Hamburg. Coronavirus beschert Häuslebauern historisch niedrige Zinsen. Förderdarlehen der KfW-Bank gibt es schon mit negativem Zins.

Der Zeitpunkt könnte nicht besser sein: Im Frühjahr, wenn Häuslebauer aktiv werden oder die Suche nach einer eigenen Immobilie intensiviert wird, zeichnet sich eine erfreuliche Entwicklung am Markt für Baufinanzierungen ab. Die ohnehin schon niedrigen Konditionen für die Finanzierung einer Immobilie sind noch einmal deutlich günstiger geworden.

Baufinanzierung mit historisch niedrigen Zinsen

Für ein Hypothekendarlehen mit einer Zinsbindung von zehn Jahren müssen derzeit nur 0,63 Prozent Zinsen bezahlt werden. Im Januar lag dieser Zinssatz noch bei rund 0,83 Prozent. Auch eine 15-jährige Zinsbindung gibt es für weniger als ein Prozent. „Wir haben ein neues historisches Tief beim Baugeld erreicht“, sagt Max Herbst von der FMH-Finanzberatung.

Ob die Zinsbindung nun zehn, 15 oder 20 Jahre beträgt: Wer sich 300.000 Euro von der Bank leiht, muss nicht mehr als 1000 Euro pro Monat an Zinsen und Tilgung bezahlen, wenn eine anfängliche Tilgung von drei Prozent pro Jahr gewählt wird. „Die Anbieter überschlagen sich mit günstigen Offerten“, sagt Herbst. „Wir verzeichnen für alle Zinsbindungsfristen historische Tiefstwerte bei den Konditionen.“ Auch für eine zwanzigjährige Zinsbindung müssen nur 1,16 Prozent Zinsen bezahlt werden. Vor drei Jahren war der Zinssatz noch fast doppelt so hoch.

Experte rät Häuslebauern zu längerer Zinsbindung

Das ist nicht nur den günstigen Refinanzierungsbedingungen der Banken geschuldet. Denn sie sind gerade im Frühjahr auch bereit, Abstriche an ihren Margen zu machen, um viele Kreditnehmer anzulocken, wie Herbst sagt. Wenn im Jahresverlauf die Bücher dann schon gut mit Krediten gefüllt sind, werden die Zinskonditionen wieder etwas ungünstiger für die Kunden.

Max Herbst, Baufinanzierungsexperte der FMH Finanzberatung
Max Herbst, Baufinanzierungsexperte der FMH Finanzberatung © FMH Finanzberatung | FMH Finanzberatung

Auch wenn Baugeld in den nächsten Wochen noch etwas günstiger werden kann, rät Herbst, die Finanzierung nicht aufzuschieben. Das lohne sich für Käufer einer Immobilie nicht. „Eine Zinssenkung von weiteren 0,05 Prozentpunkten drückt die monatliche Rate bei einem Darlehen über 400.000 Euro gerade einmal um knapp 17 Euro“, rechnet der Baufinanzierungsexperte vor. Er rät zu einer Zinsbindung von 15 oder 20 Jahren. „Je enger das finanzielle Korsett einer Finanzierung ist, desto länger sollte die Zinsbindung sein“, sagt Herbst.

Eigenkapital reduziert Zins für Baufinanzierung

Der genaue Zins für eine Immobilie ist davon abhängig, wie viel Eigenkapital eingebracht wird. Hamburger nehmen für ihre Immobilie im Schnitt einen Kredit von rund 370.000 Euro auf. Rund 20 Prozent Eigenkapital bringen sie in eine Finanzierung ein, ermittelte der Baugeldvermittler Dr. Klein. Je mehr Eigenkapital in eine Finanzierung eingebracht wird, desto niedriger ist der Zins (s. Grafik). Die besten Angebote liegen dann noch unter den Durchschnittswerten.

Wer bei einer zehnjährigen Zinsbindung und einem Objektpreis von 600.000 Euro die Hälfte Eigenkapital mitbringt, der muss nur noch 0,28 Prozent an Zinsen bezahlen. Die monatliche Belastung beträgt dann 818 Euro. Wer in diesem Beispielfall nur 100.000 Euro Eigenkapital hat, muss einen rund doppelt so hohen Zinssatz bezahlen. Der fällt mit 0,60 Prozent zwar immer noch günstig aus, aber angesichts des hohen Kreditbetrages von einer halben Million Euro steigt dann die monatliche Belastung auf rund 1500 Euro im Monat.

