Hamburg. Harald Vogelsang kann den Plan des Bundesfinanzministers nicht nachvollziehen. Sparkassen-Gewinn sackt um 40 Prozent ab.

An einen so niedrigen Jahresgewinn kann man sich selbst bei der Haspa nicht erinnern. Harald Vogelsang wirkt beim Abendblatt-Interview dennoch alles andere als resigniert, gibt sich kämpferisch. Der Haspa-Chef nennt die Gründe für den Gewinneinbruch, spricht über die Cum-Ex-Geschäfte der Konkurrenz und erläutert, wie der Stellenabbau bei der Sparkasse bis 2024 im Detail aussehen soll.

Welche Schulnote geben Sie dem Geschäftsverlauf der Haspa im vergangenen Jahr?

Harald Vogelsang Eine Drei minus

Der Gewinn ist 2019 um 40 Prozent auf 42 Millionen Euro eingebrochen. Vor einem Jahr hatten Sie im Abendblatt-Interview noch ein Ergebnis von rund 70 Millionen Euro erwartet. Was ist passiert?

Unser Kundengeschäft brummt. Aber die Negativzinsen der Europäischen Zentralbank haben uns weiter stark zugesetzt. Zudem haben wir kräftig in unsere IT, Filialen und digitale Angebote investiert. Darüber hinaus mussten wir für unsere Umstrukturierung Rückstellungen von mehr als 60 Millionen Euro bilden. Das alles wirkt sich negativ auf das Ergebnis aus. Aber wir denken nicht kurz-, sondern langfristig.

Wie geht es aus Ihrer Sicht 2020 für die Haspa geschäftlich weiter? Wie hoch wird das Ergebnis in diesem Jahr ausfallen?

Das Ergebnis wird auch in den kommenden zwei Jahren noch sehr unbefriedigend sein. Denn ich gehe nicht davon aus, dass die EZB ihre Niedrigzinspolitik ändern wird. Zudem bleiben unsere Investitionen auch in den kommenden Jahren hoch – gerade in die Filialen. Schließlich wollen wir 100 Standorte modernisieren, bei 60 haben wir unser Konzept einer Nachbarschaftsfiliale bereits umgesetzt, 30 werden in diesem Jahr noch folgen. Das kostet selbstverständlich Geld. Ab 2022 erwarten wir dann wieder bessere Ergebnisse.

Noch mal nachgefragt: Wie hoch wird das Ergebnis 2020 ausfallen?

Exakt kann ich das nicht voraussagen. Ich schätze zwischen 20 und 40 Millionen Euro. Eine Steigerung zu 2019 sehe ich jedenfalls nicht.

Ein Thema, das alle Bankkunden bewegt, sind Negativzinsen. Auch bei der Haspa gibt es sie. Wie viele Kunden sind davon betroffen und wird der Guthabenbetrag von derzeit 500.000 Euro, ab dem man sie zahlen muss, womöglich gesenkt?

Wir planen keine Senkung. Allerdings müssen wir genau beobachten, ob die EZB ihre Zinspolitik noch verschärft. Sollte das eines Tages der Fall sein, müssten wir gegebenenfalls reagieren. Nur mal zur Relation: Wir reden aktuell mit etwa 5000 unserer knapp 1,5 Millionen Kunden über Negativzinsen. Für den weit überwiegenden Teil federn wir folglich den Negativzins in Höhe von 0,5 Prozent ab, den wir an die EZB für jeden Euro Guthaben überweisen müssen.

Wie war die Kundenentwicklung 2019?

Wir haben glücklicherweise immer noch eine positive Kundenentwicklung. Per Saldo ist die Zahl unserer Kunden um 5000 gestiegen. Dabei hat sich unser Joker-Mehrwertkonto überdurchschnittlich gut entwickelt. Hier haben wir nun fast 700.000 Kunden – ein Plus von gut 16.000.

Die Zahl der Haspa-Filialen soll bis 2023/24 von jüngst 130 auf 100 sinken – immer wieder werden Schließungen kurzfristig bekannt. Gibt es keine Liste von den 30 Standorten?

So eine Liste haben wir nicht. Es handelt sich um einen permanenten Prozess, den wir immer wieder anpassen müssen. So schauen wir uns an, wie sich die einzelnen Stadtteile entwickeln und was baulich um die Filialen herum in den kommenden Jahren geschehen soll. Da gibt es immer wieder neue Blickwinkel und Entscheidungen. Auch die baulichen Gegebenheiten zwingen uns, zum Teil anders vorzugehen als zunächst gedacht.

