Hamburg. In Gewächshäusern in Vier- und Marschlanden stehen erste Blumen in Blüte. Regionalmarke soll helfen, sie zu vermarkten.

Ein regnerischer Tag in den Vier- und Marschlanden. Der Himmel liegt grau über den Gewächshäusern von Juniorchef Andre Harden, der gemeinsam mit seinem Vater Wilfried die gleichnamige Gärtnerei betreibt. Die rund 80.000 Primeln sind so weit gediehen, dass sie ausgeliefert werden können. Ein Farbenmeer erstreckt sich über den Boden des Gewächshauses. Blau und Lila, Rot und Gelb und auch zweifarbige Blüten bestimmen das Bild. Manche Blütenformen erinnern eher an Rosen. Das sind Kissen- oder Staudenprimeln. Es sind mehr als 20 verschiedene Arten, die eines der Gewächshäuser von Andre Harden prägen.

An der Vielfalt der Farben und Formen kann es nicht liegen, dass die Töpfe noch keinen reißenden Absatz finden. „Es fehlt jetzt Sonne, damit die Kunden auch Lust bekommen, Balkon und Garten zu bepflanzen“, sagt der Juniorchef. Den Hamburger Ziergärtnereien wäre es sehr recht, wenn die Hamburger mehr Blühendes pflanzen würden.

Den Firmen geht es nicht nur ums Geschäft

Dabei geht es den Firmen nicht nur ums Geschäft, sondern auch um die Umwelt. Nicht Buchsbaum, Rasen und Kies sollen die Gärten bestimmen, sondern möglichst viele blühende Pflanzen. „Denn das nützt auch den Bienen und anderen Insekten“, sagt Harden. „Bei den Frühjahrsblühern sind es vor allem Veilchen, Goldlack, Stiefmütterchen, Bellies und Mohn, die die Bienen anziehen.“ Entscheidend sei eine kleine, flache Blütenform. Diese Pflanzen wachsen bei den Hardens im anderen Gewächshaus.

„Da lässt sich noch eine Menge tun, auch im öffentlichen Grün der Städte“, sagt Andreas Kröger, der Präsident des Wirtschaftsverbands Gartenbau in Norddeutschland, mit Blick auf das Bienensterben. „Nach einer Studie im Auftrag des Zentralverbands Gartenbau werden von den Kommunen gerade einmal 50 Cent pro Einwohner und Jahr für Pflanzen ausgegeben, und der größte Teil davon entfällt auch noch auf Gehölze.“ Zum Vergleich: Die Verbraucher in Deutschland geben pro Kopf und Jahr 105 Euro für Zierpflanzen und Schnittblumen aus.

Belastungen für die Umwelt reduzieren

Die Primeln sind zwar auch gut für die Bienen, wegen ihrer mitunter etwas komplizierten Blütenform aber nicht erste Wahl. Die Frühjahrssaison entscheidet mit darüber, wie gut das gesamte Jahr für den Betrieb der Hardens und die anderen noch knapp 200 Zierpflanzengärtner in Hamburg wird. „Das vergangene Frühjahr lief nach einem langen Winter gut, jetzt hoffen wir einfach auf mehr Sonne“, sagt Harden. Damit die ersten Frühjahrsblüher in großen Mengen zu den Kunden können. Spätestens bis Ostern muss alles vermarktet sein. Der Platz wird dann für die Sommerpflanzen wie Husarenknöpfchen oder Petunien benötigt, jetzt noch sehr klein in den Töpfen sind.

„Städte und Gemeinden geben gerade mal 50 Cent pro Einwohner und Jahr für Pflanzen aus. “

Andreas Kröger, Präsident des Verbands Gartenbau Norddeutschland

Harden macht sich nicht nur über die Zukunft der Insekten Gedanken. Er hat zwar keinen Biobetrieb, möchte aber die Belastungen für die Umwelt so gering wie möglich halten. So hat er die Verwendung von Torf drastisch reduziert. „In den Töpfen ist zu 80 Prozent ein Gemisch aus Kokosfasern und Perlite, eine Art Vulkangestein, das wie Polystyrol aussieht, und nur zu 20 Prozent Pflanzentorf“, sagt er. Das Pflanzmaterial ist zwar teurer als Torf, aber die Kokos­fasern nehmen gut Wasser auf. Das hat Vorteile bei der automatischen Bewässerung.

