Hamburg. Das Unternehmen sieht nur für ein kleinen Teil der Mitarbeiter die Chance, an anderer Stelle weiter beschäftigt zu werden.

Auf Plakaten steht in großen Buchstaben der Protest, der Ärger, die Wut der Mitarbeiter, die vor der Otto-Zentrale für den Erhalt ihrer Jobs demonstrieren: „Otto – fand ich gut“, oder „Wie Müll entsorgt, Danke Otto!“ haben die Beschäftigten auf die Poster geschrieben. Trommelnd machen sie vor der Unternehmenszentrale in Bramfeld auf ihre Nöte aufmerksam: Die Otto-Tochter Hermes Fulfilment hatte kürzlich bekanntgegeben, dass der Retourenbetrieb in Hamburg geschlossen wird. 840 Beschäftigte verlieren ihre Arbeit.

Betroffen seien Mitarbeiter aus 69 Nationen, wie die Protestierenden auf ihre Plakate geschrieben haben. Etwa 200 Demonstranten nutzen am Montag ihre Mittagspause, um die Rücknahme des Schließungsbeschlusses für den Standort Hamburg und den Erhalt ihrer Arbeitsplätze zu fordern. Allerdings ist das Aus für den Bereich beschlossene Sache. Der Betrieb, in dem von Kunden zurückgeschickte Pakete – etwa mit Schuhen oder Haushaltsgeräten – bearbeitet werden, soll in der zweiten Jahreshälfte 2021 dicht gemacht und die Arbeit an die beiden Standorte in Polen und Tschechien verlagert werden.

Große Konkurrenz im internationalen Onlinegeschäft

„Wir nehmen die Proteste sehr ernst, aber leider lässt sich die beinharte Konkurrenz, die uns im internationalen Onlinegeschäft auf den Fersen ist, nicht wegprotestieren“, sagt Thomas Voigt, Kommunikationschef der Otto Group, zu der Aktion, zu der die Gewerkschaft Ver.di aufgerufen hat. Alle Konkurrenten ließen ihre Retouren in Osteuropa bearbeiten. „Auch wir geben schon heute zwei Drittel aller Retouren nach Pilsen und Lodz“, so Voigt zum Abendblatt.

Heike Lattekamp, die Landesfachbereichsleiterin Handel der Gewerkschaft Ver.di, hält dagegen: Die Mitarbeiter hätten in den vergangenen Jahren auf Lohn verzichtet und seien in der Corona-Krise, in der der Online-Handel stark gewachsen sei, sogar als Helden gefeiert worden. „Und nun werden sie gefeuert“, beklagt Lattekamp.

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Das Unternehmen sieht derweil nur für ein kleinen Teil der betroffenen Kollegen die Chance, an anderer Stelle innerhalb der Otto Group weiter beschäftigt zu werden. „Wir werden uns bemühen, die betroffenen Kollegen in anderen Betrieben der Otto Group unterzubringen oder den Weg in den Vorruhestand zu ebnen“, sagt Voigt. „Die Redlichkeit verlangt uns aber ab, dass wir darauf hinweisen müssen, dass dies nur für einen kleinen Teil der Kollegen möglich sein wird“. Für die anderen werde es darum gehen, sie bestmöglich auf andere Beschäftigungen außerhalb der Unternehmensgruppe vorzubereiten, so Voigt.