Hamburg. Die Binnenhafen-Friseurin Angelika Leber soll das Grün vor ihrem Salon in der Schloßstraße entfernen – es steht dort seit 14 Jahren.
Bauzäune, Gerüste, Plastikplanen und Flatterband bestimmen seit Jahren das Bild an der Harburger Schloßstraße. Viel Grün gibt es nicht. Einige Straßenbäume im Parkstreifen und eine wild wuchernde Birke, die in den Fahrradweg hineinwächst sowie Verkehrsschilder und einen Briefkasten unsichtbar macht. Und dann gibt es noch die zwei bunten Kübelpflanzen vor Angelika Lebers Friseursalon „Hair Lounge“. Die sollen weg, sagt das Bezirksamt.
Inhaberin Angelika Leber war nicht einmal im Salon, als ein Mitarbeiter des Fachamts „Management des öffentlichen Raums“ das Geschäft betrat und einer Mitarbeiterin mitteilte, dass die Blumen zu entfernen seien. „Die Mitarbeiterin hat ihn darauf hingewiesen, dass sie hier nicht die Verantwortliche sei, aber das hat den Mann gar nicht interessiert“, sagt Angelika Leber. „Er hat ihr aufgetragen, mir auszurichten, dass die Blumen zu entfernen sind.“
Nun muss erwähnt werden, dass es bei dem Besuch des Beamten nicht nur um die Blumenkübel ging, sondern auch um zwei Stühle, die an diesem Tag vor dem Geschäft standen. „Bei heißem Wetter stellen wir manchmal einen oder zwei Stühle heraus, damit die Mitarbeiter in der Pause etwas frische Luft schnappen können und nicht den ganzen Tag im Salon verbringen müssen“, sagt Angelika Leber. „Und wenn die Stühle da stehen, werden sie gerade von älteren Binnenhafen-Spaziergängern auch gerne mal für eine Verschnaufpause genutzt. Trotzdem sehe ich bei den Stühlen sogar ein, dass sich der Beamte daran gestört hat. Der Weg ist nicht sehr breit. Aber die Blumentöpfe nehmen nur wenig Raum ein. Und ich sehe nicht ein, warum die hier weg sollen.“
Friseursalon existiert seit 14 Jahren
Seit 14 Jahren hat Angelika Leber ihren Salon an der Harburger Schloßstraße und genauso lange hat sie auch Blumen vor dem Geschäft stehen. Beschwerden gab es nie. Am etwa 300 Jahre alten Gebäude selbst darf sie nur dezent werben. „Die Pflanzen vor Frau Lebers Salon sind ein schöner Farbtupfer in der Schloßstraße“, sagt Melanie-Gitte Lansmann, Harburger Citymanagerin und Sprecherin des Binnenhafen-Unternehmerverbunds Channel Hamburg. „Es wäre schade, wenn sie verschwinden müssten.“
Lansmann verweist darauf, dass es an anderen Stellen in Harburg geradezu gefördert wird, dass Menschen in Eigeninitiative den öffentlichen Raum mit Pflanzen verschönern. „Wir hatten dafür im Business Improvement District Lüneburger Straße ein Programm und auch bei der Sanierung des Phoenix-Viertels spielte die Bepflanzung eine wichtige Rolle“, sagt sie.
Das Aufstellen von Blumenkübeln ist erlaubnispflichtig
Warum das Amt möchte, dass die Blumenkübel weichen, begründet Bezirkspressesprecher Dennis Imhäuser in einer E-Mail mit dem Hamburgischen Wegegesetz: „Die festgestellten Stühle und Blumenkübel schließen durch Ihre Aufstellung den Gebrauch der Fläche durch andere aus und sind daher erlaubnispflichtig“, schreibt der Sprecher. „Eine entsprechende Erlaubnis wurde in diesem Fall jedoch weder beantragt, noch durch das Bezirksamt ausgestellt.“
Angelika Leber findet diese Haltung übertrieben: „Ich habe ja keinen kommerziellen Nutzen von den Pflanzen, oder wenn da mal ein Stuhl steht“, sagt sie. „Warum sollte ich jetzt eine Sondernutzung beantragen und bezahlen? Alle Welt beklagt den Verlust von Artenvielfalt und das Bienensterben und ich soll meine Pflanzen entfernen?“
Erlaubnis wird in der Regel kostenlos ausgestellt
In einem irrt die Saloninhaberin: Im Gegensatz zur Sondernutzungsgenehmigung für eine Markise, der zwischen 53 und 464 Euro Gebühren kosten kann, wird die Genehmigung für einen Pflanzkübel oder eine Fassadenbegrünung in Hamburg in der Regel kostenlos ausgestellt. Auch die maximale Bearbeitungszeit ist kürzer: Blumenkübel dauern bis zu vier Wochen, eine Markise bis zu sechs. Der Blumenkübel-Antrag kann auch formlos gestellt werden, was bedeutet, dass Angelika Leber, wenn sie im Laden gewesen wäre, als der Beamte zum Verbieten hereinkam, gleich bei ihm den Antrag hätte stellen können, so der Mann ihr denn zu seiner Anordnung auch eine ordnungsgemäße Rechtsbehelfsbelehrung gegeben hätte.
Ein Rechtsanspruch auf Genehmigung ergibt sich aus dem Antrag allerdings nicht, auch wenn Angelika Leber nach 14 Jahren unbehelligten Blumenkübelaufstellens gute Chancen hätte, sich auf Gewohnheitsrecht zu berufen. Im Wegegesetz steht, dass Sondernutzungen die allgemeine Nutzung des Weges nicht beeinträchtigen dürfen. Derzeit sind die Blumen der Friseurin allerdings das am wenigsten störende Element auf der Straßennebenfläche. Nicht nur die Bauzäune beengen den Weg mehr, sondern auch eine direkt neben Lebers Kübel aus den Fugen wuchernde Goldrute, die der Bezirk noch entfernen muss.
Das Wegegesetz
Paragraf 19 des Hamburgischen Wegegesetzes ist rigoros: „Jede Benutzung der öffentlichen Wege, die ihren Gebrauch durch andere dauernd ausschließt oder in den Wegekörper eingreift oder über die Teilnahme am allgemeinen öffentlichen Verkehr... ...hinausgeht, ist Sondernutzung. Sie bedarf der Erlaubnis der Wegeaufsichtsbehörde“, steht dort Diese Erlaubnis kann erteilt werden, wenn Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs sowie der Allgemeingebrauch nicht beeinträchtigt werden und der Weg und seine Umgebung durch die Nutzung nicht übermäßig belastet.