Hamburg. Teil 2: In rund der Hälfte der Stadtteile gibt es Eigenheime unter dem Durchschnittspreis der Hansestadt – besonders im Umland.
Familiennachwuchs benötigt Platz. Oft ist das für Hamburger der Auslöser für die Suche nach den eigenen vier Wänden. So war es auch bei Familie Timmke, die damals noch in Hamburg wohnte. „Wenn wir uns als Mieter vergrößert hätten, wäre das Budget für die Miete deutlich angestiegen“, sagt Thomas Timmke. „Da kam uns dann der Gedanke, dass wir dieses Geld auch in die Finanzierung einer eigenen Immobilie stecken können.“
Auf ein Reihenmittelhaus hatte die junge Familie jedoch keine Lust. „Einmal um das Haus herumgehen können, das war schon unsere Vorstellung“, sagt Timmkes Ehefrau Neleke. Doch dazu wollten sie auch in Hamburg bleiben. Um ihr Einfamilienhaus herumgehen können sie nun zwar. Es steht allerdings nicht in Hamburg.
Trotz Corona-Pandemie keine Schnäppchen
Wer jetzt auf Immobiliensuche geht, wird trotz der Corona-Pandemie nicht auf Schnäppchen hoffen können. Die Hoffnung, dass das Virus auch die Preise in Metropolen wie Hamburg infiziert, erweist sich – entgegen allen bisherigen Prognosen – als trügerisch. Das sieht inzwischen auch der Hamburger Ökonom Karl-Werner Hansmann so, der noch im Frühjahr mit Preisrückgängen von zehn bis 15 Prozent in der Hansestadt gerechnet hatte.
Damals ging er davon aus, dass die Wirtschaft um 20 Prozent einbrechen wird. „Doch Milliarden an staatlichen Hilfsgeldern und das Abflachen der Pandemie haben zu einer anderen Entwicklung geführt“, sagt Hansmann. Die Pandemie dämpft jetzt lediglich den Preisanstieg. „Solange es nicht zu einer zweiten Welle mit einem erneuten umfassenden Lockdown kommt, werden die Immobilienpreise in Hamburg nur stagnieren, statt zu sinken“, sagt Hansmann jetzt voraus.
Die Corona-Pandemie bremst den Immobilienpreisanstieg
Zu diesem Ergebnis kommen auch die Immobiliengesellschaften der Landesbausparkassen (LBS) in einer neuen Preisstudie. Die Preisspanne bei Bestandsobjekten für ein Eigenheim, um das man herumgehen kann, reicht dabei von 380.000 Euro für den Süderelberaum und die Vier- und Marschlande über 475.000 Euro in den östlichen Wohngebieten der Stadt bis zu mehr als einer Million Euro in den innerstädtischen Wohngebieten.
In allen Gebieten gibt es zu den von den LBS-Experten ermittelten häufigsten Preisen eine große Spannweite. So reicht sie in den östlichen Wohngebieten je Objekt von 140.000 Euro bis 800.000 Euro und im Süderelberaum von 130.000 Euro bis zu 780.000 Euro.
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Es gibt also Spielraum bei der Immobiliensuche, und es gibt die Hoffnung, dass die Immobilienpreise nicht mehr so steigen wie bisher. „Corona bremst den Preisanstieg bei Wohnimmobilien vorübergehend aus“, sagt LBS-Verbandsdirektor Axel Guthmann. „Zumindest bis zum Herbst. Weiter voraus können wir seriös nicht blicken.“
Vor allem im Norden Deutschlands müssen sich Immobilieninteressenten bei Eigenheimen nach wie vor auf viele Mitbewerber einstellen. Im Gegensatz zu den östlichen und südlichen Bundesländern erwarten die LBS-Experten im Norden eine unveränderte Nachfrage. „Ein Grund könnte sein, dass die Wirtschaftslage in Regionen unsicherer ist, die stark von der Autoindustrie geprägt sind“, sagt Guthmann.
Bezahlbarer Wohnraum im Großraum Hamburg
Von 63 Stadtteilen, für die im Immobilienmarktatlas der LBS Bausparkasse Schleswig-Holstein-Hamburg Preise für Einfamilienhäuser aus dem Bestand erfasst sind, liegt rund die Hälfte unter dem Durchschnittspreis von 4534 Euro je Quadratmeter Wohnfläche.
