Hamburg. Langfristige Zinsbindung bringt mehr Sicherheit. Einkommen und Eigenkapital entscheidet über Größe und Lage der Immobilie.

Immobilienkäufer müssen rund 800.000 Euro für ein frei stehendes Einfamilienhaus in Hamburg ausgeben, wer sich mit einem Mittelreihenhaus begnügt, zahlt 400.000 Euro, und eine 80 Quadratmeter große Eigentumswohnung ist mit 360.000 Euro kaum günstiger als das Reihenhaus. Das sind keine Angebotspreise aus Immobilienportalen, sondern jene Summen, die im Schnitt im vergangenen Jahr laut Gutachterausschuss tatsächlich bei Immobilienkäufen bezahlt wurden.

Bisher gibt es kaum Anzeichen dafür, dass der Immobilienkauf in diesem Jahr durch die Corona-Pandemie deutlich günstiger wird. „Das Interesse an Immobilien ist nach wie vor groß“, sagt Saskia Schauland, Immobilienexpertin der Hamburger Sparkasse. Auch an der Wettbewerbssituation der potenziellen Käufer hat sich wenig geändert. „Beim Immobilienkauf ist nach wie vor Geschwindigkeit gefragt, für jedes Objekt in Hamburg gibt es viele Interessenten“, sagt Tomas Peeters, Vorstandsvorsitzender der Hamburger Baufi24 Baufinanzierung AG. „Angebote und Preise sind auf dem Niveau von vor Corona.“

Lohnt angesichts der exorbitanten Preise der Immobilienerwerb überhaupt noch? Mit einem für Hamburg überraschenden Ergebnis wartet dazu das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) in einer neuen Studie auf. Die Experten haben für alle 401 Landkreise in Deutschland die jeweiligen Mietkosten für eine Wohnung mit den Aufwendungen eines Bewohners verglichen, der ein vergleichbares Objekt gekauft hat.

Kauf einer Immobilie lohnt sich, wenn Eigenkapital vorhanden ist

Berücksichtigt wurden dabei nicht nur der Kaufpreis, sondern auch die Erwerbsnebenkosten, die Zinsen und auch die Ausgaben für Instandhaltung. Die Tilgung wurde nicht berücksichtigt, weil damit ein Vermögensaufbau beim Käufer einhergeht, der bei den Mietern nicht stattfindet.

In Hamburg liegt der Kostenvorteil der Selbstnutzer im langfristigen Vergleich gegenüber den Mietern bei 43,1 Prozent. Im Vergleich der sieben großen Metropolen ist das nach Berlin (35,1 Prozent) zwar der zweitniedrigste Wert, aber dennoch ein deutlicher Vorteil. Der Durchschnittswert für Deutschland beträgt 48,5 Prozent. „Man kann generell dazu raten, Wohneigentum zu bilden, wenn das Eigenkapital dazu vorhanden ist“, sagt IW-Immobilienexperte Michael Voigtländer.

In Hamburg müssen Käufer höhere Kredite aufnehmen

Allerdings müssen die Käufer in Hamburg dafür sehr viel Geld in die Hand nehmen. Das schlägt sich in einer immer höheren Kreditaufnahme nieder. Im Zeitraum von Januar bis April 2020 waren das im Schnitt 431.000 Euro Kredit für einen Immobilienkauf, wie aus Daten des Baufinanzierungsvermittlers Dr. Klein hervorgeht. Das ist eine Steigerung von 73 Prozent gegenüber 2015, als für den Immobilienkauf in Hamburg noch knapp 250.000 Euro Kredit reichten.

Wer 1600 Euro im Monat für die Kreditrate aufbringen kann und über 80.000 Euro Eigenkapital verfügt, kann sich eine Immobilie für rund 440.000 Euro leisten. Dabei ist schon berücksichtigt, dass neben dem Kaufpreis hohe Nebenkosten für Makler, Grunderwerbsteuer und Notar fällig werden, die sich für Hamburg auf knapp 13 Prozent des Anschaffungspreises belaufen und die im Gesamtbudget mit berücksichtigt werden müssen. „Allerdings werden gerade die Nebenkosten oft unterschätzt“, sagt Alexander Krolzik von der Verbraucherzentrale Hamburg.

