Hamburg. Dritter Teil: Vor Erwerb einer Wohnimmobilie aus dem Bestand sollte Vieles geklärt werden. Darauf sollten Sie achten.

Karl Heinz Schneider vertraut zunächst einmal seiner Nase, wenn er eine Immobilie besichtigt. Seltsamen Gerüchen geht der Architekt und Sachverständige für Hochbauplanung und Bauüberwachung vom Verband der Privaten Bauherren (VPB) auf den Grund. Von Erklärungen der Verkäufer wie „Hier ist schon länger nicht gelüftet worden“, lässt er sich nicht beeindrucken. „Eigenartige Gerüche können ganz verschiedene Ursachen haben“, sagt Schneider. Das reiche von Wasserschäden über Schimmel bis hin zu einem Vorbewohner, der starker Raucher war. Mängel an einer Wohnimmobilie lassen sich auch mit der Nase aufspüren.

Ob Einfamilienhaus, Reihenhaus oder Wohnung – vor dem Kauf einer Bestandsimmobilie ist es unbedingt ratsam genauer hinzusehen. Denn eine Gewährleistung vom Verkäufer für später entdeckte Schäden gibt es in der Regel nicht. Es gilt: Gekauft wie gesehen. Nach der Unterschrift beim Notar ist es zu spät. Nur bei arglistiger Täuschung kann der Käufer den Verkäufer haftbar machen. Neben Fehlern bei der Finanzierung kann man auch bei der Auswahl der Immobilie viel falsch machen. Die Folgen sind unvorhergesehene Kosten und eine Verzögerung des geplanten Einzugs durch zusätzliche Handwerkerarbeiten. Das kann schnell die gesamte Finanzierung sprengen.

Zu viele Emotionen – das kann teure Folgen haben

„Eine Immobilie sollte man systematisch vom Keller bis zum Dach besichtigen und möglichst seine Emotionen, dass die Immobilie sehr stark den eigenen Vorstellungen entspricht, beiseitelassen“, sagt der Sachverständige Schneider. Denn in der Euphorie werden viele Mängel übersehen. Von bereits erfolgten Sanierungen sollten sich potenzielle Käufer nicht blenden lassen. „Denn es ist besonders schwer zu erkennen, ob bauliche Mängel nur mit einem neuen Anstrich, Fliesen oder Bodenbelag übertüncht wurden“, sagt Schneider. Eine Gefahr sind auch ausgebaute Keller. Hinter dem wohnlichen Ambiente lassen sich viele Mängel verstecken. Und nicht immer ist sicher, ob diese Räumlichkeiten auch wirklich zum Wohnen zugelassen sind.

Carsten H. hat mit seiner Partnerin lange nach einem geeigneten Haus in Hamburg, aber auch in Reinbek und Ahrensburg gesucht. „Manchmal ist doch im Nachhinein gut, wenn man nicht den Zuschlag bekommen hat“, weiß er nach vielen Besichtigungen. „Denn man ist doch stark involviert und ist auch geneigt, den Rat eines Experten auszuschlagen.“ So erinnert sich H. an ein tolles Einfamilienhaus in Sasel, in das er und seine Partnerin sich sofort verliebt hatten. Doch es stand unter Denkmalschutz, eine Dämmung war nicht vorhanden, und es gab zwar eine Fußbodenheizung, doch die wurde mit Strom betrieben. Mit etwas Abstand waren beide froh, den Bieterwettbewerb um das Haus nicht gewonnen zu haben. Trotz vieler Unwägbarkeiten sollte es aber doch ein Altbau sein. Das Paar fand schließlich – ebenfalls in Sasel – ein Haus aus den 1950er-Jahren. Derzeit wird es renoviert.

Erste Orientierung gibt das Baujahr der Immobilie

Eine erste Orientierung gibt das Baujahr der Immobilie. Gebäude aus der Gründerzeit können unter Denkmalschutz stehen. Die Folge: Für die Modernisierung bestehen besondere Auflagen. „In Gründerzeithäusern besteht die Gefahr, dass die Holzbalkendecken verfaulen, was aber schwer zu erkennen ist“, sagt Schneider. Weitere häufige Mängel seien feuchte Keller, schadhafte Dächer, schlechter Schallschutz, rostende Stahlträger an Fensteröffnungen und unter Balkonen. Die Wohnarchitektur der 1930er-Jahre ist geprägt von vielen Ziegelbauten. Sie haben meist noch intakte Fassaden, könnten aber auch bereits die Mängel der Häuser aus der Gründerzeit haben. In den 1950er-Jahren wurden Häuser oft mit Restmaterialien aufgebaut, an tragenden Bauteilen wurde nicht selten gespart. Der Schallschutz ist häufig sogar noch schlechter als in den älteren Gebäuden.

Bei den Häusern aus den 60er- und 70er-Jahren sind die tragenden Konstruktionen meist noch intakt. „Aber es gibt einen umfassenden Modernisierungsbedarf vom Wärmeschutz über Fenster bis zur kompletten Haustechnik“, sagt Schneider. „Bis in die Mitte der 1990er-Jahre können für die Dämmung Mineralfaserdämmstoffe verwendet worden sein, die ähnlich gefährlich sind wie Asbest und fachgerecht entsorgt werden müssen.“ Ein anderes Schadstoffproblem datiert aus den 1970er-Jahren. Damals wurden oft gesundheitsschädliche Holzschutzmittel verwendet. Damit belastete Konstruktionen müssen ausgetauscht werden.

