Hamburg. Die Handelskammer hat das Opfer des Stadtteils ins Spiel gebracht. Reaktionen auf das Papier „Hamburg 2040 Zukunftsplan Hafen“.

Die Handelskammer Hamburg fordert deutlich mehr Engagement bei der Entwicklung des Hafens und kritisiert die Politik. „Trotz gravierender Veränderungen im Welthandelssystem, dem rasanten Aufstieg neuer Technologien, einem härteren Preiswettbewerb und infrastruktureller Herausforderungen hat Hamburg es in den letzten zehn Jahren versäumt, seinen Hafen konsequent weiterzuentwickeln“, sagte Handelskammer-Präses Norbert Aust bei der Präsentation des Papiers „Hamburg 2040 Zukunftsplan Hafen“.

Die notwendigen Weichenstellungen, um auf die Veränderungen zu reagieren, seien „leider aus dem Fokus der Politk geraten“, kritisierte er. Neue Warenströme, der Ausbau des Brennertunnels, sowie die zunehmende Konkurrenz der Häfen in Rotterdam und Antwerpen hätten zur Folge, dass Hamburg als Basishafen für Südosteuropa in Frage gestellt würde. Nicht die Umschlagszahlen, sondern vielmehr die Wertschöpfung für die Hamburger Wirtschaft sollten zur entscheidenden Kennzahl für den Hafen werden. „Um seiner Rolle für den Standort Hamburg wieder gerecht zu werden, muss der Hamburger Hafen Innovationstreiber werden und stark auf Nachhaltigkeit setzen.“

Kammer: Umschlagskosten im Hamburger Hafen 30 Prozent teurer

Hamburg müsse zeitnah auf die Herausforderungen reagieren, damit der Anschluss des Hamburger Hafens in aussichtsreichen Feldern nicht verloren gehe, warnte Willem van der Schalk, Vizepräses der Handelskammer und Vorsitzender des Vereins Hamburger Spediteure. „Unsere Wettbewerber legen höhere Zielstrebigkeit und Schnelligkeit an den Tag“, sagte er und forderte eine von einem internationalen Institut erstellte Potenzialanlayse für den Hamburger Hafen, die einen kritischen Vergleich mit den Wettbewerbshäfen ermögliche.

„Unabhängigen Erhebungen zufolge fallen im Hamburger Hafen im Vergleich zu den Wettbewerbern pro Containerbewegung 30 Prozent höhere Umschlagskosten an.“ Van der Schalk fordert deshalb eine Überarbietung der Hafenpreise. Zudem bemängelte er „viel zu kleine Schritte“ bei der Beschleunigung von Verwaltungsprozessen.

„Ein kritischer Erfolgsfaktor für Hamburg und alle deutschen Häfen ist eine Beschleunigung der Infrastrukturplanungs- und -genehmigungsverfahren“ ergänzte der Hauptgeschäftsführer der Kammer, Malte Heyne. Er forderte eine Vereinfachung des Verbandsklagerechts. Heyne zählte die vier wichtigsten Eckpunkte des Hafenpapiers auf, die dringend im neuen Hafenentwicklungsplan beücksichtigt werden sollten.

Die vier wichtigsten Eckpunkte des Hafenpapiers

Dazu gehören die Beseitigung regulatorischer und infrastruktureller Wachstumshemmnisse, das Generieren von mehr Ladung, etwa über die Ansiedlung neuer hafennaher Industrien und die Beteiligung von Reedereien an Terminals. Als dritten Punkt nannte Heyne das Vorantreiben von Innovationen, etwa durch die Digitalisierung. Hamburg könne beispielsweise die Erfahrungen aus der Automatisierung des Hafens nutzen und zu einer Modellstadt für autonome Systeme werden. Vierter Punkt ist eine angebotsorientierte Flächenpolitik.

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SPD, Grüne und CDU begrüßten einhellig das Hafenpapier der Handelskammer. „Die Handelskammer lässt frischen Wind durch den Hafen wehen“, sagte beispielsweise der Fraktionsvorsitende der Grünen in der Bürgerschaft, Dominik Lorenzen.

Kritik: Existenz des Dorfes Moorburg dürfe nicht gefährdet werden

Kritisch zeigte sich die rot-grüne Koalition jedoch bei dem Vorschlag der Handelskammer, zur Ansiedlung der Wasserstoffindustrie den ursprünglich als Hafenerweiterungsgebiet vorgesehenen Stadtteil Moorburg mit seinen gut 700 Einwohnern tatsächlich in Anspruch zu nehmen. „Der Auf- und Ausbau eines neuen Standorts darf (...) nicht die Existenz des Dorfes Moorburg gefährden“, betonte die hafenpolitische Sprecherin der Grünen-Bürgerschaftsfraktion, Miriam Putz.

Und der SPD-Politiker Schmidt sagte unter Hinweis auf den Koalitionsvertrag: „Moorburg wird in dieser Legislaturperiode nicht für Hafenerweiterungszwecke entwickelt.“ Zuvor hatten bereits die Umweltverbände Nabu und BUND die Handelskammer-Idee kritisiert.

Vernichtende Kritik des BUND Hamburg

Der neue Zukunftsplan Hafen der Hamburger Handelskammer sei ein Rückschritt und verkenne in weiten Teilen die Herausforderungen der nächsten 20 Jahre, urteilte der BUND. „Man könnte meinen, die Debatte um planetare Grenzen, Klimakrise und Ressourcenschutz ist spurlos an der Handelskammer vorbeigegangen", sagt Christiane Blömeke, Landesvorsitzende des Bunds für Umwelt und Naturschutz.

"Mit penetranter Ignoranz werden massiv neue Autobahnen gefordert, der intakte Stadtteil Moorburg der Hafenerweiterung geopfert und eine Sedimentverbringung weit in die Nordsee auf Kosten der Steuerzahler gefordert. Das ist eindimensionale Wirtschaftspolitik der 1970er-Jahre, nur ein bisschen bunter und wortreicher verpackt."