Hamburg. Mehr als ein Drittel der Hamburger Bankkunden greift häufiger digital aufs eigene Konto zu. Geldinstitute schließen derweil Filialen.

Seit Beginn der Corona-Pandemie nutzen Bank- und Sparkassenkunden deutlich häufiger das Onlinebanking zur Abwicklung ihrer Bankgeschäfte. Die teilweise Schließung von Filialen und verkürzte Öffnungszeiten haben viele Hamburger veranlasst, sich stärker als bisher am Onlinebanking zu versuchen oder gar erstmals diesen Weg für Bankgeschäfte auszuprobieren. Das zeigt eine Umfrage des Abendblatts bei Kreditinstituten in Hamburg.

Demnach haben 36 Prozent der Hamburger in der Corona-Krise häufiger als vorher zum Beispiel Überweisungen per Laptop, Tablet oder mit ihrem Smartphone abgewickelt. Das zeigt eine repräsentative Erhebung der Commerzbank Hamburg (siehe Grafik).

„Viele Kunden, die vorher skeptisch waren, erkennen jetzt die Vorteile von Onlinebanking“, sagt Commerzbank-Bereichsvorstand Frank Nierhaus. Er ist verantwortlich für das Privatkundengeschäft im Norden. Noch stärker zugenommen hat das kontaktlose und bargeldlose Bezahlen, das 75 Prozent der Hamburger häufiger nutzen als vor Ausbruch des Coronavirus. „Deshalb bauen wir unsere mobilen Bezahllösungen weiter aus und bieten unseren Kunden nach Google Pay und Apple Pay jetzt auch das Bezahlen des Einkaufs per Garmin- oder Fitbit-Uhr an“, so Nierhaus.

Onlinebanking: Pro Monat dreimal mehr neue Nutzer

Im internationalen Vergleich sind die Deutschen bisher eher zurückhaltend beim Onlinebanking. Franzosen, Briten, Niederländer und Dänen erledigen ihre Bankgeschäfte bis zu fast 90 Prozent über das Internet. In Deutschland sind es im Schnitt 54 Prozent. Doch das Inter­esse an digitalen Bankgeschäften hat stark zugenommen. „Das hat das Nutzungsverhalten unserer Kunden im März und April gezeigt“, sagt Heidi Melis, Sprecherin der Hamburger Volksbank. „In beiden Monaten haben sich 50 Prozent mehr Kunden eingeloggt als noch im Februar.“

Die Deutsche Bank bestätigt ein gestiegenes Interesse ihrer Kunden an digitalen Zugangswegen, ohne konkrete Zahlen zu nennen. Bei der HypoVereinsbank haben sich die Registrierungen für das Onlinebanking seit Beginn der Corona-Krise verdreifacht. „An Bedeutung gewinnt auch unsere App für das Mobile Banking“, sagt Ralf Horak von der HypoVereinsbank. „Im März stieg die Nutzung dieses Zugangswegs zum eigenen Konto um 23 Prozent im Vergleich zum Februar.“

Gleich auf seiner Internet-Startseite weist das Institut HypoVereinsbank-Kunden auf ein sogenanntes Webinar zum Onlinebanking hin, eine Informationsveranstaltung im Internet. Auch die Deutsche Bank bietet solche Hilfestellungen an.

Der Anteil der Kunden, die Onlinebanking praktizieren, ist von Institut zu Institut sehr unterschiedlich. „Mit einer Nutzung von 77 Prozent liegen wir als Hamburger Volksbank auf Rang zehn in einem Ranking unter allen 800 teilnehmenden Volksbanken“, sagt Melis. Bei der Deutschen Bank nutzen mehr als die Hälfte der Kunden digitale Zugangswege zum Konto, bei der Commerzbank sind es knapp 60 Prozent der Hamburger Kunden. „Tendenz steigend“, sagt eine Banksprecherin.

„In der Corona-Krise hat die Nutzungsintensität des Onlinebankings spürbar zugenommen“, sagt Haspa-Sprecherin Stephanie von Carlsburg. Bislang nutzen etwa 40 Prozent der Haspa-Girokonto-Kunden regelmäßig Onlinebanking. Mit aktuell 120 Filialen sind die Wege zum nächsten Haspa-Bankschalter noch kurz.

Corona-Krise beschleunigt Filialabau bei Banken

Durch die Corona-Krise wird sich aber auch der Filialabbau bei deutschen Banken beschleunigen. Coronabedingt dürften bis zum Jahr 2025 zusätzlich 3500 Filialen wegfallen, prognostiziert die Unternehmensberatung Investors Marketing in einer Studie. Bis 2025 werde sich die Zahl der Filialen im Vergleich zu 2005 um 64 Prozent auf nur noch 16.000 bundesweit verringern.

„In der Corona-Krise haben sich die Kunden daran gewöhnt, Serviceanliegen und Banking rein über digitale oder telefonische Kanäle zu erledigen und bei komplexem Beratungsbedarf zu größeren Standorten mit umfassender Expertise zu gehen“, sagt Oliver Mihm, Chef von Investors Marketing. Die Institute würden daher den ohnehin geplanten Filialabbau wegen des veränderten Kundenverhaltens vorziehen.

