Hamburg. Positive Bilanz für 2019. Zukünftig drohen jedoch Unwägbarkeiten, auf die der Hafenkonzern wenig oder gar keinen Einfluss hat.

Die vorläufige Bilanz der Hamburger Hafen und Logistik AG (HHLA) für 2019 enthält viele Zahlen, an denen sich Unternehmenschefin Angela Titzrath erfreuen kann. Der größte Terminalbetreiber im Hamburger Hafen hat dank eines steigenden Containerumschlages seinen Umsatz und sein operatives Ergebnis im vergangenen Geschäftsjahr deutlich gesteigert. Der Umsatz wuchs um 6,8 Prozent auf 1,38 Milliarden Euro. Das operative Ergebnis (Ebit) legte um 8,8 Prozent auf 222 Millionen Euro zu. „Wir haben unsere Jahresziele erreicht“, teilte das Unternehmen stolz mit.

Der Containerumschlag stieg um 3,3 Prozent auf 7,6 Millionen Standardcontainer. Zu dieser Steigerung trug die komplette Integration des 2018 erworbenen Terminals in Tallinn (Estland) bei. Aber auch das Umschlagsvolumen in Hamburg verbesserte sich leicht. 2019 war für Titzrath ein Erfolgsjahr. Doch es gibt Zweifel daran, dass das laufende Jahr ähnlich erfolgreich verläuft für das Unternehmen, das mehrheitlich im Besitz der Stadt ist.

HHLA verliert bis zu 250.000 Container an Eurogate

2020 drohen Unwägbarkeiten, auf die die HHLA-Chefin wenig oder gar keinen Einfluss hat: Da ist zum einen das Coronavirus, in dessen Folge der Export aus China stark zurückgegangen ist. Die Volksrepublik ist aber der mit Abstand wichtigste Handelspartner des Hafens. Offizielle Zahlen gibt es noch nicht. Aber interne Schätzungen gehen von einem Minus von bis zu 100.000 Standardcontainern für Hamburg aus.

Das trifft die HHLA nicht allein, sondern auch andere Terminalbetreiber. Was die HHLA aber alleine schmerzt, ist der Umstand, dass sie einen wichtigen Liniendienst an die Konkurrenz verliert, den French-Asia-Line 1 (FAL1) von CMA CGM. Der FAL1 ist so etwa wie das Flaggschiff der französischen Reederei auf der Asien-Europa-Route und bringt im Jahr bis zu 250.000 Boxen nach Hamburg.

Diese werden künftig nicht mehr bei der HHLA am Burchardkai umgeschlagen, sondern beim Konkurrenten im Hafenbecken gegenüber, dem Eurogate Containerterminal Hamburg. Noch vor der Jahreshälfte soll der Wechsel stattfinden.

Eurogate steckt in wirtschaftlicher Zwickmühle

„Es ist richtig, dass der FAL1 künftig bei uns abgefertigt wird“, bestätigte ein Eurogate-Sprecher dem Abendblatt auf Anfrage. Die HHLA will dazu nichts sagen. „Wir werden uns zum laufenden Geschäftsjahr erst Ende März äußern“, hieß es aus dem Unternehmen.

Für das Mengenaufkommen im gesamten Hafen ist der Wechsel des CMA CGM-Dienstes unerheblich, die HHLA trifft er aber hart. Was dazu geführt haben mag, wird nicht öffentlich gesagt, man kann es sich aber ausmalen: Eurogate dürfte den Franzosen einen Preisnachlass gewährt haben. Denn Eurogate, das außer in Hamburg in zehn weiteren Häfen Terminals betreibt, steckt in einer wirtschaftlichen Zwickmühle.

Wissenswertes zum Hamburger Hafen:

  • Der Hamburger Hafen ist der größte Seehafen Deutschlands und der drittgrößte Europas
  • Der Hamburger Hafen wird von der Hamburg Port Authority (HPA) verwaltet
  • Im Hamburger Hafen werden 13 Hafenbecken und Kaianlagen für den Warenumschlag oder spezifische Zwecke genutzt
  • Der Hamburger Hafen hat rund 320 Liegeplätze für Seeschiffe an 43 Kilometer Kaimauer

Zwar bringt CMA CGM jetzt einen Dienst, zieht aber einen anderen, den FAL3, ab. Und auch die Reederei Maersk hat angekündigt, einen Dienst von der Elbe abzuziehen.

Konkurrenzkampf zwischen Häfen ist härter

Was HHLA wie Eurogate gleichermaßen trifft, ist der zunehmend härtere Wettbewerb mit den anderen europäischen Terminalbetreibern. Dieser wird zum einen durch Überkapazitäten angefacht, die in den vergangenen Jahren bei Hafenerweiterungen europaweit entstanden sind. Vor allem aber üben die Reedereien, die sich zu Allianzen zusammengeschlossen haben, einen großen Druck auf die Terminals aus.

Bereits vor mehr als einem Jahr hatte eine Studie des Internationalen Transport Forums (ITF) und der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) vor einem „des­truktiven Wettbewerb“ gewarnt, den die strategischen Bündnisse der Reedereien in den Häfen und unter Terminalbetreibern auslösen.

Reederei-Allianzen spielen in Preisverhandlungen Macht aus

Der Weltmarkt im Containertransport auf See wird inzwischen von drei großen Allianzen beherrscht. Neben The Alliance, zu der Hapag-Lloyd und die japanischen Reedereien gehören, sind das 2M, der Zusammenschluss der weltgrößten Reedereien Maersk und MSC sowie die Ocean Alliance rund um CMA CGM und Cosco, die Nummern drei und vier der Welt.

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Geschmiedet wurden die Reederei-Allianzen in der Schifffahrtskrise, um angesichts niedriger Frachtraten die Transportkapazitäten besser auszulasten. Doch die OECD warnte kürzlich, die Bündnisse könnten „kartell-ähnliche Züge“ annehmen, wenn es zu Preisabsprachen komme.

Preiskampf unter Häfen, um Reedereien zu binden

„Früher hatten die Terminalbetreiber zehn bis 15 Reedereien, mit denen sie verhandeln konnten. Heute stehen ihnen drei mächtige Allianzen gegenüber, die hohen Druck auf die Häfen ausüben und diese gegeneinander ausspielen können“, sagt der Hamburger Logistik-Professor Jan Ninnemann. „In der Folge kommt es zu einem Preiskampf unter den Häfen.“ Damit hätten alle zu kämpfen, aber Hamburg treffe dieser Wettbewerb besonders, sagt Ninnemann. Zum einen habe Hamburg keine reservierten Terminals, die die Reedereien an sie binden. Zum zweiten sei der Hafen etwas teurer als die Konkurrenz, was den Wettbewerb erschwere.

Das bekam kürzlich auch schon die HHLA zu spüren. Sie verhandelte monatelang mit Hapag-Lloyd, um einen neuen Vertrag für den Umschlag abzuschließen. Hapag-Lloyd hatte damit gedroht, Ladung aus Hamburg abzuziehen, falls es zu keiner Einigung gekommen wäre. Und der Hamburger Eurogate-Chef Tom Eckelmann machte kürzlich auf einer Betriebsversammlung deutlich, dass das Unternehmen unter einem starken Wettbewerb der nordeuropäischen Häfen leide. Dieser drücke die Preise und den Umsatz bei gleichzeitig steigenden Kosten. Auf die Hamburger Hafenbetriebe kommen schwere Zeiten zu.