Hamburg. In den Häusern Mönckebergstraße und Alstertal-Einkaufszentrum soll Personal abgebaut werden. Inhaber will auch Gehälter senken.

Der Stellenabbau beim fusionierten Warenhaus-Konzern Galeria Karstadt Kaufhof hat Hamburg erreicht. Nach Informationen des Abendblatts werden bis Ende des Jahres mehr als 30 Mitarbeiter Kaufhof verlassen. Besonders trifft es das Haupthaus in der Innenstadt, wo die Belegschaft bereits von 210 auf aktuell 195 Verkäufer und Abteilungsleiter reduziert wurde. „Tendenz sinkend“, sagt Betriebsratschefin Ines Reinhard. In der Filiale im Alstertal-Einkaufszentrum in Poppenbüttel mit etwa 120 Beschäftigen sind es bislang drei. „Die Verunsicherung ist groß, die Stimmung nicht gut“, sagt Michael Zuther, Betriebsratschef des Hauses in Poppenbüttel und einer von vier Vertretern aus dem Norden im Gesamtbetriebsrat von Kaufhof. Denn nach der Angst vor dem Jobverlust drohen den verbliebenen Mitarbeitern jetzt massive Lohneinbußen.

Der Hauptsitz ist jetzt in Essen

Bereits bei der Übernahme der angeschlagenen Warenhaus-Kette im vergangenen November hatte die neue Geschäftsführung unter Ex-Karstadt-Chef Stephan Fanderl harte Einschnitte angekündigt. Bis Ende Juli sind bundesweit 1000 Vollzeitstellen in den 93 Kaufhof-Filialen weggefallen. Wegen der vielen Teilzeitbeschäftigten sind Schätzungen zufolge bis zu 1300 Frauen und Männer von dem Personalabbau betroffen.

Der neue Personalschlüssel für die Standorte war abhängig von den Umsatzzahlen berechnet worden. Auch in der Verwaltung in der Kaufhof-Zentrale in Köln wurden Arbeitsplätze gestrichen. 1000 Mitarbeitern wurde gekündigt. Der Hauptsitz ist jetzt in der Ex-Karstadt-Zentrale in Essen. Zudem sollen Logistikstandorte in Frechen und Erfurt sowie vier kleinere regionale Verteilzentren in Stuttgart, Würzburg, Hannover und Berlin geschlossen werden. Nach Angaben der Dienstleistungsgewerkschaft Ver.di könnten bis zu 1100 Jobs wegfallen.

„Wir sind froh, dass wir ohne betriebsbedingte Kündigungen davon gekommen sind“, sagt der Hamburger Arbeitnehmervertreter Zuther. Trotzdem seien die Verluste hart. Viele hätten sich für den zwischen Geschäftsführung und Gesamtbetriebsrat ausgehandelten Sozialplan entschieden, der höhere Abfindungen für diejenigen vorsieht, die freiwillig und schnell gehen. So bekam, wer sich bis Ende Juni entschieden hatte, einen Aufschlag von 20 Prozent. Bis Mitte Juli waren es noch zehn Prozent mehr. Deutschlandweit wollten laut Gesamtbetriebsrat mehr Mitarbeiter freiwillig gehen, als Stellen abgebaut werden mussten. Nach Angaben der Arbeitnehmervertreter gab es zudem Versetzungen und Abstufungen. Unter anderem wurde eine Hierarchie-Ebene komplett gestrichenen. „Leider müssen uns vier besonders langjährige Kollegen verlassen, da es ihre Position nicht mehr geben wird“, sagt Betriebsrätin Reinhard aus der Filiale in der Mönckebergstraße. Aus ihrer Sicht wird der Personalabbau auch in den nächsten Monaten weitergehen. So würden befristete Verträge nicht verlängert. Auch wer aus Altersgründen geht, wird nicht ersetzt.

Eine neue Arbeitsstruktur wurde eingeführt

„Bei Kaufhof wird jetzt das gemacht, was bei Karstadt 2016 passiert ist“, sagt Heike Lattekamp, Ver.di-Landesfachbereichsleiterin in Hamburg. Damals waren bei Karstadt bundesweit etwa 2000 Stellen abgebaut worden, zudem hatten die Beschäftigten nach dem Ausstieg aus dem Tarifvertrag deutliche Lohneinbußen hinnehmen müssen. Ob die Maßnahmen langfristig erfolgreich sind, ist noch offen. Nachdem die Kette mit 78 Warenhäusern 2017 erstmals wieder in der Gewinnzone kam, endete das vergangene Geschäftsjahr mit Verlusten.

Parallel dazu hat das Unternehmensleitung eine neue Arbeitsstruktur mit Kassen-, Verkaufs- und Warenräumteams mit unterschiedlichen Gehaltsstufen eingeführt. Auch diese soll auf die Kaufhof-Häuser übertragen werden. Bis September sollen sich die Beschäftigten entscheiden, in welchem Bereich sie arbeiten wollen. Um zusätzliche Anreize zu schaffen, sollen Gehaltsunterschiede für die jetzigen Beschäftigen ausgeglichen werden. „Ein großer Vorteil war bislang, dass wir Generalisten sind“, kritisiert Zuther das Konzept. „Dann gibt es eine Mehrklassen-Gesellschaft.“

Derzeit verdienen die Kollegen bei Karstadt weniger

Dazu kommt die Befürchtung, dass demnächst auch deutlich weniger Geld in der Lohntüte sein könnte. In dieser Woche hatte Galeria Karstadt Kaufhof, das zum Imperium des österreichischen Investors René Benko und seiner Signa Holding gehört, den Druck in Sachen Tarifabschluss erhöht. Während Ver.di eine Rückkehr in den Flächentarifvertrag fordert, will das Management auf Basis des sogenannten Zukunftstarifvertrags von Karstadt eine Angleichung der Gehälter auf niedrigerem Niveau und langfristig einen gemeinsamen Tarifvertrag.

Aktuell bekommen die Kaufhof-Mitarbeiter noch deutlich mehr Geld als ihre Kollegen von Karstadt. Nach Abendblatt-Informationen will das Unternehmen die Gehälter bei Kaufhof um gut sieben Prozent kürzen und parallel bei den Karstadt-Beschäftigten drei Prozent draufschlagen. Sollte es nicht zu einer schnellen Einigung kommen, hieß es, drohe „automatische eine etwa elfprozentige Entgeltabsenkung für alle Mitarbeiter bei Kaufhof“. Das ist der Wert, den die Karstadt-Mitarbeiter unter dem Tarif verdienen.

„Wir sollen erpresst werden“, sagt Lattekamp. Für Zuther ist der Vorstoß der Geschäftsführung eine „Hiobsbotschaft“. „Wir werden weitere Fachkräfte verlieren, weil sie es sich nicht mehr leisten können, für Kaufhof zu arbeiten.“