Hamburg. Die Pandemie bringt den Möbelspeditionen einen Schub bei privaten Transporten, doch in anderen Sparten bleiben Aufträge aus.
Zumindest die Umzugsvorbereitung läuft virtuell. Der Kunde fotografiert Räume und Möbel, ebenso das Treppenhaus und den Keller, wenn dort auch Umzugsgut lagert. Dann noch einmal ein Foto von der Straße. Wie viel Platz ist dort für den Umzugswagen? Muss eine zeitweise Sperrung beantragt werden?
„MoverScan“ nennt sich das Tool des Umzugsunternehmens Heinrich Klingenberg & Ernst Struwe. „Wir schicken dem Kunden einen Link auf das Smartphone, und dann wird er Schritt für Schritt angeleitet, wie er sein Umzugsgut einscannen soll“, sagt Alexander von Drathen, Geschäftsführer von Klingenberg & Struwe. Aufgrund der übermittelten Daten erhält der Kunde dann ein konkretes Angebot. In Pandemiezeiten wird so die Besichtigung vor Ort zur Erfassung des Umzugsgutes überflüssig.
Nachfrage nach Tool durch Corona stark gestiegen
„Wir haben das Tool bereits vor der Corona-Pandemie entwickelt, da ist es kaum auf Interesse gestoßen“, sagt von Drathen. „Doch jetzt passt es wie die Faust aufs Auge, rund 50 Prozent unserer Aufträge für private Umzüge erfassen wir damit.“ Was auf den ersten Blick etwas umständlich anmuten mag, klappt aus Sicht des Unternehmens erstaunlich gut. „Es ist noch nicht vorgekommen, dass wir mit einem zu kleinen Fahrzeug angekommen sind“, sagt von Drathen.
Die neue Technik hat sich bewährt und passt in die Zeit, denn in der Pandemie sind nach von Drathens Einschätzung die privaten Umzüge um fünf bis zehn Prozent gestiegen. „Die einen wollen sich vergrößern, um der Enge zu entkommen, wenn immer fast alle Familienmitglieder zu Hause sind, die anderen müssen sich verkleinern, weil sie wirtschaftliche Gründe dazu zwingen“, so seine Einschätzung.
Unternehmen bei privaten Umzügen sehr beliebt
Angesichts strenger Lockdown-Bestimmungen glauben die meisten wohl auch, dass sie mit privaten Helfern nicht mehr umziehen dürfen. „Bei privaten Umzügen haben unsere Firmen mehr zu tun“, bestätigt Daniel Waldschik vom Bundesverband Möbelspedition und Logistik (AMÖ).
„Aufgrund von Kündigungsfristen kann ein geplanter Umzug auch in Pandemiezeiten nicht aufgeschoben werden.“ Nach einer Konjunkturumfrage des Verbandes bei seinen rund 800 Mitgliedsfirmen sind die Auftragsbücher in diesem Segment gut gefüllt. Für Privatumzüge von Selbstzahlern verzeichneten 80 Prozent der Befragten keine oder nur mäßige Umsatzrückgänge.
Kündigungsrate bei Mietwohnungen gestiegen
Nach anfänglichen Schwierigkeiten im ersten Lockdown ist wieder Bewegung in die Privatumzüge gekommen. Das hört Bernhard Storck, Vorsitzender der Fachvereinigung Möbelspedition, Umzugslogistik und Relocation Hamburg (FAMÖ), von seinen 30 Mitgliedsunternehmen mit 600 Beschäftigten.
Im ersten Lockdown fielen viele Wohnungsbesichtigungen aus, inzwischen haben sich die Makler an die Bedingungen angepasst. „Die Kündigungsrate bei Mietwohnungen ist deutlich gestiegen, sodass auch mehr Besichtigungstermine vereinbart werden“, sagt Gina Schmidt-Trenz, Prokuristin des Hamburger Maklerunternehmens Wentzel.
Kurzfristige Vergabe der Aufträge
Aber die Privatkunden vergeben die Aufträge jetzt eher kurzfristig, weiß Storck mit Blick auf sein eigenes Unternehmen Storck jr. „Wir haben keinen Auftragsbestand, der über drei Monate hinaus geht. Den Umzug beauftragen die Kunden meist zwei bis fünf Wochen im Voraus“, sagt Storck. Außerdem hätten die Kunden jetzt noch mehr Zeit, um die Preise zu vergleichen. „Doch erhöhte Aufwendungen für die Hygieneanforderungen und den günstigsten Preis, das passt natürlich nicht zusammen.“, sagt Storck.
Die Möbelpacker tragen Mund-Nasen-Schutz, halten Abstand und desinfizieren viel. So beschreibt Verbandssprecher Waldschik den zusätzlichen Aufwand. „Wir empfehlen, dass sich nicht mehr Personen als nötig am Umzugsort aufhalten.“ Fast jedes Unternehmen der Branche hat einen Rechner auf seiner Internetseite, um die Kosten nach Entfernung und Umzugsgut kalkulieren zu können.
Kosten für Umzug in Hamburg durchschnittlich bei 673 Euro
Auch Storck verwendet einen digitalen Umzugsassistenten, um sich erste Kundenbesuche vor Ort zu ersparen. Nach einer Auswertung des Vergleichsportals Check24 kostet der Umzug aus einer mittelgroßen Wohnung zu einem 15 Kilometer entfernten neuen Domizil im Schnitt 800 Euro. Unter den zehn größten deutschen Städten liegt Hamburg mit einem Durchschnittswert von 673 Euro auf Rang acht, ist also recht günstig. Am teuersten ist der Umzug in München mit 858 Euro.
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Doch allein mit Privatumzügen können die Möbelspeditionen nicht bestehen. „Da muss man schon einige solcher Umzüge machen, um einen Firmenumzug zu ersetzen“, sagt von Drathen. Bei den Firmenumzügen registriert er einen Rückgang von 15 Prozent. „Die Firmen warten erst einmal ab, bei der Verlagerung von Abteilungen in Firmen passiert im Moment nicht viel.“ Die Folge: Auch Klingenberg & Struwe kommt nicht ohne Kurzarbeit aus. „Kurzarbeit wird in vielen Hamburger Firmen genutzt“, bestätigt Storck.
Freunde dürfen bei Umzügen in Hamburg helfen
Möglicherweise beruht der kleine Schub bei Privatumzügen auch auf Unkenntnis. Denn der Umzug mit mehreren Freunden ist – zumindest in Hamburg – entgegen allen Erwartungen auch im Lockdown nicht verboten. „Wir appellieren zwar, Kontakte möglichst auf ein Minimum zu reduzieren“, sagt eine Sprecherin der Gesundheitsbehörde. „Sofern es aber nicht anders möglich ist, sind Umzüge auch mit Helfern aus dem privaten Umfeld zulässig.“
Denn das zählt nicht als unzulässige Zusammenkunft in der privaten Wohnung, sondern als nachbarschaftliche Dienstleistung. „Aber es gilt die Pflicht zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung, und die Arbeiten sind in Zweierteams durchzuführen. Zwischen den Zweierteams ist das Abstandsgebot durchgehend einzuhalten“, so die Sprecherin. Die schwere Waschmaschine oder das Klavier darf also nur von zwei Kumpels nach oben getragen werden. Für viele dürfte dann das Umzugsunternehmen doch die bessere Wahl sein.