Hamburg. Nach dem Aus für Kaufhof folgt der nächste schwere Schlag für die Mönckebergstraße. Wohnungen als Alternative?

Auf den schwarzen Freitag folgte das schwarze Wochenende für den deutschen Einzelhandel und speziell für die Hamburger Innenstadt. Nachdem Galeria Karstadt Kaufhof bereits am Freitag bekannt gegeben hatte, dass bundesweit 62 von 172 Filialen der Warenhäuser unter den Marken Karstadt und Kaufhof geschlossen werden, kommen nun wohl auch noch 20 von 30 Karstadt-Sports-Häuser dazu.

Besonders bitter für Hamburg: Die bekannte und stark frequentierte Sports-Filiale gegenüber dem Hauptbahnhof an der Mönckebergstraße steht nach Informationen des Abendblatts ebenfalls auf der roten Liste – und diese Farbe bedeutet: Ende! Aus!

Am 31. Oktober sollen die Pforten dieses traditionsreichen Hauses für immer schließen, rund 110 Mitarbeiter dürften dann ihren Arbeitsplatz verlieren. Auch die Zukunft der zweiten Hamburger Karstadt-Sports-Filiale im Harburger Phoenix-Center mit etwa 25 Beschäftigten ist nach Abendblatt-Informationen noch nicht gesichert. Hier sollen die Überlebenschancen allerdings deutlich besser sein. Denn in Harburg geht es vor allem um die Miethöhe für die Flächen – und die Hamburger ECE-Gruppe als Vermieter hat offensichtlich schon Verhandlungsbereitschaft signalisiert. Wie die Gespräche am Ende ausgehen werden, ist allerdings offen.

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Wer in wenigen Monaten am Hamburger Hauptbahnhof ankommen und den Ausgang Richtung Innenstadt benutzen wird, dem dürfte sich spätestens dann ein trauriges Bild bieten. Denn nicht nur die Fläche der riesigen Karstadt-Sports-Filiale wird dann mit großer Wahrscheinlichkeit leer stehen. Auch gegenüber auf der Mönckebergstraße wird das markante Kaufhof-Gebäude wohl verwaist sein. Die Schließung dieser Filiale war von Galeria bereits am Freitag mitgeteilt worden.

Karstadt Sports in der Mönckebergstraße schließt: "Massiver Einschnitt für den Handel"

Andreas Bartmann, Präsident des Handelsverbands Nord, zeigte sich in einer ersten Reaktion gegenüber dem Abendblatt geschockt: „Das bedeutet einen massiven Einschnitt für den Handel an der Mö.“ Die Schließungen würden das Leiden der angrenzenden Einzelhändler noch vergrößern, die ohnehin von den Baumaßnahmen an der Mönckebergstraße stark betroffen seien.

Andreas Bartmann, Präsident des Handelsverbands Nord
Andreas Bartmann, Präsident des Handelsverbands Nord © Marcelo Hernandez | Marcelo Hernandez

Auch City-Managerin Brigitte Engler reagierte emotional: „Das ist beängstigend.“ Vor sechs, sieben Jahren wäre es aus ihrer Sicht noch relativ unproblematisch gewesen, Nachmieter für zumindest einen Teil der riesigen Flächen zu finden. „Doch das ist gerade in den aktuellen Corona-Zeiten sehr schwierig.“ Ihre Hoffnung sei nun, dass man zumindest für die Bereiche im Erdgeschoss neue Einzelhändler begeistere. Und wie soll es in den oberen Etagen der großen ehemaligen Warenhäuser weitergehen? Engler ist sich im Klaren, dass es eine erneute Gesamtnutzung durch einen einzigen Händler kaum geben kann.

„Stadt und Eigentümer müssen über etwas anderes nachdenken.“ Ihr Wunsch: „Am liebsten wären mir Wohnungen.“ Denn gerade hier bestehe in der Hansestadt großer Bedarf. Noch mehr Büroflächen in der City würden dagegen kaum Sinn machen. Denn Engler geht davon aus, dass die Nachfrage nach Büros in teuren, zentralen Lagen nach Corona weiter abnehmen dürfte. Die Unternehmen und ihre Mitarbeiter hätten während der Hochphase der Pandemie Homeoffice schätzen gelernt, weshalb das Bedürfnis, Büros in der Innenstadt zu mieten, eher abnehmen werde.

