Hamburg. Händler in Hamburgs Umland verkaufen im Pandemie-Jahr bis zu 15 Prozent mehr Tannen. Warum die Preise steigen.
Es ist erst ein paar Wochen her, da herrschte Unsicherheit, teilweise sogar eher Pessimismus in der Weihnachtsbaumbranche. Wie es laufen würde mit dem Verkauf vor dem ersten Weihnachten in Zeiten der Corona-Pandemie? „Das ist ganz schwer einzuschätzen“, hieß es im Oktober. Mehr noch: Erste Vorzeichen deuteten sogar auf ein eher maues Geschäft hin. Wenn die Weihnachtsmärkte nicht stattfinden, würden weniger Bäume und Tannenzweige für die Dekoration benötigt, so die Befürchtung.
Die Vorbestellungen von Baumärkten und Gartencentern bei den großen Plantagen in Norddeutschland fielen anfangs kleiner aus als in den Vorjahren und auch die Nachfrage aus dem europäischen Ausland verhieß nichts Gutes: „Frankreich ist fast komplett weggebrochen“, weiß Bernd Oelkers, der Vorsitzende des Bundesverbands der Weihnachtsbaumerzeuger.
„Es ist ein Boom“
Bei denen hat sich die Stimmungslage mittlerweile allerdings komplett gedreht. „Das Geschäft läuft mehr als gut, es ist ein Boom“, sagt Oelkers jetzt. Der Landwirt aus Wenzendorf im Landkreis Harburg zieht auf insgesamt 400 Hektar Nordmanntannen groß, beliefert Groß- sowie Einzelhändler und verkauft auf seinem Hof an Privatkunden. Gut zwei Wochen vor dem Fest und zu einem Zeitpunkt an dem die Saison kurz vor dem Höhepunkt steht, ist Oelkers überzeugt: „In diesem Jahr werden zehn bis 15 Prozent mehr Weihnachtsbäume gekauft. Die zehn Prozent sind jetzt schon sicher, ob es 15 Prozent werden, wird sich zeigen.“ Die Händler erleben im Corona-Jahr einen großen Ansturm auf die Weihnachtsbäume.
„Viele Garten- und Baumärkte bestellen jetzt nach“, sagt Oelkers. Und zum Selberschlagen des Baums in der Plantage kämen nun Kunden, die das offensichtlich erstmals tun. „Wir haben viele Anrufe von Leute, die sich erkundigen, wie das eigentlich läuft und ob man selber eine Säge mitbringen muss.“
Viel mehr Menschen sind über die Feiertage zu Hause
Auch kleinere Erzeuger und Händler in Hamburg und im Umland, die sich auf den Verkauf an den Endkunden konzentrieren, sind mehr als zufrieden. „Wir werden wohl fünf bis zehn Prozent mehr Bäume verkaufen“, sagt Mike Bolhuis vom Spargelhof Bolhuis in Tangstedt (Kreis Segeberg), der auch immergrünes Nadelgehölz anbaut. Seit dem Sonnabend vor dem 2. Advent ist auch die zweite der beiden Verkaufsstellen geöffnet. „Insgesamt kommen deutlich mehr Kunden als im Vorjahr“, sagt Bolhuis. Er bietet einen besonderen Service an: Kostenlose Anlieferung – auf Wunsch bis ins Wohnzimmer und fertig montiert im Tannenbaumfuß des Kunden.
Coronavirus – die Fotos zur Krise
Die Gründe für die sehr viel größere Nachfrage liegen aus Sicht der Landwirte auf der Hand: Es sind schlicht und einfach sehr viel mehr Menschen über die Feiertage zu Hause – und das Bedürfnis nach Weihnachtsatmosphäre ist groß. „Wenn wir schon nicht in Urlaub fahren können, wollen wir es schön haben daheim“, das höre er jetzt oft, sagt Oelkers. Und Mike Bolhuis weiß aus Gesprächen mit seinen Kunden: „Sie feiern selten im größeren Familienkreis und bleiben häufiger unter sich. Ein Weihnachtsbaum im Wohnzimmer ist ihnen aber wichtig.“
Budnikowsky mischt mit
Dass es im Corona-Jahr so kommen würde, hatte man bei der Hamburger Drogeriekette Budnikowsky bereits frühzeitig geahnt und das Weihnachtsbaumangebot deutlich ausgeweitet. Während in den Vorjahren Tannen zum Mitnehmen jeweils nur in einigen wenigen Budni-Filialen verkauft wurden, gibt es sie 2020 bei gut einem Drittel der mehr als 180 Drogeriemarktstandorte. Eine kluge Entscheidung: „Die Bäume werden von den Kunden sehr gut angenommen, sie sind in manchen Filialen schon ausverkauft“, sagt Firmensprecherin Wiebke Spannuth. Und voraussichtlich könne nicht überall nachgeliefert werden.
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Früher als sonst habe die Saison begonnen, heißt es auch bei der Baumschule Reinke in Rellingen (Kreis Pinneberg). Inhaber Niels Reinke ist zugleich Chef des Pflanzenvermieters Rent-a-plant, der unter anderem mehrere hundert Tannenbäume im Topf für bis zu 30 Tage verleiht. „Mitte November waren bereits mehr als 75 Prozent vermietet“, sagt Reinke. Online können die Mietbäume schon nicht mehr geordert werden, auf dem Betriebsgelände stehen noch einige wenige für Selbstabholer bereit.
Baumkauf mit Corona-Abstand
Wer lieber kauft statt mietet, muss mehr zahlen als letztes Jahr. Bei Bernd Oelkers sind es „ein bis drei Euro pro Baum“, bei Mike Bolhuis „ein Euro pro Meter“. Beide verweisen auf höhere Kosten wegen der Corona-Sicherheitsmaßnahmen. Damit sich die Kundschaft auf dem Hof nicht ballt, beschäftigt Bolhuis drei Verkäuferinnen mehr als üblich, die Reihen der geschlagenen Bäume sind weit auseinander gestellt. Oelkers sagt, die Saisonkräfte nach Deutschland zu holen und hier corona-konform unterzubringen sei viel aufwendiger. „Wir haben ganze Pensionen gemietet.“
Noch einen Punsch nach dem Baumkauf, eine Bratwurst oder Waffel? Das übliche Gastroangebot ist wegen Corona fast überall komplett gestrichen. Auf dem Hof Oelkers wird zwar Glühwein to go gereicht – aber mit einer Auflage: Bitte nur im eigenen Auto trinken.
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