Hamburg. Jobboom in Kitas und Schulen. Gastronomie baut massiv Arbeitsplätze ab. Viele Fachkräfte gehen bald in Rente.

Einen kleinen Lichtblick am Hamburger Arbeitsmarkt gibt es. Im August sank die Zahl der Jobsuchenden unter die Marke von 90.000 auf 89.807 Arbeitslose. Es ist der erste Monat seit März mit leicht sinkenden Zahlen. „Im Vergleich zum Vormonat verzeichnen wir einen Rückgang um 1,5 Prozent“, sagt Sönke Fock, Chef der Arbeitsagentur Hamburg. Aber von einer Trendwende will er nicht sprechen. „Dazu müssen wir die Entwicklung der nächsten Monate abwarten, ob sich dieser Trend wirklich fortsetzt.“ Das hänge auch vom weiteren Infektionsgeschehen ab. In normalen Zeiten zumindest wird in den letzten Jahresmonaten die niedrigste Arbeitslosigkeit registriert. Im Vergleich zum Vormonat sank die Arbeitslosenquote leicht um 0,1 Punkte auf 8,4 Prozent.

Doch das kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Arbeitslosigkeit innerhalb eines Jahres um rund 35 Prozent gestiegen ist. Damit sind jetzt 23.000 Hamburger mehr auf Stellensuche als vor einem Jahr. Seit April haben rund 39.000 Hamburger ihren Job verloren. Von einem Drittel höherer Arbeitslosigkeit geht Fock auch für das Gesamtjahr aus. In der bisherigen Beschäftigungsbilanz zeigt sich, dass Arbeitsplätze vor allem in der Gastronomie und bei Zeitarbeitsfirmen abgebaut werden.

Zeitarbeitsfirmen gaben 2800 Stellen auf

In der Hamburger Gastronomie sind das innerhalb eines Jahres 3200 Stellen – und Jobs auf 450-Euro-Basis sind da nicht mit einberechnet. Zeitarbeitsfirmen gaben 2800 Stellen auf. Gastronomen haben wenig Hoffnung, dass sich ihre Lage im weiteren Jahresverlauf bessert. Wenn die Gäste nicht mehr draußen sitzen können, fürchten sie noch stärkere Umsatzeinbußen. Für das Gesamtjahr gehen sie nach einer Umfrage des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbands von etwa der Hälfte der Vorjahreserlöse aus. Sechs von zehn Gastronomen sehen sich in ihrer Existenz gefährdet. Besser läuft es im öffentlichen Dienst der Stadt, wo innerhalb eines Jahres 1900 Stellen hinzukamen. „Polizei, Verwaltung, Kitas und Schulen, da hat Hamburg viele neue Beschäftigte eingestellt“, sagt Knut Böhrnsen, Sprecher der Agentur für Arbeit.

Von der steigenden Arbeitslosigkeit sind zwar alle Gruppen des Arbeitsmarktes betroffen, aber bei jüngeren Menschen unter 25 Jahren (plus 42 Prozent) und Ungelernten (plus 33 Prozent) gibt es einen besonders hohen Anstieg der Arbeitslosigkeit. „Jüngere Arbeitnehmer sind aufgrund betrieblicher Sozialauswahlkriterien überproportional entlassen worden“, sagt Fock. „Aber es hat nicht jene getroffen, die ihre Ausbildung gerade beendet haben.“

Arbeitslosigkeit wird noch durch Kurzarbeit abgefedert

Noch wird die Arbeitslosigkeit durch Kurzarbeit abgefedert. „Mit der Verlängerung der Kurzarbeiterregelung bis Ende 2021 haben die Unternehmen mehr Planungssicherheit“, sagt Fock. Zwar haben seit März in Hamburg 24.580 Betriebe für insgesamt 375.000 Beschäftigte Kurzarbeit angezeigt. Doch die Abrechnungszahlen zeigen, dass der tatsächlich in Anspruch genommene Umfang geringer ist. „Die Tendenz ist rückläufig“, sagt Fock. Danach haben im Mai (neuere Zahlen liegen nicht vor) 16.302 Betriebe Kurzarbeitergeld für knapp 172.000 Beschäftigte bezogen.

Damit ist in der Hansestadt knapp jeder sechste von Kurzarbeit betroffen. Im April nahmen noch 1000 Betriebe mehr Kurzarbeit in Anspruch, wovon 190.000 Arbeitnehmer betroffen waren. „Ich rechne damit, dass es bei der Kurzarbeit zu Verschiebungen zwischen den Branchen kommen wird“, sagt Fock. „Die Hotellerie wird zunehmend besser ausgelastet, was auch die Kurzarbeit reduziert, aber in anderen Branchen wie dem Veranstaltungswesen oder bei Messen zeichnet sich noch keine Besserung ab.“

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Langfristig dürfte es am Hamburger Arbeitsmarkt wieder bergaufgehen. Dafür sorgt schon die Altersstruktur der Beschäftigten. 176.000 Fach- und Führungskräfte sind im Alter zwischen 55 und 65 Jahren. „Hier entsteht eine Lücke, die mit künstlicher Intelligenz, Automatisierung und gezielter Zuwanderung nicht einfach zu schließen sein wird“, sagt Fock.