Pflanzgefäße sind aus Plastik

Auch bei der Schädlingsbekämpfung setzt der Gärtnermeister auf biologischen Pflanzenschutz. „Wir nutzen die natürlichen Fressfeinde wie Schlupfwespen sowie biologische Pflanzenschutzpräparate. So können wir weitgehend auf chemische Mittel verzichten“, sagt Harden.

Die Pflanzgefäße allerdings sind aus Plastik. „Unter Kosten-Nutzen-Gesichtspunkten gibt es bisher keine Alternative“, sagt Harden. Papiertöpfe haben sich als nicht praktikabel erwiesen, weil sie zur Schimmelbildung neigen und für Topffüllmaschinen ungeeignet sind. Töpfe aus Maisstärke sind deutlich teurer. Die Töpfe, die Harden verwendet, sind größtenteils aus Recyclingmaterial und könnten anschließend in den gelben Wertstoffsack oder in die Gärtnerei zurückgebracht werden.

Größte Konkurrenz ist der Lebensmitteleinzelhandel

Die größte Konkurrenz der Hamburger Gärtnereien ist der Lebensmitteleinzelhandel mit seinen Sonderangeboten. „Die Sonderangebote kommen aus den Niederlanden und aus Betrieben am Niederrhein“, sagt Kröger. Dort können viel größere Flächen bewirtschaftet werden als in den Vier- und Marschlanden, wo Entwässerungsgräben das Terrain teilen. „Wir haben Glück mit unserem Grundstück, das 30 Meter breite Gewächshäuser ermöglicht“, sagt Harden.

Angesichts des harten Wettbewerbs lautet die Devise „wachsen oder weichen“. Die Fläche des Betriebs hat sich in den letzten Jahren verdoppelt. Schon als seine Großeltern den 1978 begannen, den Betrieb von der Landwirtschaft auf Gartenbau umzustellen, entstanden die ersten Gewächshäuser. Heute bestimmen große Venloblöcke, wie die Gewächshäuser aus Holland heißen, das Bild des Betriebs. Ein Computerprogramm steuert Heizung, Belüftung und Beschattung. Die Ware verkauft Harden über den Großmarkt, zwei Großhändler und an einige Wochenmarkthändler sowie im Direktverkauf der Gärtnerei.

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Die Hardens setzen auch auf besondere Vermarktungsstrategien, um sich von der Konkurrenz abzusetzen. Jeder Topf im Betrieb trägt den Aufkleber „Vierländer Frische“. Hinter dieser Marke stehen allerdings erst zehn Prozent der Hamburger Gärtnereien. Offenbar auch aus Kostengründen, denn die Vermarktungsstrategie kostet zusätzliche Umlagen. „Durch den Zusammenschluss können wir mit einem einheitlichen Markenauftritt alle Abnehmer besser erreichen“, sagt Verbandspräsident Kröger. Das sind Gartencenter, Baumärkte und Blumenfachgeschäfte. Sie rufen Stückzahlen ab, die ein einzelner Betrieb nicht liefern könnte.

Für Andre Harden ist wichtig, dass durch die Marke „Vierländer Frische“ die regionale Herkunft der Pflanzen unterstrichen wird, „denn das wird von den Kunden wirklich nachgefragt, und dafür sind sie auch bereit, einen etwas höheren Preis zu bezahlen“. Mit Discountware kann er ohnehin nicht konkurrieren. Für seine Pflanzen aber kommen selbst Privatkunden von der anderen Seite Hamburg in die Vier- und Marschlande.