtet der Bundesverband E-Commerce und Versandhandel Deutschland (bevh).

Fast jeder zweite Konsument hat mehr online bestellt, jeder Zehnte erstmals im Internet eingekauft, wie eine bevh-Umfrage ergab. Gefragt waren vor allem Dinge des täglichen Bedarfs wie Lebensmittel, Tierbedarf, Medikamente, Haushaltsgeräte und IT-Geräte.

Deutlich weniger werden bis heute Mode oder Schuhe eingekauft. Im Homeoffice braucht eben niemand neue Anzüge oder Kostüme, auch festliche Kleidung ist weniger gefragt, da private Feiern ausfallen und auch Clubs geschlossen sind. Amazon – als weltgrößte Online-Handelsplattform – steigerte den Umsatz im zweiten Quartal um 40 Prozent auf 88,9 Milliarden Dollar.

Paket- und Lieferdienste

Vom Online-Handel profitieren auch die Paketdienste. Die Deutsche Post und Hermes lieferten im Frühjahr Rekordmengen an Paketen aus. Im April hatte die Post teilweise so viele Sendungen wie sonst nur zur Weihnachtszeit. Der Lieferdienst Delivery Hero verdoppelte wegen des weltweiten Bestellbooms im ersten Halbjahr seinen Umsatz. Lesen Sie dazu auch: Zahl der Post-Beschwerden steigt in Coronakrise deutlich an

Videokonferenzen

Die Anbieter von Videokonferenz-Systemen (Zoom, Cisco, Microsoft Teams, Google Meet, Jitsi Meet) und Chat-Software (Slack) haben ihre Kundenzahl und Umsätze seit Ausbruch der Corona-Pandemie deutlich steigern können. Viele Beschäftigte arbeiten im Homeoffice, Videoschalten ersetzten Dienstreisen und Kundenbesuche. Die Videokonferenz-Firma Zoom konnte ihren Umsatz im zweiten Quartal auf 663,5 Millionen US-Dollar mehr als verdreifachen, dazu kletterte der Börsenkurs deutlich.

Netflix

Was tun auf dem Sofa im Lockdown? Viele spielten Online-Spiele, hörten Musik oder sahen Filme. Die Filmplattformen – Netflix, Apple, Amazon Prime – konnten viele neue Kunden gewinnen. Lesen Sie dazu: Netflix für nix: Streamingdienst startet neues Gratisangebot

Elektronikartikel

Ob für die Schule, das Büro oder fürs Amüsement: Elektronische Geräte wurden in der Corona-Krise besonders häufig eingekauft. Stark gefragt waren Spielekonsolen (plus 23,9 Prozent), Audio- und Video-Zubehör (plus 16,3 Prozent), Computer (plus 13,6 Prozent), Notebooks (plus 28,1 Prozent) und Monitore (plus 46,8 Prozent), berichtet der Branchenverband gfu. Küchen wurden aufgerüstet: 2,7 Prozent mehr Großgeräte wie Kühlschränke oder Waschmaschinen wurden bestellt, die Umsätze von Kleingeräten stiegen um 10,4 Prozent.

Fahrräder und Outdoor

Sport und Bewegung im Freien gelten als wenig ansteckungsgefährdend. Outdoor-Sportarten sind entsprechend gefragt. Die Fahrradhändler erlebten nach der Ladenöffnung einen Boom, auch weil viele den öffentlichen Verkehr wie Bus und Bahn meiden. Im ersten Halbjahr wurden laut Zweirad-Industrie-Verband 3,2 Millionen Fahrräder verkauft – darunter 1,1 Millionen E-Bikes. Das sind 9,2 Prozent mehr als im Vorjahr. Auch Wanderbekleidung war gefragt, ebenso Stand-Up-Paddles (SUP). Dazu unser Ratgeber: Stand-up-Paddling: Fünf Einsteiger-Boards im Test

Spielzeug und E-Books

Wegen geschlossener Schulen und Kindergärten mussten Kinder monatelang zu Hause bleiben. Viele Eltern haben neues Spielzeug bestellt, um ihre Kleinen zu bespaßen. Beim Hersteller Lego verdoppelte sich die Besucherzahl auf der Internetseite auf mehr als 100 Millionen, der Umsatz stieg im ersten Halbjahr um sieben Prozent. Gefragt waren vor allem große Bausets. Die Online-Umsätze von E-Books kletterten um 6,6 Prozent.

Möbel

Im Homeoffice ist vielen offenbar aufgefallen, was in ihrem Zuhause mal wieder erneuert werden muss. Profiteure sind Möbelhäuser und Küchenhersteller. Gefragt sind Lampen, Möbel und Dekorationsartikel. Im Juni lagen die Umsätze laut Deutscher Möbelindustrie erstmals um 2,2 Prozent über dem Vorjahr. Insgesamt liegt der Branchenumsatz aber im ersten Halbjahr durch den Lockdown noch fast 10 Prozent unter dem Vorjahr.

Online-Apotheken und Medizintechnik

Die Hersteller medizinischer Masken und Desinfektionsmittel waren ab dem ersten Tag der Krise gefragt. Viele erhöhten ihre Produktionen. Dräger, Lübecker Hersteller von Beatmungsgeräten und Medizintechnik, steigerte seinen Umsatz im ersten Halbjahr um 17,1 Prozent. In Online-Apotheken haben die Bürger im zweiten Quartal insgesamt 267 Millionen Euro ausgegeben – 67,1 Prozent mehr als im Vorjahr, berichtet der bevh.

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    Lebensmittel

    Lebensmittelhändler und Drogerien durften auch während des Lockdowns öffnen. Viele Menschen legten Vorräte an, wodurch die Absätze in dieser Zeit sprunghaft stiegen. Ein begehrter Artikel war Toilettenpapier, aber auch Mehl, Zucker, Tiefkühl- und Dosenkost. Im Schnitt gab jeder Bürger im ersten Halbjahr 50 Euro für Wasch- und Putzmittel aus – zwölf Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum, so der Branchenverband IKW.

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    E-Autos und Camping-Mobile

    Die Umweltprämie für Elektro- und Hybridautos hat insbesondere den Kauf von E-Autos beflügelt. Zwischen Januar und August wurden 162.666 reine E-Autos zugelassen – 50 Prozent mehr als im gesamten Vorjahr. Der Massenmarkt der Benziner und Diesel-Pkw ging unterdessen in dem Zeitraum um ein Drittel auf 2,8 Millionen neu zugelassener Autos zurück, berichtet der Verband der Automobilindustrie VDA.

    Aber auch Camper und Wohnwagen erfreuen sich eines reißenden Absatzes. Seit Jahresbeginn wurden gut 70.000 Campingmobile zugelassen – 15 Prozent mehr als im Vorjahr – ein Rekord. Viele sehen darin eine neue, ideale Urlaubsform in Corona-Zeiten.

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