Spinnweben im Keller? Das ist ein gutes Zeichen

Neben diesen typischen Mängeln für verschiedene Bauzeiten können sich unabhängig vom Baujahr weitere Schäden an den Gebäuden zeigen. Viel Aufmerksamkeit bei der Besichtigung verlangt der Keller. „Gerade in Hamburg gibt es viele Feuchtigkeitsschäden“, weiß der Sachverständige. Salzartige Ablagerungen oder sandende Fugen sind ein Hinweis für aufsteigende Feuchtigkeit. Es kann sein, dass noch Wasserrohre aus Blei verlegt sind und oft entsprechen in älteren Häusern die Elektroleitungen nicht mehr den heutigen Anforderungen. Schwachstellen beim Dach sind die Übergänge zu Schornsteinen, Gauben und Dachkehlen. An vielen Holzbauteilen des Daches besteht die Gefahr der Fäulnisbildung. Spinnweben dagegen sind ein gutes Zeichen. Wo sie sich ballen, gibt es garantiert keine Feuchtigkeitsschäden.

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Spätestens vor der Unterzeichnung des Kaufvertrags ist es Zeit für einen Blick in das Grundbuch. Hier können sich erhebliche Einschränkungen für die künftige Nutzung der Immobilie verbergen. „Ein Beispiel sind eingetragene Abstandsflächen zum Nachbar, die eine grenznahe Bebauung verhindern“, sagt Schneider. Meist wurden solche Rechte von früheren Eigentümern gegen Bezahlung eingeräumt. Bei großen Grundstücken sollte vorher geprüft werden, ob eine Teilungsmöglichkeit besteht. Auch mit einem im Grundbuch eingetragenen Wegerecht kann es Probleme geben. Ein solches Wegerecht gibt es meist auf Grundstücken, die in zwei kleinere aufgeteilt wurden und von denen das hintere nur über das an der Straße gelegene zu erreichen ist. Ein Grundstück mit einem Wegerecht ist im Wert geringer. „Wer ein Reihenhaus erwirbt, sollte prüfen, ob die gesamte Anlage als Wohneigentümergemeinschaft (WEG) existiert“, sagt Schneider. Denn dann können viele Teile der Immobilie zum Gemeinschaftseigentum gehören, etwa Fenster oder Eingangstüren. Dann will die WEG bei der Erneuerung mitbestimmen.

Austauschpflicht für Heizungen:

  • Erst mal einziehen, dann renovieren wir Stück für Stück, denken viele Hauskäufer. Das kann gründlich schiefgehen Denn auch, wenn die alte Heizung noch funktioniert, kann es sein, dass der neue Besitzer sie ersetzen muss. Die sogenannte Austauschpflicht besagt, dass Heizungen grundsätzlich nach 30 Jahren erneuert werden müssen. Ausnahmen gibt es nur für Altbesitzer.
  • Käufer, die ein Haus aus dem Bestand erwerben, sollten prüfen, ob der Verkäufer bereits der Austauschpflicht unterlag und sie auch erfüllt hat. Das wäre der Fall, wenn er die Immobilie nach dem 1. Februar 2002 erworben hat. Unter die Austauschpflicht fallen alle Heizkessel, die mit flüssigen oder gasförmigen Brennstoffen beschickt werden, keine Niedertemperatur-Heizkessel oder Brennwertkessel sind, deren Nennleistung weniger als vier Kilowatt oder mehr als 400 Kilowatt beträgt. Wurde der Kessel im Haus vor dem 1. 1. 1990 eingebaut, darf er ab 1. 1. 2020 nicht mehr betrieben werden. Weil die Tauschpflicht jedes Jahr neue Anlagen betrifft, sollte das Alter der Heizung bei einem Eigentümerwechsel immer ein Thema sein.
  • Unter die Nachrüstpflichten fallen auch die nachträgliche Dämmung nicht gedämmter Warmwasserleitungen, die in oder durch unbeheizte Räume verlaufen. Ungedämmte oberste Geschossdecken, also klassische Speicherböden, müssen ebenfalls gegen Wärmeverluste nachgerüstet werden wie das Dach. Neue Eigentümer haben dafür zwei Jahre Zeit. stp

Ohne einen Fachmann ist die Beurteilung einer Bestandsimmobilie nicht möglich. Das gilt auch, wenn eine Eigentumswohnung erworben werden soll. Fachlichen Rat gibt es bei den beiden speziell auf das Bauen ausgerichteten Verbraucherschutzorganisationen Verband privater Bauherren (www.vpb.de) und Bauherren-Schutzbund (www.bsb-ev.de), die beide Vertretungen in Hamburg haben. Bei beiden Organisationen muss man Mitglied werden.

Auch die Verbraucherzentrale Hamburg (www.vzhh.de) bietet eine Beratung zum Immobilienkauf „Ein Architekt besichtigt das Objekt, erläutert die Mängel und beziffert den finanziellen Aufwand für die Beseitigung“, sagt Alexander Krolzik von der Verbraucherzentrale. Kosten: 125 Euro pro Stunde. Alternativ kann ein Bausachverständiger mit der Prüfung des Objekts beauftragt werden.