Hamburg. Bald müssen Käufer einer Immobilie die Provision für die Vermittlung nur noch zur Hälfte zahlen. Ob sie wirklich sparen, ist fraglich.

So manchem Hamburger, der auf der Suche nach einem Eigenheim ist, mag dies wie ein vorgezogenes Weihnachtsgeschenk vorkommen: Am 23. Dezember wird ein Gesetz wirksam, wonach die Maklerprovision bei Immobilienverkäufen an Privatpersonen künftig nur noch zur Hälfte vom Käufer getragen werden muss. Bei dem in Hamburg üblichen Courtagesatz würde das beim Erwerb eines Einfamilienhauses – das laut dem Gutachterausschuss für Grundstückswerte 2019 in der Hansestadt im Schnitt 816.000 Euro kostete – eine Entlastung um 25.500 Euro bedeuten.

Aktuell gehört Hamburg noch zu den wenigen Bundesländern, in denen die Provision nicht ohnehin schon zwischen Verkäufer und Käufer aufgeteilt wird. „Mit dem neuen Gesetz gibt es endlich eine bundesweit einheitliche Regelung“, sagt Anika Schönfeldt-Schulz, die Vorsitzende des Immobilienverbands Deutschland (IVD) Region Nord: „Das begrüßen wir.“ Dafür gebe es noch einen anderen Grund: „Wir hoffen, dass sich das Image unserer Branche durch die Neuregelung verbessert.“

Maklercourtage: Kritik von der Verbraucherzentrale

Ob das so sein wird, bleibt abzuwarten. Alexander Krolzik, Immobilienexperte der Verbraucherzentrale Hamburg, spricht hingegen von einer „unglücklichen Regelung“, die von Verbraucherschützern abgelehnt werde. Denn, so Krolzik: „Der Gesetzgeber kann doch nicht ernsthaft glauben, dass die Käufer dadurch tatsächlich entlastet werden.“ In Wahrheit hätten sie keinen Vorteil: „Immobilienbesitzer werden den Betrag, den sie beim Verkauf künftig selber an den Makler zahlen müssen, schlicht auf den Preis draufpacken.“

Einen solchen Verdacht weist die IVD-Nord-Vorsitzende zurück. „Ich gehe nicht davon aus, dass der Teil der Maklercourtage, den künftig der Verkäufer trägt, einfach auf den Preis aufgeschlagen wird“, sagt Schönfeldt-Schulz: „,Psychologische Schwellen‘ beim Preis behalten ja ihre Gültigkeit und kaum jemand wird riskieren wollen, dass seine Wohnung oder sein Haus zu lange am Markt bleibt, weil der verlangte Preis zu hoch ist.“ Ähnlich äußert sich auch Lars Seidel, Geschäftsführer des zur Haspa-Gruppe gehörenden Maklerunternehmens Grossmann & Berger, das nach eigenen Angaben allein im Bereich der Wohnimmobilien jährlich mehr als 1000 Objekte vermittelt: „Wir achten darauf, dass die Immobilie zu einem marktgerechten Preis angeboten wird. Denn nichts ist schlimmer, als wenn sie zu lange im Verkauf bleibt und in den Augen potenzieller Käufer damit an Attraktivität verliert.“

Lesen Sie auch:

Bestellerprinzip für Vermietungen seit 2015

Klar ist: Sollte sich durch die Neuregelung eben doch der Preis einer Eigentumswohnung oder eines Reihenhauses erhöhen, würde der Käufer entsprechend mehr Eigenkapital aufbringen müssen. „Bei der finanzierenden Bank weiß man, dass der Kaufpreis einen nicht werthaltigen Bestandteil umfasst, den man bei der Immobilienbewertung einfach abzieht“, erklärt Krolzik.

Bei der Vermietung von Wohnungen oder Häusern an Privatpersonen gilt seit dem Jahr 2015: Nur derjenige, der den Makler beauftragt, muss ihn auch bezahlen. Ursprünglich wollte die SPD dieses sogenannte Bestellerprinzip für Immobilienverkäufe einführen – ebenso wie die Grünen, die zudem eine Begrenzung der Maklerprovision auf zwei Prozent inklusive Mehrwertsteuer forderten. Doch diese Initiativen scheiterten am Widerstand der Unionsparteien.

