Hamburg. Teil 6: Die Preise an den Küsten steigen weiter – trotz oder wegen Corona. Was künftige Vermieter wissen sollten.
Kaum waren die Strände an der Ostsee wieder geöffnet, setzte ein Riesenansturm ein. Die Ferienorte Scharbeutz und Haffkrug sperrten zeitweise ihre Strände, damit die Mindestabstände eingehalten werden.
Nachtragend sind die Feriengäste also nicht, wenn man bedenkt, dass Zweitwohnungs- und Ferienhausbesitzer sowie potenzielle Urlauber wochenlang wegen der Corona-Pandemie ausgesperrt waren von den Inseln und Küsten. Vorbei und vergessen. Die Corona-Pandemie macht Urlaub in Deutschland attraktiver. Deshalb rechnen Immobilienexperten mit einem Nachfrageschub bei Ferienhäusern und –wohnungen.
Immobilien: Preissteigerungen an Nord- und Ostsee
„Außer mit einer kurzen Anreise punktet Deutschland mit einem gut funktionierenden Gesundheitssystem“, sagt Kai Enders, Vorstand beim Makler Engel & Völkers. „Deshalb rechnen wir in diesem Jahr mit Preissteigerungen an Nord- und Ostseeküste von mindestens fünf Prozent.“
In der Hochphase der Pandemie sei zwar die Vermarktung von Ferienimmobilien zum Stillstand gekommen, jetzt zeige sich aber, dass Nachfrage und Preistrend intakt seien. Zwar gab es bei Maklern in den Ferienorten vermehrt Anfragen nach günstigen Objekten, doch die Preise sind keineswegs gefallen. Wer sich Hoffnung auf Schnäppchen gemacht hat, wird enttäuscht.
Zum Verkauf kommt es meist im Erbfall
„Die Nachfrager von Ferienimmobilien sind überwiegend nicht von relevanten Einkommensverlusten durch Corona betroffen und müssen auch nicht um ihren Arbeitsplatz fürchten“, sagt Enders. Für die Verkäufer gibt es also keinen Grund, von ihren Preisforderungen abzurücken. Zudem verkaufen sie meist nicht aus finanzieller Not und könnten bei sinkenden Preisen abwarten.
Zum Verkauf kommt es meist im Erbfall oder weil die Spekulationsfrist für Immobilien abgelaufen ist, hohe Wertsteigerungen realisiert werden können oder die Besitzer andernorts investieren wollen. Die Preise sind in den vergangenen Jahren kontinuierlich gestiegen. Kostete eine Ferienimmobilie 2009 im Schnitt noch 183.000 Euro, waren es 2020 bereits 222.000 Euro, an den Küsten und auf den Inseln aber deutlich mehr.
Die Lage entscheidet über den Preis
Einmal im Jahr veröffentlicht das Maklerunternehmen mit dem Buchungsportal Fewo Direkt einen Preis-Report über den deutschen Ferienimmobilienmarkt. In der Karte sind die Preise für Häuser und Wohnungen in guter Lage dargestellt.
Die Preise für eine sehr gute Lage sind deutlich höher. An den Küsten wird darunter eine Wohnung mit direktem Meerblick vom Balkon verstanden. Objekte in guter Lage liegen in zweiter Reihe, aber nahe des Ortskerns.
Während sich auf Rügen die Preise für Eigentumswohnungen in sehr guter Lage zwischen 5500 und 10.000 Euro pro Quadratmeter Wohnfläche bewegen, sind es in guter Lage 3000 bis 4000. Euro.
Ferienimmobilien sind ein "attraktives Investment"
Das zeigt sich auch in Timmendorfer Strand. Dort liegen die Preise in guter Lage für Eigentumswohnungen bei 6000 bis 7000 Euro pro Quadratmeter, in sehr guter bei bis zu 11.000 Euro. Preissprünge von mehr als 1000 Euro pro Quadratmeter verzeichnet Engel & Völkers bei Wohnungen an bisher etwas günstigeren Standorten wie Grömitz, Borkum oder St. Peter-Ording. „Durch das niedrige Zinsniveau sind Ferienimmobilien als Kapitalanlage begehrt und in stark nachgefragten Urlaubsregionen aufgrund ihrer guten Vermietbarkeit ein attraktives Investment“, sagt Enders.
Die Kaufpreise sind zwar höher, die Renditen bei einer Vermietung aber auch. Ist die Nachfrage groß, können die Vermietungspreise Jahr für Jahr angehoben werden – anders als bei einer normalen Mietwohnung. „Bei einer Ferienimmobilie kann man mit einer Bruttorendite von vier bis fünf Prozent rechnen“, sagt Enders.
