Hamburg. Veranstalter arbeiten an Alternativszenarien. Reine Online-Messe wird es nicht geben. CDU fordert Senat auf, Verschiebung zu prüfen.

Die Veranstaltung verspricht einen Schub für Hamburg, ja möglicherweise für ganz Deutschland, als Standort innovativer Verkehrs- und Logistik-Technologien. „Die Reise in die Zukunft beginnt am 11. Oktober 2021“, verspricht Bundesverkehrsminister An­dreas Scheuer (CSU) bereits in einer Videoeinladung. An diesem Tag soll nämlich in Hamburg der Weltkongress ITS für intelligente Transportsysteme in Hamburg starten. Die Hansestadt bereitet sich seit Jahren akribisch darauf vor. Sie will sich als Modellstadt und Labor für intelligente Verkehrslösungen positionieren und damit die Attraktivität für Unternehmen als moderne, internationale Metropole im In- und Ausland unter Beweis stellen.

Doch nun steht ein dickes Fragezeichen hinter der Veranstaltung. Und der Grund dafür heißt Corona. Nachdem das Land in seinen zweiten Shutdown geht und immer mehr Virologen davor warnen, dass Covid-19 das öffentliche Leben noch viele Monate stark beeinträchtigen könnte, gibt es Zweifel, ob der internationale Super-Kongress tatsächlich uneingeschränkt durchgeführt werden kann. Denn bei dem Kongress, treffen sich nicht nur Fachleute, um in abgeschlossenen Räumen miteinander zu diskutieren und zu referieren.

Drohnen sollen durch die Luft schwirren

ITS steht auch für den Versuch, die Mobilität der Zukunft sicht- und anfassbar für alle Besucher zu machen. Drohnen sollen durch die Luft schwirren und als Transportmittel vorgestellt werden. Busse und Bahnen ohne Fahrzeugführer sollen für automatisiertes und vernetztes Fahren stehen. Der Hafen will den Besuchern aus aller Welt digitale Lösungen für den Seegüterumschlag und Containertransport von morgen demonstrieren. Praktisch alle namhaften deutschen Firmen aus dem Bereich Verkehrstechnik haben Projekte zur Veranstaltung angemeldet.

Darin liegt der besondere Reiz des Kongresses. Doch geht das überhaupt, wenn Abstandsregeln und Quarantänevorschriften auch in zehn Monaten noch das Leben bestimmen? Aus der Opposition gibt es erste Stimmen die zu Alternativen aufrufen. „Der Hamburger Senat sollte eine Verschiebung des ITS Weltkongresses prüfen. Derzeit erscheint fraglich, ob der Kongress im nächsten Jahr überhaupt durchgeführt werden kann“, sagt beispielsweise der verkehrspolitische Sprecher der CDU-Bürgerschaftsfraktion, Richard Seelmaecker, dem Abendblatt.

Die Veranstalter geben sich nach außen hin gelassen. „Aktuell gehen wir davon aus, dass der ITS Weltkongress im Oktober 2021 in Hamburg regulär stattfinden kann – nicht zuletzt durch die medizinischen Fortschritte in der Impfstoffentwicklung“, sagt Harry Evers, Geschäftsführer der ITS Hamburg 2021 GmbH, dem Organisationsbüro, das von Hamburg und dem europäischen ITS-Ausrichter Ertico gemeinsam betrieben wird. Vom Senat heißt es offiziell: Es sei zu früh, um eine endgültige Entscheidung über den ITS Kongress 2021 zu fällen. „Naturgemäß beobachten wir die aktuelle Pandemie-Entwicklung auch unter dieser Fragestellung und sind in einem engen Austausch mit der ITS GmbH und auch mit Ertico“, sagt Dennis Heinert, Sprecher der Behörde für Verkehr und Mobilitätswende.

Kongress muss möglicherweise später nachgeholt werden

Intern wird aber bereits an Alternativen gefeilt. „Parallel arbeiten wir natürlich an Szenarien, sollte sich an der erwarteten Entwicklung etwas ändern“, sagt ITS-Organisator Evers dem Abendblatt. Die Gesundheit der Besucher und Mitarbeiter steht natürlich an erster Stelle.“ Welche Szenarien das sind, wollen die Veranstalter noch nicht sagen. Aber eines ist klar: Auf die Ausstellungen und Vorführungen neuer Techniken soll nicht verzichtet werden. Einen digitalen Weltkongress, der nur im Internet stattfindet, wird es nicht geben. „Eine rein digitale Variante ist nicht geplant, denn Erkenntnisse im Bereich Future Mobility werden vor allem durch die direkte Anschauung und dem Austausch vor Ort erreicht“, so Evers. „Sollte sich die Infektionslage anders als erwartet nicht ausreichend verbessern, müsste der ITS Weltkongress in Hamburg verschoben und nachgeholt werden.“

ITS Weltkongress:

  • Der erste World Con­gress on Intelligent Transport Systems (ITS) fand 1994 in Paris statt. Im kommenden Herbst (11. bis 15. Oktober) ist die jährliche Veranstaltung erstmals in Hamburg geplant. Es wäre das zweite Mal, dass der Kongress, bei dem sich Experten aus der ganzen Welt Gedanken über die Mobilität der Zukunft machen, in Deutschland halt macht. 1997 war Berlin Gastgeber.
  • 15.000 Besucher und 400 Fachaussteller aus 130 Ländern erwartet Hamburg eigentlich zum ITS-Weltkongress 2021. Sie sollen sich im CCH und in den Messehallen treffen. Zudem sind Demonstrationsprojekte im Freien geplant. Dazu zählen autonom fahrende Kleinbusse in der HafenCity und eine Schwebebahn für Container im Hafen.

Das wäre bedauerlich, denn die Buchungen der Messe sind aktuell sehr positiv – mehr als 80 Prozent der 12.000 Quadratmeter Messefläche sind bereits verkauft. Und so heißt es auch aus der Verkehrsbehörde: „Die Möglichkeit, den ITS Kongress als Präsenzveranstaltung durchzuführen, ist grundsätzlich aus unserer Sicht sehr wichtig, um die zen­tralen Botschaften einer modernen Mobilität für die Menschen in Hamburg zu transportieren.“

Hoffnung auf Herdenimmunisierung

Käme es zu einer Verschiebung des Kongresses, so wäre es nicht das erste Mal. Denn die jährlich stattfindende Veranstaltung, sollte eigentlich im Oktober 2020 in Los Angeles ausgerichtet werden, fiel aber der Pandemie zum Opfer. Die kalifornische Metropole wird nach der neuen Planung nun 2022 Gastgeber sein.

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Die Einladungen sind bereits verschickt. Hamburg wäre also bei einer Absage frühestens 2023 wieder am Zuge. Allerdings könnte diesen Termin die chinesische Stadt Suzhou bei Shanghai den Hamburgern streitig machen. Sie ist nämlich ursprünglich als Ausrichter für 2022 vorgesehen gewesen. Denn die Veranstaltung kommt in der Regel exakt alle drei Jahre nach Europa. Derzeit bleibt wohl nur die Hoffnung auf viele erfolgreiche Impfstoffe und eine schnelle Herdenimmunisierung.

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