Nebenkosten werden beim Immobilienkauf oft unterschätzt

Zusammen mit den Nebenkosten und einer Reserve liegt das Gesamtbudget im Beispielfall bei rund 521.000 Euro. Allein die Erwerbsnebenkosten belaufen sich in diesem Fall auf rund 56.000 Euro, die einen Großteil des Eigenkapitals aufzehren. Zusätzlich ist in der Berechnung noch ein Sicherheitsabschlag von rund 26.000 Euro (fünf Prozent bezogen auf das Gesamtbudget) für unvorhergesehene Ausgaben berücksichtigt.

Die Konditionen betragen 1,35 Prozent für eine 15-jährige Zinsbindung, und die anfängliche Tilgung liegt bei drei Prozent. Nach 15 Jahren muss eine Restschuld von rund 220.000 Euro neu finanziert werden. Selbst wenn die Zinsen bis dahin auf vier Prozent steigen sollten, läge die monatliche Belastung bei rund 1300 Euro, also 300 Euro weniger als aktuell.

Ermöglicht wird dieses Ergebnis durch die relativ hohe Tilgung und die Laufzeit. Ohnehin verlangen Banken jetzt eine Tilgung von meist zwei oder drei Prozent. Denn je niedriger die Zinsen sind, desto länger zieht sich die Rückzahlung des Darlehens hin. Wer für die Finanzierung nur 1000 Euro aufbringt und über ein Eigenkapital von 50.000 Euro verfügt, kann sich eine Immobilie für rund 275.000 Euro leisten. Mit diesem Budget bietet sich nur das Umland für eine Immobiliensuche an.

Wissenswertes zu Immobilien und Wohnen in Hamburg (Stand 31.12.2018):

  • In Hamburg gibt es insgesamt 252.751 Wohngebäude
  • 956.476 sind Wohnungen, davon 75.716 (7,9 Prozent) Sozialwohnungen
  • 190.648 (19,9 Prozent) sind Ein- oder Zweifamilienhäuser
  • Die durchschnittliche Wohnungsgröße in Hamburg beträgt 76,1 Quadratmeter
  • Jedem Hamburger stehen im Schnitt 7,9 Quadratmeter Wohnfläche zur Verfügung
  • Der durchschnittliche Grundstückspreis beträgt in Hamburg 729 Euro pro Quadratmeter
  • Der durchschnittliche Preis für Ein- oder Zweifamilienhäuser beträgt 4037 Euro pro Quadratmeter
  • Der durchschnittliche Preis für Eigentumswohnungen beträgt 4483 Euro pro Quadratmeter
  • Hamburgs 1.891.810 Einwohner verteilen sich auf 1.041.724 Haushalte
  • In jedem Hamburger Haushalt leben im Schnitt 1,8 Personen
  • Mehr als die Hälfte der Hamburger Haushalte sind Single-Haushalte (567.587/54,5 Prozent)

Zinsen derzeit historisch niedrig

Erleichtert wird der Immobilienkauf durch die historisch niedrigen Zinsen. Eine 15-jährige Zinsbindung gibt es für rund 1,35 Prozent. Die zehnjährige Zinsbindung liegt deutlich unter einem Prozent, spielt aber bei Finanzierungen kaum noch eine Rolle. Je enger das finanzielle Korsett einer Finanzierung ist, desto länger sollte die Zinsbindung sein. Für deutlich weniger als zwei Prozent ist auch eine 20-jährige Zinsbindung erhältlich.

Auch wenn man sich für mehr als zehn Jahre gegenüber der Bank gebunden hat, kann man nach zehn Jahren aus dem Kredit aussteigen, ohne eine Vorfälligkeitsentschädigung zahlen zu müssen. „Erwarten Kunden in absehbarer Zeit größere Zahlungen, weil sie zur Erbengeneration gehören oder größere Zuwendungen erhalten werden, kann auch eine kürzere Zinsfestschreibung sinnvoll sein, oder, noch besser, die Finanzierungssumme wird in mehrere Darlehen gesplittet“, sagt Schauland.