Welche Filialen werden 2020 geschlossen?

Unsere Filiale im Einkaufszentrum Steilshoop und der Standort am Petzolddamm in Bramfeld. Darüber hinaus wird es weitere Schließungen geben, die wir aber wie eben beschrieben noch nicht endgültig benennen können – insgesamt gehe ich in diesem Jahr von einer Zahl zwischen acht und 15 aus.

Die Mitarbeiterzahl wird nach aktuellen Plänen bis zum Jahr 2024 um 800 bis 900 sinken. Welche Bereiche sind von der Rationalisierung besonders stark betroffen, und wie viele Arbeitsplätze haben Sie in vier Jahren noch?

Das zieht sich durch alle Bereiche, wobei die IT wegen der Umstellung auf das System der Sparkassengruppe überdurchschnittlich betroffen sein wird. Im Private Banking und der Unternehmens- und Immobilienfinanzierung wollen wir hingegen wachsen. Im Jahr 2024 wird die Haspa nach heutiger Planung noch rund 4000 Beschäftigte haben.

Hat der Stellenabbau schon begonnen – und ist bereits klar, welche Abteilungen in welchem Ausmaß betroffen sind?

Wir haben gerade 500 Führungskräfte darüber informiert, dass es jetzt losgeht. Es steht aber noch nicht fest, welche Stellen es genau sein werden. Um die Mitarbeiter, für die wir künftig keine Position mehr haben, an den Arbeitsmarkt zu vermitteln, werden wir alle unsere guten Kontakte in die Hamburger Wirtschaft nutzen. Aktuell haben wir Nachfragen für weit mehr als 100 Positionen.

Können Sie betriebsbedingte Kündigungen ausschließen?

Wir haben sie auch in der Vergangenheit nie ausgeschlossen, weil das wegen der schwer absehbaren Umfeldbedingungen unverantwortlich wäre. Aus heutiger Sicht werden wir Kündigungen aber nicht benötigen.

Sie haben jüngst die Zinsen für das Kinder-Mäusekonto von drei auf zwei Prozent gesenkt. Gab es darauf Reaktionen seitens der Kunden?

Nein. Ich denke, jeder weiß, dass zwei Prozent im aktuellen Zinsumfeld immer noch sehr gut sind.

Einer Ihrer Konkurrenten, die Warburg Bank, hat massive Probleme wegen illegaler Cum-Ex-Geschäfte. Wie stehen Sie dazu?

Wir haben alle Geschäfte, die auch nur entfernt danach aussahen, immer abgelehnt. Mehr möchte ich dazu nicht sagen.

Wird unter diesen kriminellen Machenschaften das Image der Branche leiden?

Das Image hat bereits vor der Diskussion hier in Hamburg unter dem bundesweiten Thema Cum-Ex mit vielen Beteiligten gelitten. Natürlich schadet jede negative Schlagzeile über Banken dem Ruf der gesamten Branche.

Werden Ihre Mitarbeiter von Kunden darauf angesprochen?

Davon haben wir bisher nichts gehört.

Hamburgs früherer Bürgermeister und heutiger Bundesfinanzminister, Olaf Scholz, will eine Transaktionssteuer auf Aktien. Bei jedem Kauf sollen 0,2 Prozent fällig werden. Besonders Kleinaktionäre wären von dieser Steuer betroffen. Was halten Sie davon?

Ich halte von diesem Plan gar nichts. Eine solche Steuer wäre außerordentlich misslich, weil sie die derzeit aufkeimende Aktienkultur deutlich beschädigen würde. Angesichts der Nullzinspolitik kommt man für die Altersvorsorge heute an Aktien aber nicht vorbei. Unverständlich finde ich auch, dass die ursprüngliche Absicht der Politik, rein spekulative Aktien-Massengeschäfte von Investmentbanken und Finanzinvestoren einzudämmen, durch das jetzt diskutierte Modell gerade nicht erreicht würde.

Im April rückt der 51-jährige Olaf Oesterhelweg in den Haspa-Vorstand – wird mit ihm ein Nachfolger für Sie aufgebaut?

Da gibt es keinen Zusammenhang. Außerdem habe ich vor, noch etliche Jahre weiterzumachen.