Hamburg. Wer viel im Studio trainiert, oder häufig zu Fuß geht, kann über das Start-Up Crumb bei dessen Partnerfirmen günstiger einkaufen.

Eine App, die ihre Nutzer für die alltägliche körperliche Aktivität wie den Fußweg zur Arbeit oder die Treppen zur Bahn mit Rabattpunkten für Produkte belohnt, erschien in den zurückliegenden Wochen nicht gerade besonders zeitgemäß. „Während die Verwender unserer App sonst im Schnitt 7000 bis 8000 Schritte pro Tag zurückgelegt haben, waren es zuletzt nur rund 2000 Schritte“, sagt Nikolas Bullwinkel​, einer der beiden Gründer des Hamburger Start-ups Crumb.

Zwar hat sich das Wachstumstempo von Crumb, das vor dem Ausbruch der Corona-Pandemie bei 20 bis 30 Prozent pro Woche lag und das die Nutzerzahl auf eine „deutlich fünfstellige Zahl“ getrieben hat, spürbar verlangsamt. „Aber vor uns liegt der Sommer, und wir sehen, dass die Menschen mehr denn je den Drang haben, rauszugehen und sich zu bewegen“, so Bullwinkel. Er erwartet, dass sich das Crumb-Team noch in diesem Jahr von sechs auf mehr als zehn Personen vergrößert.

Fitness-App und Lebensmittel-Lieferdienst

Aus der Not heraus – man hatte eine Corona-Soforthilfe beantragt, das Geld lässt aber noch auf sich warten – bauten Bullwinkel und Crumb-Mitgründer Saad Saeed im März innerhalb von nur zweieinhalb Tagen parallel zur Weiterentwicklung der Fitness-App ein zweites, ganz anders gelagertes Geschäft auf: Einen Lebensmittel-Lieferdienst (Pickery.de) für Menschen, die aus Sorge vor einer Corona-Infektion nicht selber einkaufen gehen möchten oder können.

Kunden können Produkte von Rewe, Aldi, Budni und der Bäckerei Junge im Internet auswählen, wobei Waren verschiedener Geschäfte kombiniert werden können, und erhalten sie im Hamburger Stadtgebiet innerhalb von 48 oder 24 Stunden direkt vor die Haustür gebracht. Einen Mindestbestellwert gibt es nicht, die Liefergebühr liegt bei mindestens 3,90 Euro. „Wir erhalten im Schnitt zehn bis 15 Bestellungen pro Tag und haben in fünf Wochen schon mehr als 10.000 Euro Umsatz erzielt“, sagt Bullwinkel.

Die Crump Fitness App
Die Crump Fitness App © Andreas Laible | Andreas Laible

Allerdings ist die Zielgruppe von Pickery – „unter den Kunden sind viele ältere Damen“ – eine völlig andere als die von Crumb; die App wendet sich an junge Menschen im Alter von 18 bis 35. Der Anspruch ist hoch: „Crumb ist die einfachste Fitness-App aller Zeiten“, behaupten die beiden Gründer. Das englische Wort Crumb, das sich mit „Krümel“ übersetzen lässt, weist auf die Funktionsweise hin: „Es geht darum, die täglichen kleinen Krümelchen an Bewegung einzusammeln und der Fitness einen Wert zu geben“, erklärt Bullwinkel.

Die App ist kostenlos

Je nach der gemessenen Menge an Schritten oder auch Trainingseinheiten an Geräten erhält der Nutzer Punkte, aus denen sich Rabatte für eine ganze Reihe von Produkten ergeben. Die App selbst ist kostenlos, Crumb finanziert sich aus Provisionen von Partnerunternehmen. Für sie ist die App ein weiterer Weg, Kunden zu gewinnen und ihre Produkte zu vermarkten.

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Unter den ersten Partnern waren Hamburger Firmen wie der Sportstudioticket-Anbieter Fitfox so­- wie der Online-Versicherungsvermittler Helden.de, zu den besonders beliebten Partnern gehört die Hörbuch-Bibliothek Audible. „Die Rabatte liegen bei bis zu 50 Prozent, und wer besonders fleißig ist, kann damit durchaus mehrere Hundert Euro im Jahr sparen“, sagt Bullwinkel.

Die Gründer lernten sich in einem Fitnessstudio kennen

Getroffen haben sich die beiden Gründer tatsächlich in einem Fitnessstudio. Während Bullwinkel Markenmanagement studiert und Start-ups des Digital Hub Logistics in Hamburg beraten hat, ist Saad Saeed studierter Informatiker und hat mehrere Jahre bei dem Kreditportal Kreditech in der Hansestadt gearbeitet. Zusammen haben sie an einem sogenannten Hackathon – das ist eine Softwareentwicklungsveranstaltung mit Wettbewerbscharakter – von Tchibo teilgenommen und von dem Handelskonzern anschließend den Auftrag erhalten, dessen Internetshop stärker zu personalisieren.

„75.000 Euro von der Hamburgischen Investitions- und Förderbank haben es uns dann ermöglicht, in Vollzeit an Crumb zu arbeiten“, sagt Bullwinkel. Im Herbst 2019 erhielten sie zudem eine Förderung im Rahmen des „Next Commerce Accelerator“-Programms (NCA), hinter dem unter anderem die Haspa als Organisator und große Hamburger Unternehmen wie Beiersdorf und Tchibo als Investoren stehen.

Auch Krankenkassen zeigen Interesse an der Idee

Wertvoll an der NCA-Teilnahme seien nicht allein die bis zu 25.000 Euro Beteiligungskapital, so Bullwinkel, sondern der enge Kontakt zu den Unternehmenspartnern, an die man sonst nicht so leicht herankommen würde: „Die sagen uns sehr ehrlich, was wir an unserem Produkt verbessern können.“

Auch wenn sie jetzt häufig mit dem eigenen Auto Lebensmittel ausfahren, entwickeln die Crumb-Teammitglieder ihre App regelmäßig weiter. So arbeitet man unter anderem an Verknüpfungen mit verschiedenen Fitness-Armbändern und -Uhren.

Das Konzept sei auf jeden Fall zukunftsträchtig, ist Saeed überzeugt: „Es haben auch schon Krankenkassen Interesse an unserer Idee gezeigt.“ Und schließlich hätten sie mit dem zwischenzeitlichen Aufbau des Lieferdienstes Pickery nur ein Beispiel dafür geliefert, wie beweglich Gründer sein können, findet Saeed: „Für Start-ups ist es wichtig, sehr schnell zu sein.“

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