Berlin. Während andere Autobauer straucheln, schreibt Tesla schwarze Zahlen. Damit rückt der Aufstieg in den wichtigsten US-Leitindex näher.
Elon Musk versteht es, seine globale Fangemeinde zu unterhalten. „Das Baby kann noch keinen Löffel benutzen“, schrieb er am Dienstag auf dem Kurznachrichtendienst Twitter auf Deutsch. Dazu ein Foto von sich mit T-Shirt, hochgekrempelten Hemdsärmeln und blauem Halstuch. Seinen knapp zwei Monate alten Sohn X Æ A-XII hält er im Arm. Mit links.
In den sozialen Netzwerken heizte der exzentrische Star-Gründer damit Spekulationen an. Warum twittert Musk auf Deutsch? Was soll der Löffelsatz? Ist er eine Anspielung auf die Gigafactory im brandenburgischen Grünheide? Antworten blieb Musk schuldig.
Klare Botschaften hebt sich der 49-Jährige lieber für das Geschäftliche auf. Etwa für die Quartalszahlen. Am Mittwochabend verkündete Tesla, in den vergangenen drei Monaten einen Überschuss von 104 Millionen Dollar (umgerechnet 90 Millionen Euro) erwirtschaftet zu haben.
Tesla steht dem allgemeinen Branchentrend entgegen
Während weltweit die Autobauer straucheln, setzt Tesla seinen Wachstumskurs fort und passiert einen Meilenstein. Erstmals in der 17-jährigen Firmengeschichte schreibt Tesla in vier Quartalen in Folge schwarze Zahlen. Damit ist eine wichtige Hürde genommen, um in den Kreis der größten börsennotierten US-Konzerne, den Leitindex S&P 500, aufgenommen zu werden.
Tesla steht somit der allgemeinen Entwicklung der Branche entgegen. Weltweit ist die Autoindustrie durch die Corona-Krise schwer angeschlagen. Der Verband der Automobilindustrie (VDA) erwartet, dass in diesem Jahr rund ein Viertel weniger Pkw in Deutschland und Europa verkauft werden.
• Kommentar: Wie deutsche Autobauer auf Teslas Erfolg reagieren müssen
Die Konkurrenz fährt deftige Verluste ein
Daimler verkündete am Donnerstag, im zweiten Quartal ein Umsatzminus von 29 Prozent eingefahren zu haben. Den pandemiebedingten Absatzrückgang werde man in diesem Jahr wohl nicht mehr aufholen, hieß es beim Stuttgarter Autobauer. Deshalb müssten die Effizienz- und Kapazitätsmaßnahmen intensiviert werden. Oder anders ausgedrückt: Es muss gespart werden. Dabei will Daimler ohnehin schon mehr Stellen abbauen, als ursprünglich geplant, zuletzt war von rund 20.000 Arbeitsplätzen die Rede.
Auch BMW will 6000 Stellen streichen. International sieht es nicht viel besser aus. Der französische Autobauer Renault hat bereits angekündigt, 15.000 Jobs streichen zu wollen. Der schwedische Autobauer Volvo verkündete am Dienstag für das erste Halbjahr einen Verlust von fast 1,2 Milliarden Schwedischen Kronen (rund 117 Millionen Euro).
Tesla will neue Gigafactory in Texas errichten
Tesla dagegen wächst. In einer Konferenzschalte nach der Bilanzvorlage kündigte Musk an, dass Tesla eine zweite US-Autofabrik, von Tesla Gigafactory genannt, neben dem Stammwerk im kalifornischen Fremont in Texas errichten werde. „Wir werden eine atemberaubende Fabrik direkt am Colorado River bauen“, sagte Musk. Auch der Bau der Fabrik in Grünheide, die 10.500 Jobs schaffen soll, komme sehr gut voran.
Die Zeit, in der Tesla von den deutschen Autobauern belächelt wurde, ist längst vorbei. „Beim Thema Digitalisierung sind wir in der zweiten Reihe“, sagte Audi-Chef Markus Duesmann dem „Handelsblatt“. Auf zwei Jahre wird in der Branche der Rückstand der deutschen Autobauer auf den US-Pionier geschätzt.