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Dafür eigne sich ein KfW-Darlehen, welches ohnehin nur eine zehnjährige Zinsbindung hat. Bei der KfW-Bank kann auch das Baukindergeld bis Ende des Jahres beantragt werden, das mit 12.000 Euro je Kind den selbst genutzten Immobilienerwerb unterstützt. „In jedem Fall sollten mehrere Finanzierungsangebote eingeholt werden“, rät Krolzik.

Kredit sollte auf persönliche Erfordernisse ausgerichtet sein

Verbraucher sollten auch darauf achten, wie flexibel ein Baudarlehen ist. Dazu gehören Sondertilgungen, um nicht planbare Geldzuwendungen, etwa aus Erbschaften, in die Tilgung stecken zu können. Auch eine Veränderung der Tilgungsrate während der Laufzeit ist ratsam. „Es ist wichtig, dass der Kredit auf die persönlichen Erfordernisse ausgerichtet ist“, sagt Verbraucherschützer Krolzik. „Die monatliche Belastung sollte 40 Prozent des Nettoeinkommens eines Haushalts nicht übersteigen“, rät der Experte.

Dabei müssen aber auch die Nebenkosten für die Immobilie mit einbezogen werden. Aber auch die Zukunftsplanung sollte man berücksichtigen, so Krolzik. „Wie wirkt sich ein Kinderwunsch auf die Ausgaben aus und für welchen Zeitraum? Wie sicher sind Job und Einkommen?“ In unsicheren wirtschaftlichen Zeiten sind diese Fragen schwierig zu beantworten.

Blickt man auf die Nachfrage nach Immobilien, scheint die Gruppe der Käufer bisher kaum von den wirtschaftlichen Folgen der Pandemie betroffen zu sein – auch die Banken geben sich großzügig: „Kurzarbeitergeld ist kein generelles Hindernis für eine Finanzierung. Das kommt auf den Einzelfall und die beruflichen Perspektiven an“, sagt Haspa-Beraterin Schauland. Auch die Höhe des Eigenkapitals spiele eine Rolle. Ob es gut geht, zeigt sich erst nach vielen Jahren, denn ein Immobilienkauf ist für die meisten ein langes finanzielles Abenteuer.

Eigenheim ohne Eigenkapital kaufen?

Viele wagen es, ohne dass es ihnen richtig bewusst ist: den Immobilienkauf ohne Eigenkapital. Denn das Eigenkapital reicht oft nur, um Nebenkosten wie Grunderwerbsteuer und Maklercourtage zu begleichen. 15 bis 20 Prozent der Hamburger kommen so zu ihrer Immobilie, die Bank finanziert dann den Kaufpreis komplett.

„Es gibt viele Geldinstitute, die Immobilien zu 100 Prozent finanzieren“, sagt Tomas Peeters, Vorstandsvorsitzender von Baufi24. Ist der Kredit höher als der Wert des Hauses, wird es schwieriger. „Wenn auch noch die Nebenkosten übernommen werden sollen, dann sind eine hohe Kundenbonität oder zusätzliche Sicherheiten erforderlich“, sagt Peeters. Die Nebenkosten werden dann zumeist über einen Ratenkredit finanziert, der deutlich höhere Zinsen als ein Immobiliendarlehen hat.

Die Haspa schließt die Finanzierung der Nebenkosten aus. „In Einzelfällen finanzieren wir auch mehr als den aktuellen Immobilienwert, wenn zum Beispiel noch energetische Modernisierungen vorgenommen werden“, sagt Saskia Schauland von der Haspa. Die Kunden, die eine solche Finanzierung nutzen möchten, benötigen ein hohes Einkommen und ein sicheres Beschäftigungsverhältnis. In jedem Fall wird es teuer. Je weniger Eigenkapital die Käufer mitbringen und je länger sie den Zins festgeschrieben haben wollen, desto höher ist der Zins.