Fast alle Institute wollen die Zahl ihrer Zweigstellen reduzieren. Die Haspa wird allein in diesem Jahr 15 Filialen schließen. Von einst 130 Standorten sollen noch 100 übrig bleiben, die zu einem Nachbarschaftstreff umgestaltet werden. Insgesamt werden dafür 30 Millionen Euro investiert. „Unsere Kunden wollen beides: digitale Angebote auf allen Kanälen und persönliche Beratung in der Filiale vor Ort“, sagt von Carlsburg.

Auch die Volksbank reduziert die Zahl der Standorte: zehn, die coronabedingt geschlossen waren, werden gar nicht wiedereröffnet. Nur 15 Standorte bleiben übrig. Die Deutsche Bank will bundesweit 200 bis 300 Zweigstellen aufgeben, davon betroffen sind auch Standorte der Tochter Postbank. Zusammen haben beide Institute noch 1300 Zweigstellen. Bei der Commerzbank ist die Schließung jeder fünften Filiale bereits beschlossen, doch wird bereits spekuliert, statt 200 sogar die doppelte Anzahl der Standorte zu schließen. Die HypoVereinsbank hat ihr Filialnetz bereits stark ausgedünnt.

Voraussetzung für Onlinebanking: Computer oder Tablet

Inzwischen bietet jede Bank einen Onlinezugang zum Girokonto. Voraussetzung ist ein Computer oder Tablet. Das erstmalige Freischalten kann in der Filiale oder mit einem Formular aus dem Internet beantragt werden. Die Bank schickt dann die Zugangsdaten wie Benutzername und Passwort, mit denen man sich dann auf der Internetseite des Kreditinstituts einloggen kann. „Wir haben das Registrierungsverfahren in der Corona-Zeit deutlich vereinfacht“, sagt die Haspa-Sprecherin. Um Onlinebanking sicherer zu machen, wurde im Herbst vergangenen Jahres die sogenannte Zwei-Faktor-Authentifizierung eingeführt. Die Anmeldung mit einem Passwort reicht nicht mehr. Deshalb müssen sich die Kunden für ein Authentifizierungsverfahren entscheiden.

Lesen Sie auch:

Die verbreitetsten sind ein Chip-Tan-Generator oder eine weitere App, die Überweisungen per Fingerabdruck freigibt. Für einen Tan-Generator müssen je nach Anbieter einmalige Kosten von neun bis 35 Euro kalkuliert werden. Wird noch das SMS-Tan-Verfahren genutzt, so können für jede SMS Kosten von neun Cent anfallen. „Die Adresse im Browser sollte stets mit ,https‘ beginnen. Damit wird angezeigt, dass es sich um eine sichere Verbindung handelt, die für die Dauer der Onlinebanking-Sitzung dafür sorgt, dass die Daten zwischen dem Computer des Kunden und dem Banksystem verschlüsselt übertragen werden“, sagt Tanja Beller vom Bundesverband deutscher Banken.

Häufig werde stattdessen auch ein Schlüssel- oder Schlosssymbol in der Adressleiste angezeigt. Die Sicherheit beim Onlinebanking gilt als hoch, wenn der eigene Rechner ein aktuelles Betriebssystem hat und mit einem Antivirenprogramm geschützt ist. Ebenso sollte man die Zugangsdaten im Kopf haben oder sie zumindest sicher verwahren.

Die App auf dem Smartphone macht noch unabhängiger

Die häufigsten Anwendungen beim Onlinebanking sind Kontostandsabfragen und Überweisungen, wie die Umfrage des Abendblatts ergab. Demnach erledigen Onlinebanking-Kunden etwa 90 Prozent ihrer Überweisungen digital. Möglich ist aber auch das Einrichten von Daueraufträgen oder das Zurückrufen von Lastschriften, ebenso das Abrufen von Kreditkartenumsätzen. „Ganz neu in unserem Onlinebanking ist der persönliche Finanzplaner. Damit können die Kunden ihr Ausgaben- und Einnahmenverhalten analysieren“, sagt Haspa-Sprecherin von Carlsburg.

Noch unabhängiger sind Kunden, wenn sie für das digitale Banking eine App auf dem Smartphone nutzt, das sogenannte Mobile Banking. Die Stiftung Warentest hat jetzt 19 dieser Apps getestet. „Alle Apps im Test waren umfassend gegen Fremdangriffe geschützt“, sagt Projektleiter Stefan Fischer. Allerdings sollte die Banking-App nicht in offenen Netzen aktiviert werden, die es in Supermärkten oder öffentlichen Verkehrsmitteln gibt.

Mit „Gut“ wurde die App der Sparkassen bewertet, die auch die Haspa nutzt. Besonders leicht ließen sich hier Überweisungen abwickeln. Die Apps der Volksbanken, der Commerzbank und der Deutschen Bank erhielten die Note „Befriedigend“. Nur ein „Ausreichend“ bekam die App der HypoVereinsbank. Dabei erwartet das Institut, dass bis zum Jahr 2023 die Hälfte der Kunden diesen Zugangsweg zum Konto nutzen wird.