Günstiger Preis und solide Nachfrage versprechen hohe Rendite
Zum kleinen Einmaleins der professionellen Vermietung gehört es, Kaufpreise und zu erwartende Mieteinnahmen gegenzurechnen. Dabei gilt die Grundregel: „Man kann bei einer hochpreisigen Lage nicht im gleichen Maße hohe Mietpreise verlangen“, sagt Göran Holst, Vorstand beim Deutschen Ferienhausverband. „Wenn der Kaufpreis auf Sylt dreieinhalb Mal so hoch ist wie auf Fehmarn, heißt das noch lange nicht, dass Urlaubsgäste bereit sind, entsprechend hohe Mieten zu bezahlen.“
Hohe Renditen lassen sich eher dort erzielen, wo ein günstiger Kaufpreis auf eine solide Gästenachfrage trifft. Auf Rügen, Usedom, Fischland-Darss-Zingst, auf Fehmarn oder in Grömitz sollte das kein Problem sein. Gleichzeitig lassen sich dort noch vergleichsweise günstige Objekte erwerben. Auf Inseln wie Amrum oder Wangerooge kostet ein Quadratmeter Wohnfläche in guten Lagen dagegen bereits bis zu knapp 8000 Euro.
120 Tage sollte das Ferienquartier mindestens vermietet werden
„Für Einsteiger eignet sich eine Ferienwohnung eher als ein Ferienhaus, weil man sich dann meist einer schon existierenden Verwaltung anschließen kann und der Aufwand geringer ist“, sagt Enders. Angesichts der niedrigen Zinsen ist es meist kein Problem, die Finanzierungsrate für einen Kredit von den Einnahmen aus der Vermietung zu decken.
„120 Tage im Jahr sollte das Ferienquartier mindestens vermietet werden, um die Kosten zu decken. Aber wenn man das Potenzial voll ausschöpft, sind auch 200 Tage im Jahr möglich“, sagt Enders. So lassen sich an der Ostsee im günstigsten Fall Einnahmen von rund 20.000 Euro im Jahr erzielen – bei durchschnittlichen Tagespreisen von rund 100 Euro.
Davon müssen natürlich noch die Kosten abgezogen werden. Bis zu 50 Prozent der Mieteinnahmen gehen für Finanzierung, Instandhaltung, Buchungsabwicklung sowie Pflege von Grundstück und Eigentum drauf, vor allem wenn die Vermieter auf Dienstleister zurückgreifen, so der Deutsche Ferienhausverband. Dennoch sollte schon im ersten Jahr ein kleiner Gewinn möglich sein, der dann aber noch versteuert werden muss. Allerdings: Ein Drittel der Ferienhausvermieter hat nur jährliche Einnahmen von 5000 bis 10.000 Euro im Jahr.
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Ferienwohnung am Meer: Ausreichend Eigenkapital ist wichtig
Auch Baufinanzierer spüren die gestiegene Nachfrage nach Ferienimmobilien. „Wir beobachten derzeit ein zunehmendes Interesse an Ferienwohnungen – sowohl zur ausschließlichen Eigennutzung als auch zur Vermietung“, sagt Interhyp-Vorständin Mirjam Mohr. So registrieren die Interhyp-Geschäftsstellen an der Nord- und Ostsee, etwa in Rostock, Stralsund, Greifswald oder Emden derzeit eine hohe Nachfrage.
„Bei der Finanzierung einer Ferienwohnung ist ausreichend Eigenkapital wichtig. Wir raten als erste Orientierung zu einem Eigenkapitaleinsatz von rund 40 Prozent des Kaufpreises – für die Kaufnebenkosten, die rund sechs bis 16 Prozent ausmachen können, und einen Teil des Kaufpreises“, sagt Mohr. Auch das notwendige Mobiliar für die Ausstattung muss von Anfang an einberechnet werden, ebenso Leerstandszeiten.
„Je mehr Eigenkapital ich einsetze, desto weniger muss ich finanzieren und desto geringer ist die Rate“, sagt Oliver Born von der Commerzbank. „Zudem verringert ein höherer Eigenkapitaleinsatz auch den Zinssatz der Finanzierung, was sich natürlich ebenfalls auf die monatliche Belastung auswirkt.“ Denn selbst in Zeiten einer Pandemie sollte ein Ferienquartier nicht zu zusätzlichen finanziellen Sorgen führen.
Teil 7 der Serie lesen Sie am nächsten Dienstag