Dazu zählen Stadtteile wie Curslack (2990 Euro), Langenbek (3012 Euro), Harburg (3049 Euro), Eißendorf (3293 Euro), Tonndorf (3547 Euro) und Wandsbek mit 3864 Euro, um nur einige Beispiele zu nennen. Bezogen auf ein Haus mit 120 Quadratmeter Wohnfläche, was in Hamburg im Schnitt 544.000 Euro kostet, ergeben sich daraus Einsparungen zwischen 185.000 (Curslack) und 80.000 Euro (Wandsbek) beim Erwerb.
Homeoffice könnte längeren Weg zur Arbeit abmildern
„Wer nicht unbedingt in der City wohnen will, findet im Großraum Hamburg noch verkehrsgünstig gelegene Regionen mit bezahlbarem Wohnraum“, sagt Jens Grelle, Vorstandsvorsitzender der LBS Schleswig-Holstein-Hamburg. In Gemeinden wie Buchholz oder Winsen kostet ein Einfamilienhaus sogar bis zu knapp 270.000 Euro weniger als im Hamburger Durchschnitt. Zwar muss man dann mehr Zeit und Geld für den Weg zur Arbeit einkalkulieren. Ein künftig womöglich höherer Homeoffice-Anteil kann das aber abmildern.
Besonders attraktiv für Käufer seien auch Stadtteile, die ruhig und naturnah liegen und eine gute Infrastruktur aufweisen. „Auch durch die Corona-Pandemie gewinnt der Wert von Lebensqualität im Grünen weiter an Bedeutung“, sagt Grelle. Stadtteile wie Eißendorf und Tonndorf, die jetzt noch unter dem Durchschnittspreis liegen, verzeichneten in den letzten fünf Jahren eine Preissteigerung für bestehende Häuser von 37 und 32 Prozent.
In Bramfeld ist der Quadratmeter Wohnfläche besonders günstig
Von den 70 Stadtteilen, von denen der LBS-Immobilienmarktatlas Quadratmeterpreise für Eigentumswohnungen aus dem Bestand aufführt, liegen 46 unter dem Durchschnittswert von 5053 Euro je Quadratmeter Wohnfläche. Dazu gehören Neugraben-Fischbek (2814 Euro), Billstedt (2929 Euro), Steilshoop (3011 Euro), Bergstedt (3065 Euro), Rahlstedt (3388 Euro) und Lurup mit 3734 Euro.
Legt man den Hamburger Durchschnittswert (5053 Euro) zugrunde, ist in diesen Vierteln eine 80-Quadratmeter-Wohnung somit um gut 105.000 Euro bis knapp 180.000 Euro günstiger. „Im Osten von Hamburg kann zum Beispiel eine circa fünf Minuten längere Fahrzeit vom Hauptbahnhof aus eine Ersparnis beim Erwerb einer bestehenden Wohnung von rund 570 Euro pro Quadratmeter bewirken, wenn man sich für Rahlstedt statt Wandsbek entscheidet“, sagt Grelle. Bezogen auf das 80 Quadratmeter große Objekt ergibt sich daraus eine Einsparung von rund 46.000 Euro.
In Bramfeld ist der Quadratmeter Wohnfläche bei Bestandswohnungen sogar noch 1570 Euro günstiger als im Hamburg-Schnitt. Dabei stieg der Preis in Bramfeld bereits von 2015 bis 2020 um 47,1 Prozent auf 3483 Euro je Quadratmeter. „Derzeit ist der Stadtteil nur über Buslinien in den Nahverkehr eingebunden“, sagt Grelle. Dies soll mit der geplanten U-Bahn-Linie 5 in den nächsten Jahren verändert werden. „Deshalb gehe ich davon aus, dass die Preise dort weiter steigen werden“, sagt Grelle.
Auch im Hamburger Umland steigen die Preise
Aber zurück zu den beliebten Einfamilienhäusern. Auch in den Hamburger Umlandregionen steigen die Preise seit Jahren für diese Eigenheime, bleiben aber deutlich unter dem Hamburger Durchschnittswert von 4534 Euro je Quadratmeter Wohnfläche für Einfamilienhäuser aus dem Bestand. Allerdings können so die Wege zur Arbeit länger und teurer werden. Mit zunehmendem Homeoffice-Anteil kann sich das Problem aber entspannen.