Autoexperte Dudenhöffer: „Tesla ist innovativer als Google“
Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer geht noch weiter. „Tesla ist der Innovationsführer. Die anderen Autobauer hinken fünf Jahre hinterher“, sagte der Direktor des Autoforschungsinstituts CAR unserer Redaktion. Das Erfolgsrezept sieht Dudenhöffer in einem zentralen Steuergerät in den Tesla-Modellen.
Während bei herkömmlichen Fahrzeugen jedes Teil einzeln ausgelesen werden muss, können die Tesla-Autos alle wichtigen Fahrinformationen über einen Chip verarbeiten. „Ein Rechner für alle Aufgaben – das ist sensationell. Für mich ist Tesla innovativer als Google“, sagt Dudenhöffer.
Nur Renault konnte es beim E-Auto Absatz mit Tesla aufnehmen
Gemessen an der Fahrzeugproduktion ist Tesla immer noch klein. 500.000 Autos sollen in diesem Jahr produziert werden. Bis 2025 rechnet Dudenhöffer mit der Produktion von jährlich 2,5 Millionen Fahrzeugen.
Zum Vergleich: Volkswagen lieferte im vergangenen Jahr 10,97 Millionen Fahrzeuge aus. Der Fokus liegt künftig stärker auf der E-Mobilität. „Die Modelloffensive der deutschen Hersteller ist in vollem Gange“, sagte VDA-Präsidentin Hildegard Müller unserer Redaktion. Insbesondere die gesenkte Mehrwertsteuer und der erhöhte Umweltbonus würden dafür sorgen, dass die Nachfrage weiter steige, sagte die seit Februar amtierende VDA-Chefin.
Aktuell bieten deutsche Konzernmarken rund 70 E-Modelle an, 2023 sollen es 150 sein. Bei den Verkaufszahlen konnte es in Europa zuletzt aber nur Renault mit seinem Erfolgsmodell Zoe mit Tesla aufnehmen.
Tesla Aktie auf Höhenflug
Das Zukunftsversprechen der Elektromobilität und die technologische Affinität Teslas sorgen auch an der Börse für immer neue Höhenflüge, an der Tesla mittlerweile mehr wert ist als alle deutschen Autobauer zusammen.
Am 1. Mai twitterte Elon Musk, dass er den Kurs für zu hoch halte. Damals war das Wertpapier für umgerechnet rund 713 Euro zu haben. Nach den starken Quartalszahlen am Mittwoch kostete die Aktie am Donnerstag zeitweise über 1450 Euro.
Shortseller, die auf fallende Kurse wetten, schauten bisher in die Röhre. Laut dem Finanzdatenanbieter S3 Partners haben sie in diesem Jahr einen Verlust von über 23 Milliarden Dollar (19,86 Milliarden Euro) eingefahren.
Auch das ließ Musk nicht unkommentiert. Stattdessen verkaufte Tesla spontan kurze rote Satin-Hosen mit einem goldenen Tesla-Logo, „short shorts“ schrieb Musk dazu. Im Nu waren die Hosen ausverkauft. Die Einnahmen aus dem Verkauf hat Musk persönlich nicht wirklich nötig. Allein durch die aktuelle Kursrallye stehen ihm aufgrund eines Vergütungsplans seit Dienstag Aktienoptionen im Wert von über zwei Milliarden Dollar zu.
Mehr zu Tesla:
Im Zuge der Corona-Pandemie sind die deutschen Autobauer in die Krise geschlingert. Tesla dagegen konnte profitieren. Auch vom höhren Umweltbonus kann der kalifornische Autobauer profitieren – die Förderung gilt auch für Tesla-Modelle. Erfolgsgarant für Tesla ist das Model 3. Das zeichnet den E-Renner aus. In Europa hat Tesla bereits einen deutlichen Vorsprung, was die Anzahl an Ladesäulen angeht. Die Grünen wollen insgesamt mehr E-Ladesäulen schaffen.