Die bundesweite Schließungsliste finden Sie hier.

Brigitte Nolte, Geschäftsführerin des Handelsverbands Nord, äußerte sich ähnlich wie Engler. Auch sie weiß, dass sich große Einzelhandelsflächen wie das Kaufhof-Gebäude oder die Karstadt-Sports-Filiale als Gesamtheit aktuell nur sehr schwierig vermieten lassen. Deshalb hofft sie wie Engler zumindest auf neue Einzelhändler in den unteren Etagen der großen, bald leer stehenden Gebäude. „Für die anderen Etagen muss man wohl alternative Nutzungsmöglichkeiten finden.“ Eine Möglichkeit wären auch ihrer Meinung nach Wohnungen. Dies müssten aber am Ende die Eigentümer der Häuser entscheiden.

Wird Karstadt Sports schon bald zu Sportscheck?

Es dürfte nun auch interessant werden, wie es insgesamt mit Karstadt Sports weitergeht. Denn letztlich würden bundesweit wohl nur zehn Filialen übrig bleiben. Nach Abendblatt-Informationen gibt es unter anderem die Überlegung, die verbleibenden Häuser umzufirmieren auf Sportscheck. Dieses Unternehmen hatte Galeria erst Anfang des Jahres von der Hamburger Otto Group übernommen. Bundesweit wechselten damals 17 Filialen und der Onlineshop von Sportscheck den Besitzer. Somit werden die Hamburger Kunden auch in Zukunft an der Mönckebergstraße nicht auf Sportartikel aus dem Hause Galeria Karstadt Kaufhof verzichten müssen, denn am anderen Ende der Einkaufsmeile unweit des Rathauses gibt es noch eine Sportscheck-Filiale.

Einen kleinen Funken Hoffnung gibt es allerdings ohnehin für einzelne der bundesweit 82 Karstadt-, Kaufhof- und Sports-Häuser. Nicht nur im Harburger Phoenix-Center wird noch über die Mieten verhandelt. Auch an anderen Standorten ist dies der Fall. Einer der Vermieter ist die Hamburger ECE-Gruppe, die am Wochenende ihr „großes Bedauern“ über die Schließungspläne des Galeria-Managements ausdrückte. Zwölf Kaufhäuser von Karstadt oder Kaufhof in Deutschland befinden sich in von der ECE betriebenen Shoppingcentern. „Wir sind sehr enttäuscht und bedauern es außerordentlich, dass jetzt offenbar so umfangreiche Schließungen geplant sind. Das ist vor allem ein schwerer Schlag für die betroffenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter“, sagte Steffen Eric Friedlein, Geschäftsführer Vermietung der ECE.

Hauptproblem bei Galeria Karstadt Kaufhof ist Onlinestrategie

„Wir haben in den letzten Wochen mit viel Engagement und großem Einsatz zwischen Galeria Karstadt Kaufhof und den Eigentümern unserer Center vermittelt und sehr weitreichende Lösungsangebote erarbeitet, um Standortschließungen in unseren Centern zu vermeiden und die Arbeitsplätze in den Filialen zu erhalten.“ Solange noch nichts endgültig entschieden sei, wolle ECE versuchen, mit Galeria zu verhandeln und für die Standorte zu kämpfen. Auf die Zukunft der Häuser an der Mönckebergstraße hat ECE allerdings keinen Einfluss. Hier müssten andere Vermieter Entgegenkommen signalisieren.

Allerdings dürften Mietreduzierungen oder -stundungen nach Meinung von Handelsexperten den notwendigen Verschlankungsprozess des Warenhaus-Giganten am Ende wohl nur hinauszögern. Denn als Hauptproblem bei Galeria Karstadt Kaufhof haben Fachleute vor allem eine nicht überzeugende Onlinestrategie ausgemacht. Und das Einkaufen im Netz wird durch Corona sicherlich nicht weniger werden, sondern eher noch an Bedeutung gewinnen.