So sind selbst die teuersten Städte und Gemeinden im Umland wie Wentorf/Aumühle (3794 Euro je Quadratmeter Wohnfläche), Ahrensburg (3686 Euro) und Schenefeld (3632 Euro) bis zu 20 Prozent günstiger als in Hamburg. Wer auf noch günstigere Standorte im Umland wie Buchholz (2582 Euro), Elmshorn (2526 Euro), oder Winsen (2294 Euro) ausweicht, kann sich deutlich mehr Wohnfläche für sein Geld leisten.
„Auch in Kaltenkirchen ist der Kauf eines Hauses um mehr als 2000 Euro pro Quadratmeter Wohnfläche günstiger als im Hamburger Durchschnitt“, sagt Grelle. Seit 2015 erhöhten sich aber auch dort die Kaufpreise für bestehende Häuser um 31,3 Prozent auf im Schnitt 2406 Euro pro Quadratmeter Wohnfläche.
Immer mehr Käufer blicken über die Stadtgrenzen hinaus
Auf der Suche nach bezahlbarem Wohnraum weichen die Käufer seit Jahren immer stärker in Umlandregionen aus. So war es auch bei Familie Timmke, die in Hamburg mit ihrem Budget nicht fündig wurde. „Da sind wir mit 400.000 Euro nicht weit gekommen, und auch eine Aufstockung der Preisobergrenze hat in Hamburg nicht geholfen“, sagt Neleke Timmke. Ihre Vorstellung vom eigenen Haus und wohnen auf einer Fläche, also in einem Bungalow, konnten sie in Tangstedt, 25 Kilometer vom Hamburger Hauptbahnhof entfernt, verwirklichen. Dort hat die junge Familie Raum auf 160 Quadratmeter Wohnfläche mit Kamin, Wintergarten und offener Küche – und knapp 800 Quadratmeter Grundstück bieten auch genügend Platz zum Spielen für ihren Sohn. Im Souterrain gibt es noch eine Einliegerwohnung, die sie vermieten. Natürlich musste das Bestandsobjekt umfassend renoviert werden, aber es gab dafür auch Verhandlungsspielraum beim Preis. „Wir haben ein Angebot über knapp 400.000 Euro abgegeben, das haben die Verkäufer akzeptiert“, sagt Neleke Timmke. „Dabei hatten wir sicherlich auch etwas Glück, denn das Haus stand schon länger leer, und die Erben wollten es endlich verkaufen.“
Mit Erbbaurecht günstiger in das eigene Heim
Angesichts der hohen Grundstückspreise ist Erbbaurecht eine Möglichkeit, den Anschaffungspreis für die Immobilie zu senken – um 20 bis 40 Prozent. Allerdings sind dann die laufenden Kosten höher. Ein Bauherr pachtet für einen Zeitraum von meist mehreren Jahrzehnten ein Grundstück, um darauf sein Haus zu bauen.
Dafür zahlt er dem Eigentümer – dem Erbbaurechtgeber – eine Pachtgebühr, den sogenannten Erbbauzins. Die Höhe des Zinses ist nicht gesetzlich geregelt und frei verhandelbar. In Hamburg beträgt der Erbbauzins 1,5 Prozent des Bodenwertes für städtische Grundstücke. Bei einem Grundstückspreis von 700 Euro je Quadratmeter in Hamburg und einer Grundstücksgröße von 500 Quadratmetern ergibt sich eine monatliche Rate von knapp 440 Euro.
Die Höhe des Zinses kann während der Laufzeit angepasst werden. Verbraucherschützer raten, Immobilien mit Erbbaurecht nur zu erwerben, wenn die Erbpacht noch mindestens 50 bis 60 Jahre läuft. Nachteile für den Erwerber sind Kostensteigerungen während der Laufzeit, mögliche Einschränkungen bei Umbauten und schlechtere Chancen beim Verkauf, vor allem wenn das Erbbaurecht bald verlängert werden muss. Für den Fall, dass man sich nicht einigt, ist meist im Vertrag schon eine Entschädigung vereinbart: zwei Drittel des Verkehrswertes der Immobilie.
Teil 3 der Serie lesen Sie am Donnerstag