Coronavirus beschert historisch niedrige Zinsen

Ein Grund für die günstigen Konditionen ist die Ausbreitung des Corona­virus. „Die Unsicherheiten schlagen auf die Märkte durch, was sich auch beim Baugeld bemerkbar macht“, sagt Mirjam Mohr, Vorständin der Interhyp AG, Deutschlands größtem Vermittler pri­vater Baufinanzierungen. Verunsicherte Anleger haben in den vergangenen Tagen vermehrt Kapital aus den Aktienmärkten abgezogen und stattdessen unter anderem in deutsche Staatsanleihen investiert, die als sicherer Hafen gelten.

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Die hohe Nachfrage nach diesen Papieren hat die Rendite einer zehnjährigen Bundesanleihe inzwischen auf unter minus 0,60 Prozent sinken lassen. Im Gleichklang sinken dann auch die Renditen der Pfandbriefe. Und diese bestimmen maßgeblich die Entwicklung der Zinsen für die Baufinanzierung. Zehnjährige Pfandbriefe haben aktuell eine Rendite von minus 0,05 Prozent.

Immobilienfinanzierung: Zinsen sind nicht alles

Auch wenn die Zinsen günstig wie nie sind, die Unterschiede zwischen den Banken bei den Konditionen sind dennoch enorm. Experte Herbst rechnet vor: Wer eine Immobilie für 500.000 Euro kauft, ein Darlehen über 450.000 Euro aufnimmt, sowie 15 Jahren Zinsbindung und drei Prozent Tilgung pro Jahr vereinbart, dem bietet der günstigste Anbieter in der FMH-Datenbank derzeit einen Sollzins von 0,94 Prozent, die teuerste Bank verlangt 1,69 Prozent. Beim teuersten Anbieter zahlt der Kreditnehmer 281 Euro mehr im Monat im Vergleich zum günstigsten Anbieter. Das summiert sich über 15 Jahre zu einer Summe von rund 50.000 Euro.

Doch die Höhe der Zinsen ist nicht alles. Verbraucher sollten auch darauf achten, wie flexibel ein Baudarlehen ist. Dazu gehören Sondertilgungen, um nicht planbare Geldzuwendungen etwa aus Erbschaften zusätzlich in die Tilgung der Immobilie stecken zu können. Auch eine Veränderung der Tilgungsrate während der Laufzeit ist ratsam, falls man in finanzielle Probleme kommt.

KfW-Bank vergibt Förderdarlehen mit negativem Effektivzins

„Es ist wichtig, dass der Kredit auf die persön­lichen Erfordernisse ausgerichtet ist“, sagt Alexander Krolzik von der Verbraucherzentrale. „Die monatliche Belastung sollte zudem 40 Prozent des Nettoeinkommens eines Haushalts nicht übersteigen“, rät der Experte. Dabei müssen aber auch die Nebenkosten für die Immobilie mit einbezogen werden.

Wer aktuell einen Bau oder Kauf einer Immobilie plant, kann auch von günstigen Fördermitteln der KfW-Bank profitieren. „Diese Förderkredite weisen unter Berücksichtigung der hohen Tilgungszuschüsse zum Teil sogar negative Effektivzinsen aus“, sagt Mohr von Interhyp. Im KfW-Programm Energieeffizient Sanieren ist zwar der Zinssatz von 0,75 Prozent für eine Zinsbindung von zehn Jahren nicht besonders lukrativ, denn die Staatsbank kann sich günstiger refinanzieren als Geschäftsbanken.

Tilgungszuschüsse und Energieeffizienz führen zu negativen Zinsen

Aber es gibt Tilgungszuschüsse, die von der Energieeffizienz des Hauses nach der Modernisierung abhängen. Das führt sogar zu einem Negativzins von minus 2,43 Prozent, wie die KfW-Bank vorrechnet. Werden alle Auflagen zur Energieeffizienz erfüllt, müssen von den maximal 120.000 Euro Kreditsumme nur noch 84.000 Euro zurückgezahlt werden. „Der Tilgungszuschuss reduziert das Darlehen und verkürzt die Laufzeit“, sagt eine KfW-Sprecherin.

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Bei den normalen Baukrediten ist man aber von Negativzinsen noch weit entfernt. „Die Banken werden sich damit schwertun“, sagt Herbst. Eine Finanzierung zu null Prozent hält er aber in den nächsten Monaten für möglich. Das werde vor allem bei Volltilgerdarlehen über zehn Jahre möglich sein. Der gesamte Kreditbetrag muss dann innerhalb von zehn Jahren komplett zurückgezahlt werden.