Berlin. Der Bestand an umweltschonenderen Diesel-Autos wächst. Für den ADAC steht damit fest: Fahrverbotsdebatte muss beendet werden.

  • In immer mehr Städten sind Fahrverbote für Diesel-Autos bereits an der Tagesordnung – weitere werden nachziehen
  • Doch sind Fahrverbote das richtige Mittel, um die Luft in deutschen Städten sauberer zu machen? Der ADAC bezweifelt das
  • Der ADAC warnt davor, „erhebliche Werte“ und die „Mobilität der Menschen“ zu gefährden

In Berlin, Hamburg, Stuttgart und Darmstadt sind sie bereits in Kraft, in sechs weiteren deutschen Städten sind sie beschlossen und in 15 Städten will die Deutsche Umwelthilfe (DUH) sie einklagen: Fahrverbote für Diesel-Fahrzeuge mit der Abgasnorm unter Euro 6. Doch damit muss Schluss sein, fordert der ADAC.

„Wenn wir mit Verboten über das Ziel hinwegschießen, zerstören wir nicht nur erhebliche Werte, sondern gefährden die Mobilität der Menschen. Die Diskussionen über Fahrverbote oder ein Ende des Verbrennungsmotors sollten wir begraben“, sagte ADAC-Technikpräsident Karsten Schulze unserer Redaktion.

Dieselfahrzeuge: Erstmals führen Euro-6-Autos den Bestand an

Für Schulze sind die Diskussionen angesichts der aktuellen Bestandszahlen ohnehin überholt. Wie das Kraftfahrt-Bundesamtes (KBA) auswertete, ist im vergangenen Jahr der Bestand von Pkw der Emissionsklasse Euro 6 um knapp 25 Prozent auf rund 15,4 Millionen Autos gestiegen.

Damit stellen Fahrzeuge mit Euro-6-Norm erstmals den größten Marktanteil – auch weil 2,4 Millionen weniger Autos mit mit Euro-5-Plakette oder niedriger als 2018 unterwegs waren. Besitzer von Euro-5-Diesel-Pkw können Hardware-Nachrüstungen vornehmen, um Fahrverbote zu umgehen.

ADAC-Technikpräsident: „Maß und Mitte sind gefragt“

Laut ADAC-Technikpräsident Schulze würden Dieselmotoren der emissionsfreien Euro-6d-temp-Norm „kaum Stickoxide ausstoßen“. Auch die Debatte um ein Ende der Verbrennungsmotoren hält Schulze für unangebracht, denn Verbrenner würden „gute Möglichkeiten für emissionsarme Mobilität – etwa mittels synthetischer Kraftstoffe“ bieten.

Fest steht für den ADAC-Technikpräsidenten allerdings auch, dass man nach wie vor die „Luftreinhaltung und die Gesundheit der Menschen ernstnehmen muss.“ Gefragt seien dabei „aber auch Maß und Mitte.“

Dass sich die Zahl der Fahrzeuge mit der Abgasnorm 6 erhöhe, sei eine „positive Entwicklung mit Blick auf die Einhaltung der Stickoxidgrenzwerte in den Städten und eine gute Nachricht“, sagte Schulze. Die Anstrengungen, Fahrzeuge emissionsarm weiterzuentwickeln, würden sich auszahlen.

Ab wann drohen Diesel-Fahrverbote?

Pkw-Fahrverbote - zumeist für ältere Dieselfahrzeuge - drohen, wenn an den Messstellen der Jahresmittelwert für Stickstoffdioxid (NO2) von 40 Mikrogramm pro Kubikmeter überschritten wird. Die Bezirksregierungen stellen Luftreinhaltepläne auf, um die Einhaltung der Höchstgrenzen zu erreichen.

Im Februar hatte das Bundesverwaltungsgericht klargestellt, dass solche Verbote bei einer absehbaren Einhaltung der Stickoxid-Grenzwerte unverhältnismäßig sein können. Dies gelte dann, wenn nach einer Prognose auf hinreichend sicherer Grundlage der Grenzwert in Kürze eingehalten werde, entschied das höchste deutsche Verwaltungsgericht in Leipzig am Donnerstag. (Az. BVerwG 7 C 3-19)

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