Hamburg. Google, Aurubis, Beiersdorf, Philips: Unternehmen schicken Mitarbeiter ins Home Office. Ein Krisenstab tagt fast täglich.
Die Hamburger Niederlassung des Google-Konzerns hat sämtliche Mitarbeiter schon vor Tagen nach Hause geschickt. Sie arbeiten jetzt im Homeoffice. Bei New Work, dem Betreiber des Karrierenetzwerks Xing, ist der neue Name jetzt ebenfalls Programm: Etwa 600 Beschäftigte in der Hansestadt arbeiten vorerst ebenfalls daheim. Am Freitag zog der Nivea-Hersteller Beiersdorf nach.
Eine Unternehmenssprecherin bestätigte auf Abendblatt-Anfrage: „Ab Montag werden alle Mitarbeiter unserer europäischen Standorte im Homeoffice arbeiten – so weit es ihre Funktion ermöglicht.“ Die Präventionsmaßnahme gelte vorerst bis zum 17. April. Kurz zuvor hatte Bürgermeister Peter Tschentscher bekannt gegeben, dass Schulen und Kitas in der Stadt geschlossen werden. Tschentscher appellierte an Arbeitgeber, Eltern das Arbeiten zu Hause zu ermöglichen.
Corona-Prävention: Edeka-Personal trägt Hygienehandschuhe
In vielen Hamburger Firmen wurde das Arbeitsleben schon zuvor stark von Präventionsregeln gegen die Ausbreitung des Virus geprägt. Und im Supermarkt wird das auch für Kunden sichtbar. Das Personal an der Kasse trägt neuerdings die gleichen Hygienehandschuhe wie das an der Fleischtheke. Bezahlt werden soll bitte mit Karte statt mit Bargeld. „Das ist eine Präventivmaßnahme“, sagt Kaufmann Jörg Meyer vom Edeka-Markt in der Rindermarkthalle.
Viele Unternehmen werden auf die Beschlüsse des Senats reagieren müssen, Beim Verbot von Dienstreisen in Risikogebiete und von Veranstaltungen mit mehr als 100 Menschen wird es nicht mehr bleiben. Allenthalben, wo viele Menschen zusammenkommen, wo Mitarbeiter und Kunden aufeinandertreffen,, wird schon jetzt in kurzen Abständen geputzt. „Die Bedienfelder von Geldautomaten werden täglich mehrfach desinfiziert“, sagt etwa Haspa-Sprecherin Stefanie von Carlsburg.
Mehrere Aurubis-Mitarbeiter sind dem Virus vielleicht nahe gekommen
Verdachts- und Krankheitsfälle hat es erst in einigen wenigen der Unternehmen gegeben. Das UKE gehört dazu. Beim Gabelstaplerbauer Jungheinrich sagt Firmensprecher Benedikt Nufer: „Unter den weltweit mehr als 18.000 Mitarbeitern gibt es ein zweistellige Zahl von Verdachtsfällen. Bisher ist ein Mitarbeiter in Italien erkrankt.“ Der Kupferhersteller Aurubis hat 20 Mitarbeiter, die dem Virus vielleicht nahe gekommen sind, für zwei Wochen nach Hause geschickt. Überall gilt: Wer dieser Tage aus dem Urlaub im Risikogebiet zurückkehrt, muss 14 Tage zu Hause bleiben.
Das fällt noch unter Vorsichtsmaßnahmen. Sie sind in den vergangenen Tagen verschärft worden. Nun werden Notfallpläne erarbeitet und aus den Schubladen geholt. Viele Firmen haben Krisenstäbe gebildet, die täglich beraten und Wenn-dann-Szenarien entwerfen. Am größten ist die Gefahr, dass das Virus neben den Mitarbeitenden auch dem Unternehmen selbst schweren Schaden zufügt oder es gar lahmlegt, überall dort, wo produziert wird. Konzerne wie Jungheinrich, Aurubis oder der Medizintechnikhersteller Philips können einem Infektionsfall in den Verwaltungsetagen zwar durch Homeoffice begegnen. Erkrankt aber ein Mitarbeiter in der Produktion, könnten auch die möglichen Auswirkungen für die Firma gravierend sein. Gabelstapler montieren, Kupfererz schmelzen, Computertomografen fertigen – das geht eben nur im Betrieb.
Jungheinrich hat Salatbüfett in der Kantine abgeschafft
Bei den Herstellern greifen daher bereits intensivere Vorsorgeregeln: „Wir haben beschlossen, dass Mitarbeiter, die ab Montag aus dem Urlaub zurückkehren, generell für sieben Tage im Homeoffice arbeiten sollen. Unabhängig davon, ob sie in einem Risikogebiet waren oder nicht“, sagt Aurubis-Sprecherin Kalmbach. Bei Jungheinrich wurden Arbeitsabläufe verändert.
„An verschiedenen Standorten ist der Übergang zwischen den Schichten inzwischen so organisiert, dass die Mitarbeiter nicht in Kontakt miteinander kommen“, sagt Sprecher Nufer. In die Kantine sollen die Beschäftigten nun nur noch gruppenweise gehen – und erst dann, wenn die vorherige Gruppe wieder draußen ist. Selbst das Selbstbedienungs-Salatbüfett ist vorerst abgeschafft, damit kein Auffülllöffel von Hand zu Hand geht. Auch im UKE-Restaurant wird die Selbstbedienung am Montag eingestellt.
Corona-Anstreckungsgefahr: Haspa lässt IT-Mitarbeiter an getrennten Orten arbeiten
Bei der Haspa heißt es: „Wir versuchen, die Mitarbeiter aus besonders funktionskritischen Bereichen von getrennten Standorten aus arbeiten zu lassen.“ So macht es auch Jungheinrich. In zuletzt ungenutzten Büros in Langenhorn – weitab von der Wandsbeker Zentrale – wurden Zweitabteilungen eingerichtet. Die Beschäftigten wichtiger Ressorts wie IT sind in zwei Teams aufgeteilt, um die Ansteckungsgefahr zu verringern. Und um arbeitsfähig zu bleiben, falls es einen Infektionsfall gibt.
Notfallpläne auch bei Beiersdorf und Philips
Beiersdorf teilte mit, für Produktionsmitarbeiter seien Schichtsysteme eingeführt worden. Auch Edeka-Kaufmann Meyer schickt in allen seinen neun Märkten die Mitarbeiter inzwischen in voneinander getrennte Pausenräume. So versucht er sicherzustellen, dass es im Ansteckungsfall noch einsatzfähige Beschäftigte in jeder Filiale gibt.
Das könnte Sie auch interessieren:
- Hamburger Schulen und Kitas werden geschlossen
- Après-Ski als Virenschleuder: Hamburger in Ischgl infiziert
- Virologe: Häuser für Corona-Zentren beschlagnahmen
Vielerorts waren die Notfallpläne am Freitag noch nicht aktiviert. Bei Philips gilt einstweilen, dass von vielen Mitarbeitern frequentierte Räume wie die Poststelle höchstens zweimal pro Woche betreten werden sollen. Sollte eine infizierte Person auf dem Firmencampus gewesen sein, würde es am Eingang Temperaturmessungen bei allen geben. „Eine solche Aktion ist bisher aber nicht aktiviert worden“, betont Unternehmenssprecher Sebastian Lindemann.