Wie Makler das Gesetz umgehen können

„Wir hätten uns eine generelle Deckelung der Courtage gewünscht“, sagt Krolzik. Für den Käufer habe sich der Immobilienerwerb in den vergangenen Jahren gleich in mehrfacher Hinsicht verteuert: „Die Objekte selbst sind deutlich im Preis gestiegen, außerdem gibt es inzwischen auch in Hamburg Makler, die sogar 7,14 Prozent Courtage nehmen.“ Der Experte ist jedoch überzeugt: „Die Kosten für die Käufer werden künftig nicht niedriger sein, sie werden nur verschleiert werden.“

So ließe sich das Gesetz umgehen, indem ein Makler zunächst einmal dem bisherigen Immobilieneigentümer einen gewissen Betrag zahlt, um den Auftrag zu erhalten, und beim Verkauf fließt aus diesem Betrag der Verkäuferanteil an den Makler zurück. „Das wäre ganz klar illegal, das verurteilen wir“, sagt dazu Anika Schönfeldt-Schulz: „Leider wird durch wenige schwarze Schafe, die es in jedem Berufsstand gibt, gleich der Ruf einer ganzen Branche in Mitleidenschaft gezogen.“ Dem könne man nur mit Qualifizierung, hohen Standards und Kon­trolle begegnen.

Immobilienmakler: mehr Transparenz und Fairness

Zwar liegt der Gedanke nahe, dass in Hamburg aufgrund der Neuregelung künftig mehr Immobilienverkäufer als heute auf einen Makler verzichten. Mit Blick auf typische Konstellationen glaubt Verbraucherschützer Krolzik das aber nicht. Auf der Verkäuferseite stünden häufig ältere Personen – „oder auch Menschen in Notsituationen, etwa weil wegen einer Scheidung die Immobilie verkauft werden muss.“

Auch die IVD-Nord-Vorsitzende Schönfeldt-Schulz, erwartet nicht, dass die Vermittler im privaten Geschäft keine Kunden mehr finden: „Der eine oder andere Verkäufer einer Immobilie wird vielleicht zunächst auf einen Makler verzichten. Aber die meisten werden die Erfahrung machen, dass die mit dem Verkauf verbundenen Formalitäten, die Preisfindung und die Bonitätsprüfung von Interessenten eben doch viel Zeit und Erfahrung erfordern.“

Seidel geht davon aus, dass die Neuregelung der Branche insgesamt guttut: „Durch das neue Gesetz wird es zu mehr Transparenz und Fairness kommen.“ Nach Einschätzung des Geschäftsführers von Grossmann & Berger kann sich der Anteil der Verkäufe, bei denen Makler eingeschaltet sind, künftig sogar erhöhen: „Das legt ein Vergleich mit Staaten wie Österreich oder Großbritannien, wo nicht die Käufer die Courtage zahlen, nahe.“ Die „wirklich professionellen Unternehmen“ in der Branche würden am Markt bestehen können und auf längere Sicht profitieren.

Die Verträge werden schon jetzt neu formuliert

Verkäufer von Häusern und Wohnungen werden in den nächsten Jahren „noch stärker auf die Qualität und Qualifikation eines Maklers achten“, sagt auch Schönfeldt-Schulz: „So mancher Versicherungsmakler, der gelegentlich nebenbei eine Immobilie vermittelt, dürfte es künftig schwerer haben.“ Bei Engel & Völkers, einem der bundesweit größten Maklerunternehmen mit Sitz in Hamburg, heißt es dazu: „Zwar werden Immobilienmakler voraussichtlich am einzelnen Geschäft weniger verdienen, langfristig aber mehr Geschäft machen, da sich nur seriöse Dienstleister, die gleichermaßen im Interesse von Käufer und Verkäufer agieren, am Markt durchsetzen werden.“

Auch wenn die Gesetzesänderung erst im Dezember Gültigkeit erlangt, wird mancher Immobilieninteressent schon jetzt auf die entsprechenden Konditionen stoßen. So hat etwa Grossmann & Berger die Verträge bereits neu formuliert, wie Seidel sagt: „Das ist sinnvoll, weil sich in manchen Fällen der Verkaufsprozess bis nach dem Stichtag hinziehen könnte.“ Der Branchenverband sieht das offenbar genauso: „Wir haben unseren Mitgliedsunternehmen die Empfehlung gegeben, die neuen Bedingungen jetzt schon in den Verträgen umzusetzen, und machen sehr gute Erfahrungen damit“, sagt Schönfeldt-Schulz.

Nachfrage nach bestimmten Wohnungen hat zugenommen

Wie sich die Gesetzesänderung auf den Markt der Immobilienmakler in tatsächlich Hamburg auswirken wird, ist laut der IVD-Nord-Vorsitzenden aber schwer einzuschätzen, „weil die Corona-Krise die Nachfrage nach Wohnungen und Einfamilienhäusern gerade eher noch verstärkt hat.“ Seit Beginn der Corona-Pandemie habe vor allem die Nachfrage nach Wohnungen mit größeren Balkonen und mit einem gut als Arbeitszimmer nutzbaren Raum zugenommen, beobachtet Seidel. „Aber auch der Wunsch nach einem Reihenhaus oder einer Doppelhaushälfte im Speckgürtel um Hamburg herum ist noch stärker geworden, als er ohnehin schon war.“