Hamburg. Warenhauskonzern will bundesweit fast jedes zweite Haus schließen. In Hamburg geht es um neun Standorte und 1000 Mitarbeiter.

Nachdem Dutzende Standorte von Galeria Karstadt Kaufhof bundesweit vor dem Aus stehen, fürchten in Hamburg rund 1000 Beschäftigte der Handelskette um ihre Arbeitsplätze. „Die Mitarbeiter sind bestürzt“, sagte Ulla Stolle, Betriebsratsvorsitzende von Karstadt an der Mönckebergstraße. Dabei hätten die oft jahrzehntelang in den Warenhäusern arbeitenden Menschen viel dafür getan, dass die Standorte überleben können.

Der Hintergrund: Bundesweit sind laut einem Sanierungsplan bis zu 80 der gut 170 Filialen des Konzerns von der Schließung bedroht. Das sieht ein Konzept vor, das jetzt dem Gesamtbetriebsrat und Gläubigervertretern der Galeria-Gruppe vorgelegt wurde. Welche Häuser genau von den Plänen betroffen sind, ist bisher unklar. Denn auch die Kriterien für ihre Auswahl, etwa nach der finanziellen Situation oder der Lage der Immobilien, sind unbekannt.

Die Mitarbeiter von Karstadt und Kaufhof sind schlechte Nachrichten gewohnt. Schon mehrmals drohten die Warenhäuser, in denen sie Blusen, Bettwäsche und Beauty-Produkte verkaufen, vor dem Aus zu stehen. In der Corona-Krise, die Millionen Menschen vom Shoppen abhält, steht nun der wohl drastischste Kahlschlag bei Karstadt Kaufhof an. „Fast jede zweite Filiale steht auf dem Prüfstand“, beklagt Heike Lattekamp, Landesfachbereichsleiterin Handel bei Ver.di in Hamburg.

Gewerkschaft hatte mit Konzern einen Sanierungstarifvertrag abgeschlossen

Dabei hatte die Gewerkschaft noch kurz vor Weihnachten mit dem Konzern einen Sanierungstarifvertrag abgeschlossen. „Ende vergangenen Jahres hatten wir den Vertrag mit einer Standort- und Beschäftigungssicherung ausgehandelt“, ergänzt Heike Lattekamp. Im Gegenzug habe es Zugeständnisse der Mitarbeiter gegeben. Seitdem Galeria Karstadt Kaufhof unter dem Eindruck der Corona-Krise Anfang April seine Rettung in einem Schutzschirmverfahren suchte, könnte der Vertrag bald Makulatur werden. Bald dürfte es – in einem Insolvenzverfahren – rechtlich möglich sein, die Mitarbeiter „mit verkürzten Kündigungsfristen und ohne Abfindungen zu entlassen“, befürchtet die Gewerkschafterin eine dramatische Wende im Fall Karstadt Kaufhof. Das Schutzschirmverfahren schützt in die Krise geratene Unternehmen vor dem Zugriff der Gläubiger, ein weitreichender Sanierungsplan mit Entlassungen wird aber nur in einem Insolvenzverfahren durchsetzbar sein.

In Hamburg gehören sieben Standorte von Karstadt und Kaufhof zu der Warenhauskette, etwa in Harburg, im AEZ und in der City an der Mönckebergstraße. In der Region könnte darüber hinaus das Karstadt-Haus in Norderstedt vor dem Aus stehen. Betroffen von den Schließungsplänen könnten aber auch noch weitere zum Konzern gehörende Bereiche sein: Karstadt Sports mit zwei Häusern in Hamburg, Karstadt-Feinkost, die Restaurants Le Buffet und Dinea sowie die Karstadt-Reisebüros. Nach Medienberichten sollen 20 der 30 Filialen von Karstadt Sports vor dem Aus stehen und 100 der 130 Reisebüros.

Vermieter ECE möchte Galeria in Einkaufszentren halten

Es hieß, dass das Überleben der nun bedrohten Standorte auch von der Höhe der Mieten abhängen könnte. Dazu sagte Lukas Nemela, Sprecher der ECE: „Gerade im Falle von Galeria Karstadt Kaufhof sind wir sehr stark darum bemüht, die Flächen nach Möglichkeit in unseren Objekten zu halten“. Der Betreiber von Einkaufszentren stehe mit allen Mietern und den Eigentümern der Center in Gesprächen, um „Lösungen für den Umgang mit den Mieten zu erarbeiten und so einen Weg zu finden, die Auswirkungen der Krise auf den Einzelhandel gemeinsam bestmöglich zu bewältigen“. In Hamburg sind in ECE-Zentren zwei Galeria-Häuser vertreten, im Alstertal Einkaufszentrum und im Phoenix Center.

Die Handelslandschaft könnte sich durch den Aderlass des Konzerns auch in Hamburg stark verändern, auch wenn hier nicht so viele Warenhäuser wie etwa in Berlin vertreten sind. „Bei Karstadt Kaufhof geht es immer um große Flächen, und das in einer Zeit, in der auch sehr viele andere Anbieter in den Einkaufsstraßen werden schließen müssen“, sagt Brigitte Nolte, Hamburger Geschäftsführerin des Handelsverbands Nord mit Blick auf die durch Corona geschwächten Geschäfte. Sie rechne daher mit wachsendem Leerstand auch in Hamburg – und die Situation werde sich nochmals verschärfen, wenn in der Hansestadt ebenfalls Häuser von Karstadt Kaufhof schließen müssten.