Harburg. Freitag erfuhren die Mitarbeiter, dass die Filialen Harburg und Lüneburg erhalten werden. Aufatmen bei Politik und Verwaltung.

Die Zitterpartie ist zu Ende. Mehr als einen Monat mussten die Beschäftigten der Karstadt-Kaufhäuser in Harburg und Lüneburg um ihre Arbeitsplätze bangen, seit die Konzernleitung verkündet hatte, 80 der 172 Filialen in der Bundesrepublik schließen zu wollen. Die Gewerkschaft Ver.di zwang Galeria Karstadt Kaufhof an den Verhandlungstisch. Das verlängerte die Ungewissheit, rettete aber letztlich noch 18 der 80 Filialen, denn gestern wurde bekannt, dass nur noch 62 Häuser schließen müssen. In Hamburg trifft es vier von sieben Karstadt- und Kaufhof-Filialen. Harburg gehört zu den dreien, die erhalten bleiben. Auch Lüneburg macht weiter.

Erleichterung bei den Beschäftigten in Harburg

Auch, wenn man den krisenerprobten Karstadt-Beschäftigten in den vergangenen Wochen die Anspannung kaum anmerkte, war vielen, die man nach der Betriebsversammlung ansprach, merklich ein Stein vom Herzen gefallen. „Das war natürlich erst einmal eine Riesen-Erleichterung“, sagt der Betriebsratsvorsitzende der Filiale Harburg, Marcus Junker, „zumal es ebenfalls vom Tisch zu sein scheint, dass auch die überlebenden Häuser noch einmal zehn Prozent Kosten einsparen sollen. Da hätten wir gar nicht gewusst, wie das noch gehen soll. Aber bei aller Erleichterung können wir uns auch nicht hundertprozentig freuen, denn wir denken auch an die Kolleginnen und Kollegen in den anderen Filialen, die heute keine gute Nachricht erhalten haben.“

Rund 100 Mitarbeiter

Gut 100 Beschäftigte hat das Harburger Haus. Dazu kommen saisonale Aushilfen im Weihnachts- und Schlussverkaufsgeschäft, sowie externe Dienstleister. Der Altersdurchschnitt der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter liegt bei 51 Jahren, die Frauen- und Teilzeitquote ist hoch. Bestrebungen, ältere Harburger Arbeitskräfte zum früheren Ausscheiden zu bewegen, um jüngeren aus betroffenen Filialen hier eventuell noch eine Perspektive zu geben, gibt es laut Junker nicht. „Jede Filiale macht in diesem Fall ihre eigene Personalpolitik“, sagt der Betriebsratsvorsitzende.

Nicht nur im Haus selbst ist Erleichterung zu spüren: „Karstadt ist ein wichtiger Faktor in diesem Teil der Harburger Innenstadt“, sagt Hans-Christian Lied, Wirtschafts- und Baudezernent im Harburger Bezirksamt. „Es wäre schwer auszugleichen, wenn dieses Kaufhaus hier schließen würde. Generell gilt es ja, den stationären Einzelhandel in den Stadtzentren zu halten. Ich freue mich auch auch persönlich, denn ich bin bekennender Karstadt-Kunde.“

Wichtiger Faktor für die Harburger Innenstadt

„Karstadt belebt die Harburger Innenstadt und ist deshalb ganz wichtig hier“, sagt Uwe Schneider (CDU), Vorsitzender des Wirtschaftsausschusses der Bezirksversammlung. „Dass Karstadt bleibt, ist ein wichtiger Erfolg, aber nur ein Etappensieg. Ich denke, auch die Harburger müssen jetzt mehr als nur ein Lippenbekenntnis zu dem Kaufhaus abgeben und vermehrt hier einkaufen, damit das Haus bei der nächsten Sparrunde nicht doch noch dran ist.“

Auch Harburgs City-Managerin Melanie-Gitte Lansmann fällt ein Stein vom Herzen: „Gott sei Dank!“, sagt sie, „Über die ganzen letzten Jahre haben wir versucht, den westlichen Teil der Harburger City aufzuwerten und dabei einige Erfolge erzielt. Die Neugestaltung von Sand und Hölertwiete ist ein Beispiel dafür und kurz vor der Fertigstellung. Das wäre alles zunichte gemacht, wenn Karstadt schließen – oder noch schlimmer, wie an anderen ehemaligen Karstadt-Standorten, durch ein Billigkaufhaus ersetzt würde.“

Freude auch bei Politik und Citymanagement

Das sieht der Vorsitzende des Stadtentwicklungsausschusses, Frank Richter (SPD), ähnlich: „Wir wollen diesen Teil des Harburger Zentrums ja eher beleben, sagt er. „Würde Karstadt hier fehlen, wäre das kontraproduktiv, wegen der Arbeitsplätze, aber auch wegen des vielfältigen Sortiments. Ich habe die Nachricht über den Erhalt der Filiale gleich der ganzen SPD-Fraktion weitergeleitet und der Jubel ist einhellig.“

Die Grünen-Bezirks-Abgeordnete Heinke Ehlers mahnt: „Es scheint, als sei der Kelch an Harburg vorübergegangen und wir sollten hoffen, dass es dabei bleibt und nicht andere Standorte noch versuchen, ihre Karstadt-Filiale auf Kosten von Harburg zu retten. Davon abgesehen, sollte das Harburger Haus sich jetzt richtig ins Zeug legen und mit einer Attraktivitätsoffensive noch mehr Kunden nach Harburg holen.“

Neben dem Kaufhaus Karstadt gibt es in Harburg eine Karstadt-Sports-Filiale. Über die Zukunft der eigenständigen Sports-Kette wird noch verhandelt.